Die Umsatzsteuer auf eine Vermittlungsprovision, die in fünf Jahresraten gezahlt wird, entsteht grundsätzlich bereits mit der Vermittlung. Die Umsatzsteuer darf nicht zugunsten des Unternehmers berichtigt werden, da die Vereinbarung einer Ratenzahlung keine Uneinbringlichkeit darstellt, die eine Berichtigung ermöglichen würde.
Hintergrund: Grundsätzlich entsteht die Umsatzsteuer bereits mit der Erbringung der Leistung (sog. Soll-Besteuerung). Auf die Erstellung der Rechnung, die Fälligkeit oder die Bezahlung kommt es also im Regelfall nicht an.
Streitfall: Die Klägerin, die ihre Umsätze nach der sog. Soll-Besteuerung versteuerte, vermittelte im Jahr 2012 ein Grundstück. Die Vereinbarung sah hierfür eine Provision von 1 Mio. € netto zzgl. 190.000 € vor, die in fünf Jahresraten à 200.000 € zzgl. 38.000 € Umsatzsteuer in den Jahren 2013 bis 2017 zu zahlen war. Das Finanzamt stellte auf die Vermittlungsleistung im Jahr 2012 ab und verlangte von der Klägerin 190.000 € Umsatzsteuer für 2012. Die Klägerin war der Ansicht, dass die Umsatzsteuer erst ab 2013 jährlich in Höhe von 38.000 € (19 % auf 200.000 €) entstehe, also erst mit der jeweiligen Ratenzahlung.
Entscheidung: Der BFH hat dem Finanzamt grundsätzlich Recht gegeben, die Sache aber zurückverwiesen, weil die Klägerin Teilleistungen erbracht haben könnte:
- Die Umsatzsteuer entsteht nach den Grundsätzen der Soll-Besteuerung mit der Ausführung der Vermittlungsleistung im Jahr 2012. Auf die Bezahlung der Leistung und auf die Fälligkeit des Zahlungsbetrags kommt es nicht an.
- Eine Berichtigung der Umsatzsteuer zugunsten der Klägerin ist nicht möglich. Denn eine Berichtigung setzt voraus, dass entweder die Bemessungsgrundlage gemindert wird oder die Forderung uneinbringlich ist. Allein die Vereinbarung einer Ratenzahlung führt aber nicht zur Uneinbringlichkeit. Auch ist die Bemessungsgrundlage nicht gemindert worden.
- Die Klägerin hatte allerdings in der Vorinstanz vor dem Finanzgericht (FG) geltend gemacht, dass die Provision auch für die „Begleitung“ des gesamten Projekts gezahlt wurde. Sollte dies stimmen, könnte die Klägerin nicht nur eine einmalige Vermittlungsleistung erbracht haben, sondern Teilleistungen, so dass die Umsatzsteuer mit der Ausführung der einzelnen Teilleistung in Höhe des dafür vereinbarten Teilentgelts entstehen würde. Der BFH hat die Sache an das FG zur entsprechenden Sachverhaltsaufklärung zurückverwiesen.
Hinweise: Der BFH hatte den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen, der eine Entstehung der Umsatzsteuer im Zeitpunkt der Ausführung der Leistung bejaht und eine Berichtigung der Umsatzsteuer zugunsten der Klägerin verneint hat. Der BFH folgt mit seiner Entscheidung nun dem EuGH.
Diese Rechtsprechung führt dazu, dass der Unternehmer die Umsatzsteuer vorfinanzieren muss. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Unternehmer Teilleistungen erbringt oder wenn er die sog. Ist-Besteuerung anwenden kann (Zahlung der Umsatzsteuer erst nach Erhalt des Geldes). Die Ist-Besteuerung ist im Wesentlichen aber auf Freiberufler sowie auf Unternehmer mit einem Jahresumsatz von maximal 600.000 € beschränkt.
Bislang bejaht der BFH eine Berichtigung der Umsatzsteuer, soweit der Unternehmer aufgrund eines vereinbarten Sicherungseinbehalts wegen Gewährleistungsansprüchen sein Entgelt zunächst nicht vollständig erhält. In seinem aktuellen Urteil lässt der BFH aber ausdrücklich offen, ob er hieran noch festhält oder ob er künftig eine Berichtigung ablehnt. Im letztgenannten Fall müsste der Unternehmer dann die auf den Sicherungseinbehalt entfallende Umsatzsteuer ebenfalls vorfinanzieren.
BFH, Urteil vom 1.2.2022 – V R 37/21 (V R 16/19); NWB