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Passivierung erhaltener Zahlungen bei einer Immobilienentwicklungsgesellschaft

Erhält eine Immobilienentwicklungsgesellschaft für ihre Tätigkeit ein pauschales Tätigkeitshonorar, das sich an der Höhe der Gesamtinvestition orientiert und das in monatlichen Raten ausgezahlt wird, dürfen die monatlichen Zahlungen nur insoweit durch einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten gewinnneutral erfasst werden, als die Zahlungen Ertrag für eine bestimmte Zeit nach dem Bilanzstichtag darstellen. Dies setzt voraus, dass die Zuordnung der Zahlungen zu einer bestimmten Zeit auf allgemein-gültigen Maßstäben beruht; eine bloße Schätzung der zeitlichen Komponente durch die Immobilienentwicklungsgesellschaft genügt nicht.

Hintergrund: Ein bilanzierender Kaufmann muss Einnahmen, die ihm vor dem Bilanzstichtag zufließen, und die aber Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen, passivisch abgrenzen und einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten bilden. Dieser Posten wird dann im nächsten Wirtschaftsjahr, dem der Ertrag zuzuordnen ist, gewinnerhöhend aufgelöst. Ein typisches Beispiel hierfür ist eine Mieteinnahme, die dem Kaufmann, der einen Teil seiner Geschäftsräume vermietet, im Dezember für den Januar des Folgejahres zufließt.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine Immobilienentwicklungsgesellschaft, die zu einem Konzern gehörte und für andere Konzerngesellschaften Bauprojekte entwickelte. Hierfür erhielt sie Tätigkeitshonorar in Höhe von 6 % der Gesamtinvestitionskosten, das in monatlichen Raten auf der Grundlage der voraussichtlichen Bauzeit ausgezahlt wurde. Je nach Projekt erhielt die Klägerin zwischen 12 und 30 Raten. Die Klägerin unterteilte ihre Entwicklungsleistung in fünf Phasen und ordnete diesen Phasen jeweils einen Zeitraum und einen Anteil am Gesamthonorar zu (z.B. 15 % für die Projektinitiierung, 35 % für die Vorbereitungsphase). Dem sich danach ergebenden Anteil und Zeitraum für die jeweilige Phase stellte sie die monatlichen Raten gegenüber; soweit die gezahlten Raten höher waren, bildete die Klägerin zum 31.12.2008 einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten, der zum 31.12.2008 ca. 5 Mio. € betrug und den Gewinn für 2008 nicht erhöhte. Das Finanzamt erkannte den Rechnungsabgrenzungsposten ebenso wenig an wie eine hilfsweise passivierte erhaltene Anzahlung. Allerdings berücksichtigte das Finanzamt eine Rückstellung aufgrund eines sog. Erfüllungsrückstands in Höhe von 2,5 Mio. €.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab, die auf eine gewinnneutrale Passivierung von insgesamt 5 Mio. € gerichtet war:

  • Die Klägerin durfte einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten nicht bilden. Denn dieser setzt voraus, dass die monatlich geleisteten Zahlungen ein Entgelt für eine „bestimmte Zeit“ darstellten. Ob sich die Leistung des Unternehmers, und damit auch das Entgelt des Vertragspartners auf eine bestimmte Zeit nach dem Bilanzstichtag bezieht, richtet sich nach allgemein-gültigen Maßstäben, die objektiv kontrollierbar sind. Schätzungen des Unternehmers genügen hingegen nicht.
  • Tatsächlich hat die Klägerin die „bestimmte Zeit“ nur geschätzt, indem sie ihre Gesamtleistungen in fünf Phasen aufgeteilt, die Dauer der einzelnen Phasen geschätzt und das Entgelt auf die einzelnen Phasen im Schätzungswege aufgeteilt hat. Die Schätzungen waren jedoch nicht kontrollierbar und stimmten auch nicht, weil die geschätzten Laufzeiten im Nachhinein tatsächlich länger waren.
  • Eine Passivierung als erhaltene Anzahlung war ebenfalls nicht möglich, weil dies nur bei zeitpunktbezogenen Leistungen des Unternehmers (z.B. einem Warenverkauf) möglich ist, nicht aber bei einer zeitraumbezogenen Leistung wie im Streitfall, die sich auf eine Bauphase bezieht. Hier war nur ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten zulässig, der im Streitfall aber an dem Kriterium der bestimmten Zeit scheiterte.
  • Eine Rückstellung wegen Erfüllungsrückstands auf der Passivseite ist zwar zulässig, soweit sich der Unternehmer mit seiner Leistung im Rückstand befindet. Hierzu hätte die Klägerin aber konkret vortragen müssen, inwieweit ihr Vertragspartner bereits in Vorleistung getreten ist und sie sich mit ihren Leistungen im Rückstand befand. Ein derartiger konkreter Vortrag ist seitens der Klägerin nicht erfolgt.

Hinweise: Es blieb aber bei der vom Finanzamt anerkannten Rückstellung in Höhe von 2,5 Mio. €, weil der BFH nicht verbösern durfte.

