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Einkünfteerzielungsabsicht bei Vermietung von großen Wohnungen

Wird eine Wohnung oder ein Haus mit einer Wohnfläche von mehr als 250 qm dauerhaft vermietet, muss die Einkünfteerzielungsabsicht geprüft werden, damit Werbungskosten steuerlich anerkannt werden können. Die Vermutung, dass bei einer dauerhaften Vermietung eine Einkünfteerzielungsabsicht besteht, gilt bei derart großen Wohnobjekten nicht, weil es keine ortsübliche Marktmiete gibt.

Hintergrund: Werden Immobilien zu Wohnzwecken dauerhaft vermietet, wird die Absicht der Einkünfteerzielung grundsätzlich vermutet. Eine sog. Totalüberschussprognose muss dann also nicht durchgeführt werden. Mit der Totalüberschussprognose wird ermittelt, ob sich nach 30 Jahren ein Überschuss aus der Vermietung erzielen lässt.

Sachverhalt: Die Kläger vermieteten in den Jahren 2011 bis 2014 drei Einfamilienhäuser mit Wohnflächen von 291 qm, 322 qm und 331 qm und deren Anschaffung mit Immobilienkrediten finanziert worden war. Die drei Häuser wurden an die drei volljährigen Kinder und deren Ehegatten vermietet. Die monatliche Kaltmiete betrug je nach Haus und Jahr zwischen 2.050 € und 3010 €. Die Kläger machten in ihren Einkommensteuererklärungen für 2011 bis 2014 die mit der Vermietung in Zusammenhang stehenden Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte die Werbungskosten nicht an.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache an das Finanzgericht zur weiteren Aufklärung zurück, damit es die Einkünfteerzielungsabsicht überprüft:

  • Die steuerliche Anerkennung von Verlusten setzt bei allen Einkunftsarten eine Einkünfteerzielungsabsicht voraus, also die Absicht, insgesamt einen Gewinn bzw. Überschuss zu erzielen.
  • Bei den Vermietungseinkünften wird die Einkünfteerzielungsabsicht zwar angenommen, wenn die Vermietung von Wohnflächen auf Dauer angelegt ist, also insbesondere nicht befristet erfolgt. Dies gilt jedoch nur für Wohnungen, die üblicherweise vermietet werden, weil sich der Gebrauchswert derartiger Wohnungen in der ortsüblichen Marktmiete widerspiegelt.
  • Die Vermutung einer Einkünfteerzielungsabsicht greift jedoch nicht, wenn die Marktmiete keine angemessene Gegenleistung ist, weil sie den besonderen Wohnwert offensichtlich nicht angemessen widerspiegelt. Dies ist bei aufwendig gestalteten oder ausgestatteten Wohnungen der Fall. Zu den aufwendig gestalteten oder ausgestatteten Wohnungen gehören auch Wohnobjekte mit einer Wohnfläche von mehr als 250 m². Der Mietspiegel ist für derart große Wohnungen nicht anwendbar bzw. nicht aussagekräftig. Im Streitfall galt z.B. der Mietspiegel der Stadt, in der sich die drei Einfamilienhäuser befanden, nicht für Wohnungen mit einer Wohnfläche von mehr als 160 qm.
  • Es muss daher eine Totalüberschussprognose für einen Zeitraum von 30 Jahren, der typischen Vermietungstätigkeit, durchgeführt werden. Dieser Zeitraum beginnt ab dem Erwerb.

Hinweise: Das FG hatte zwar bereits eine Totalüberschussprognose durchgeführt, jedoch den Beginn des Prognosezeitraums nicht zutreffend ermittelt, sondern zum Teil fehlerhaft einen späteren Beginn zu Grunde gelegt. Außerdem muss das FG bei der Prognose u.a. noch prüfen, ob die bereits in den Streitjahren erfolgten Mieterhöhungen sowie die späteren Zinsanpassungen am 1.12.2017 und 1.12.2019 objektiv vorhersehbar waren.

Die Ausführungen des BFH gelten auch bei der Vermietung sehr großer Wohnungen an fremde Dritte. Allerdings dürfte im Streitfall der Umstand, dass alle drei Häuser an die eigenen Kinder und deren Ehegatten vermietet wurden, die Aufmerksamkeit des Finanzamts erregt haben.

Bei „normal“ großen Wohnungen wird die Einkünfteerzielungsabsicht zwar im Fall dauerhafter Vermietung vermutet. Dies bedeutet aber nicht, dass Werbungskosten dann zwingend anzuerkennen sind. Denn liegt die vereinbarte Miete unter 66 % der ortsüblichen Miete, kann dies nach dem Gesetz zu einer teilweisen Nichtanerkennung von Werbungskosten führen. Diese Regelung war im Streitfall nicht zu prüfen, weil es um die subjektive Einkünfteerzielungsabsicht ging.

Quelle: BFH, Urteil vom 20.6.2023 – IX R 17/21; NWB

Doppelte Haushaltsführung bei Hausstand im elterlichen Haus

Eine doppelte Haushaltsführung kann auch dann bestehen, wenn der Arbeitnehmer im Haus seiner Eltern wohnt. Voraussetzung ist aber unter anderem, dass er sich an den Kosten der Lebensführung beteiligt; diese Beteiligung muss nicht durch laufende Zahlungen erfolgen, sondern kann auch in Gestalt von Einmalzahlungen erbracht werden.