Das Urteil ist wichtig für Unternehmer, die zeitraumbezogene Leistungen z.B. im Bereich der Beratung oder Betreuung erbringen. Die vor Abschluss der Leistung erhaltenen Zahlungen können nur dann passivisch abgegrenzt werden, wenn sich ein bestimmter Zeitraum nach dem Bilanzstichtag objektiv bestimmen lässt. Ist dies nicht möglich, ist im Ergebnis nur eine Rückstellung wegen Erfüllungsrückstands zulässig, für die jedoch konkrete Aufzeichnungen zu führen sind und aus denen sich ergibt, inwieweit die bis zum Bilanzstichtag erhaltenen Zahlungen höher sind als die vom Unternehmer bis zum Bilanzstichtag erbrachten Leistungen.

Bei Einnahmen bis zur Höhe von 800 € hat der Unternehmer ein Wahlrecht, einen Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden.

Quelle: BFH, Urteil vom 26.7.2023 – IV R 22/20; NWB

Betriebsausgabenabzug bei Zahlungen an ausländische Briefkastengesellschaft

Der Betriebsausgabenabzug eines Unternehmers für Zahlungen an eine ausländische Briefkastengesellschaft kann nicht aufgrund eines erfolglosen Benennungsverlangens beschränkt werden, wenn die ausländische Briefkastengesellschaft dem Unternehmer Bauleistungen in Rechnung gestellt hat und der Unternehmer hierfür Bauabzugsteuer angemeldet und abgeführt hat. Es kommt dann nämlich zu einer gesetzlichen Sperrwirkung der Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs, und zwar auch dann, wenn die ausländische Briefkastengesellschaft die Bauleistungen nicht erbracht haben sollte.

Hintergrund: Werden an einen Unternehmer Bauleistungen erbracht, muss dieser grundsätzlich eine Bauabzugsteuer von 15 % einbehalten und an das Finanzamt abführen, es sei denn, der leistende Bauunternehmer verfügt über eine Freistellungsbescheinigung, die ihm auf Antrag erteilt wird, nachdem das Finanzamt geprüft hat, ob der Bauunternehmer voraussichtlich seine steuerlichen Pflichten erfüllen wird.

Auf Verlangen des Finanzamts muss der Unternehmer nachweisen, wer der Empfänger der von ihm geltend gemachten Zahlungen ist, sog. Benennungsverlangen. Anderenfalls kann das Finanzamt den Betriebsausgabenabzug versagen oder zumindest beschränken. Dies gilt nach dem Gesetzeswortlaut aber nicht, wenn der Unternehmer Bauleistungen empfangen hat und hierfür die Bauabzugsteuer einbehalten und abgeführt hat.

Streitfall: Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG, die im Baubereich tätig war. Sie erhielt Rechnungen von britischen Subunternehmen und leistete im Streitjahr 2002 Zahlungen an diese in Höhe von ca. 950.000 €. Bei allen britischen Subunternehmen handelte es sich um wirtschaftlich nicht aktive Briefkastengesellschaften. Die Klägerin behielt von den Zahlungen die Bauabzugsteuer von 15 % ein und führte diese an das Finanzamt ab. Das Finanzamt richtete an die Klägerin ein Benennungsverlangen und forderte sie auf, den tatsächlichen Empfänger der Zahlungen zu benennen. Nachdem die Klägerin diesem Benennungsverlangen nicht nachgekommen war, kürzte das Finanzamt den Betriebsausgabenabzug in Höhe von 70 %, so dass nur 30 % von 950.000 € als Betriebsausgaben anerkannt wurden.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Die Kürzung des Betriebsausgabenabzugs aufgrund eines nicht erfüllten Benennungsverlangens ist nach dem Gesetz nicht möglich, wenn der Unternehmer Bauleistungen als Betriebsausgaben geltend macht und auf die Bauleistungen Bauabzugsteuer einbehalten und abgeführt hat.
  • Dies gilt auch dann, wenn es sich bei demjenigen, der die Bauleistungen in Rechnung gestellt hat, um eine ausländische Briefkastengesellschaft handelt, die wirtschaftlich nicht aktiv ist. Der Gesetzeswortlaut ist insoweit eindeutig.
  • Der Gesetzgeber hat bei der Einführung der Bauabzugsteuer gesehen, dass Bauleistungen von Scheinunternehmen oder Briefkastengesellschaften in Rechnung gestellt werden könnten, und auch insoweit die Einbehaltung und Abführung der Bauabzugsteuer angeordnet. Zugleich wollte der Gesetzgeber damit aber den Leistungsempfänger aus der Gefahr eines Benennungsverlangens herausnehmen.

Hinweise: Eine einschränkende Auslegung des Gesetzes zulasten der Klägerin hat der BFH abgelehnt, da der Gesetzeswortlaut Folge einer bewussten rechtspolitischen Entscheidung des Gesetzgebers ist. Gleichermaßen hat der BFH einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verneint. Empfänger von Bauleistungen werden nicht gleichheitswidrig bevorzugt, da sie die Bauabzugsteuer einbehalten und abführen müssen.

Auf zwei Fragen ist der BFH nicht eingegangen: Wenn die ausländischen Briefkastengesellschaften wirtschaftlich nicht aktiv waren, warum sind dann die Zahlungen an sie betrieblich veranlasst und damit Betriebsausgaben? Sind die in Rechnung gestellten Bauleistungen überhaupt – und zwar von einem anderen Unternehmer – erbracht worden?

Quelle: BFH, Urteil v. 9.6.2022 – IV R 4/20; NWB