Hintergrund: Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb seines Lebensmittelpunktes arbeitet und am Beschäftigungsort eine Zweitwohnung anmietet. Der Gesetzgeber verlangt, dass der Arbeitnehmer an seinem Lebensmittelpunkt eine Wohnung innehat und sich an den Kosten der Lebensführung finanziell beteiligt.

Sachverhalt: Der Kläger arbeitete im Streitjahr 2015 in B und hatte dort eine Zwei-Zimmer-Wohnung angemietet, von der aus er an jedem Werktag zur Arbeit fuhr. An den Wochenenden hielt er sich im Haus seiner Eltern in X auf; der Kläger hatte in X auch seinen privaten Lebensmittelpunkt.

Im Haus seiner Eltern bewohnte er im Obergeschoss eine Wohnung mit seinem Bruder B, während seine Eltern im Erdgeschoss wohnten. Miete musste der Kläger an seine Eltern nicht zahlen. Der Kläger besorgte jedoch für sich und seinen Bruder im Streitjahr Lebensmittel und Getränke im Wert von ca. 1.400 €. Außerdem überwies er im Dezember 2015 auf das Konto seines Vaters Beträge in Höhe von 1.200 € mit dem Verwendungszweck „Nebenkosten/Telekommunikation“ sowie in Höhe von 550 € mit dem Verwendungszweck „Anteil neue Fenster in 2015“. Der Kläger machte die Aufwendungen für die Zwei-Zimmer-Wohnung in B sowie für die wöchentlichen Familienheimfahrten als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung geltend, die das Finanzamt wegen fehlender finanzieller Beteiligung am Haushalt in X nicht anerkannte.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:

  • Der Kläger unterhielt einen eigenen Hausstand in X bei seinen Eltern, auch wenn er weder Eigentümer noch Mieter des Hauses war. Es genügte, dass er im Haus seiner Eltern eine Wohnung aus abgeleitetem Recht nutzen konnte, weil seine Eltern ihm und seinem Bruder die Wohnung im Obergeschoss überlassen hatten. Unbeachtlich ist, dass die Wohnung im Obergeschoss nicht baulich von der von den Eltern genutzten Wohnung im Erdgeschoss getrennt war.
  • In X befand sich auch der Lebensmittelpunkt des Klägers, da er dort in Vereinen aktiv war und sich an den Wochenenden sowie im Urlaub aufhielt.
  • Ferner hat sich der Kläger an den Kosten der Lebensführung in X beteiligt. Zu diesen Kosten gehören die Kosten für die am Lebensmittelpunkt genutzte Wohnung sowie die Kosten für die eigentliche Haushaltsführung wie z.B. Lebensmittel oder Telekommunikation. Nicht hierzu gehören Kosten für den Urlaub, für die Freizeit, für den Pkw oder für die Gesundheitsvorsorge.
  • Der Kläger hat sich an dem im Obergeschoss bestehenden Haushalt bereits dadurch beteiligt, dass er Lebensmittel und Getränke im Wert von ca. 1.400 € eingekauft hat. Auf die Kosten, die für den Haushalt der Eltern im Erdgeschoss entstanden sind, kommt es nicht an, weil das Erdgeschoss nicht zum Haushalt des Klägers gehörte.

Hinweise: Das Urteil ist positiv für Arbeitnehmer, weil es die Anforderungen an die Führung eines eigenen Hausstandes geringhält. So verlangt der BFH keine laufenden Zahlungen, sondern es genügen Einmalzahlungen. Ebenso wenig fordert der BFH einen Mindestbetrag oder eine Miete; allerdings dürfen die Zahlungen nicht erkennbar unzureichend sein. Als Vergleichsmaßstab für eine erkennbar unzureichende finanzielle Beteiligung dienen die tatsächlich entstandenen Haushalts- und Lebenshaltungskosten.

Auf die Zahlungen des Klägers für die „Nebenkosten/Telekommunikation“ sowie für die neuen Fenster kam es im Ergebnis nicht an, weil bereits die Zahlungen für die Lebensmittel und Getränke ausreichend waren, um eine Beteiligung an den Haushaltskosten anzunehmen.

Arbeitnehmer können einen eigenen Hausstand dadurch unterhalten, dass sie einen gemeinsamen Haupthausstand gemeinsam mit den Eltern oder mit einem Elternteil führen (sog. Mehrgenerationenhaushalt). Dies ist insbesondere bei älteren Arbeitnehmern der Fall, die wirtschaftlich bereits selbständig sind; hier kann man davon ausgehen, dass sie die Führung des elterlichen Haushalts maßgeblich mitbestimmen und daher einen eigenen Hausstand unterhalten. Im Streitfall bestand kein Mehrgenerationenhaushalt, weil es im Erd- und im Obergeschoss zwei getrennte Haushalt gab: einen der Eltern und einen der Brüder.

Quelle: BFH, Urteil v. 12.1.2023 – VI R 39/19; NWB