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Vermietung möblierter Appartements in einem Boardinghouse

Die Vermietung möblierter Appartements in einem sog. Boardinghouse ist kein Gewerbebetrieb, wenn außer der Vermietung keine wesentlichen Sonderleistungen erbracht werden und wenn die Vermietung für durchschnittlich zwei Monate pro Mieter erfolgt. Der Vermieter erzielt dann Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und darf vom Finanzamt nicht zur Buchführung aufgefordert werden.

Hintergrund: Gewerbliche Einkünfte liegen nicht vor, solange der Bereich der privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten wird. Die Vermietung von Räumen oder ganzen Immobilien gehört grundsätzlich zur privaten Vermögensverwaltung; dies gilt jedoch nicht, wenn der Vermieter ähnlich wie ein Hotelier vermietet.

Steuerpflichtige, die gewerbliche oder land- und forstwirtschaftliche Einkünfte erzielen, aber handelsrechtlich nicht zur Buchführung verpflichtet sind, weil sie keine Kaufleute sind, können vom Finanzamt zur Buchführung verpflichtet werden, wenn ihr Gewinn höher als 60.000 € oder ihr Umsatz höher als 600.000 € ist.

Sachverhalt: Der Kläger errichtete ein sog. Boardinghouse mit Appartements in einer Größe zwischen 28 qm und 75 qm, die er möblierte. Der Kläger schloss mit der X-GmbH einen Betreiber- und Vermarktungsvertrag; die X-GmbH vermietete die Appartements im Namen des Klägers. Die Appartements konnten nicht ohne Voranmeldung gemietet werden, sondern es musste mehrere Tage vorab ein schriftlicher Mietvertrag geschlossen werden. Für jeden Aufenthalt wurden Kosten für eine Endreinigung in Höhe von 80 € in Rechnung gestellt. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer betrug zwei Monate. In dem Gebäude befand sich kein Speisesaal. Die Appartements wurden alle zwei Wochen gereinigt. Das Finanzamt ging von gewerblichen Einkünften des Klägers aus und forderte ihn auf, ab 2019 Bücher zu führen. Gegen diese Aufforderung wehrte sich der Kläger.

Entscheidung: Das Finanzgericht Köln (FG) verneinte eine gewerbliche Tätigkeit des Klägers und gab der Klage statt:

  • Die Vermietung von Wohnungen führt nur dann zu gewerblichen Einkünften, wenn der Vermieter bestimmte, nicht übliche Sonderleistungen erbringt oder wenn wegen des häufigen Mietwechsels eine unternehmerische Organisation erforderlich ist, die einem Hotel vergleichbar ist.
  • Allein die Zwischenschaltung der X-GmbH führte nicht zwangsläufig zu einer gewerblichen Tätigkeit des Klägers. Vielmehr kommt es darauf an, ob der Vermieter im Hinblick auf die Art des vermieteten Objekts und auf die Art der Vermietung mit einem Hotelbetrieb vergleichbar ist.
  • Diese Vergleichbarkeit war im Streitfall nicht gegeben. Zwar waren die Appartements wie Hotelzimmer eingerichtet, aber sie konnten nicht spontan angemietet werden, sondern es musste vorab ein schriftlicher Mietvertrag geschlossen werden. Die Kosten für die Endreinigung in Höhe von 80 € verteuerten kurze Aufenthalte von ein oder zwei Tagen erheblich. In dem Gebäude befand sich weder ein Restaurant noch ein Sportstudio, wie dies bei einem Hotel üblich wäre. Zwar stellte der Kläger einen WLAN-Zugang zur Verfügung und bot die Reinigung sowie Bettwäsche an; dies waren aber unschädliche Zusatzleistungen.
  • Der Kläger erzielte somit keine gewerblichen Einkünfte und durfte daher nicht zur Buchführung aufgefordert werden.

Hinweise: Bei der Vermarktung der Appartements durch die X-GmbH wurden durchaus verschiedene Sonderleistungen des Boarding-Hauses beworben, die für einen Hotelbetrieb sprachen und damit zu gewerblichen Einkünften hätten führen können; so wurde mit einer Espressobar, Leihfahrrädern, einem Concierge-Service und einer Notfall-Hotline geworben. Das FG vernahm hierzu Zeugen und stellte fest, dass die Leistungen tatsächlich nicht angeboten wurden. Statt einer Telefon-Hotline gab es z.B. lediglich einen Anrufbeantworter. Wären diese Leistungen tatsächlich angeboten worden, wäre das FG vermutlich von gewerblichen Einkünften ausgegangen.

Quelle: FG Köln, Urteil vom 22.6.2023 – 11 K 315/19; NWB

Einkünfteerzielungsabsicht bei Vermietung von großen Wohnungen

Wird eine Wohnung oder ein Haus mit einer Wohnfläche von mehr als 250 qm dauerhaft vermietet, muss die Einkünfteerzielungsabsicht geprüft werden, damit Werbungskosten steuerlich anerkannt werden können. Die Vermutung, dass bei einer dauerhaften Vermietung eine Einkünfteerzielungsabsicht besteht, gilt bei derart großen Wohnobjekten nicht, weil es keine ortsübliche Marktmiete gibt.

Hintergrund: Werden Immobilien zu Wohnzwecken dauerhaft vermietet, wird die Absicht der Einkünfteerzielung grundsätzlich vermutet. Eine sog. Totalüberschussprognose muss dann also nicht durchgeführt werden. Mit der Totalüberschussprognose wird ermittelt, ob sich nach 30 Jahren ein Überschuss aus der Vermietung erzielen lässt.

Sachverhalt: Die Kläger vermieteten in den Jahren 2011 bis 2014 drei Einfamilienhäuser mit Wohnflächen von 291 qm, 322 qm und 331 qm und deren Anschaffung mit Immobilienkrediten finanziert worden war. Die drei Häuser wurden an die drei volljährigen Kinder und deren Ehegatten vermietet. Die monatliche Kaltmiete betrug je nach Haus und Jahr zwischen 2.050 € und 3010 €. Die Kläger machten in ihren Einkommensteuererklärungen für 2011 bis 2014 die mit der Vermietung in Zusammenhang stehenden Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte die Werbungskosten nicht an.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache an das Finanzgericht zur weiteren Aufklärung zurück, damit es die Einkünfteerzielungsabsicht überprüft:

  • Die steuerliche Anerkennung von Verlusten setzt bei allen Einkunftsarten eine Einkünfteerzielungsabsicht voraus, also die Absicht, insgesamt einen Gewinn bzw. Überschuss zu erzielen.
  • Bei den Vermietungseinkünften wird die Einkünfteerzielungsabsicht zwar angenommen, wenn die Vermietung von Wohnflächen auf Dauer angelegt ist, also insbesondere nicht befristet erfolgt. Dies gilt jedoch nur für Wohnungen, die üblicherweise vermietet werden, weil sich der Gebrauchswert derartiger Wohnungen in der ortsüblichen Marktmiete widerspiegelt.
  • Die Vermutung einer Einkünfteerzielungsabsicht greift jedoch nicht, wenn die Marktmiete keine angemessene Gegenleistung ist, weil sie den besonderen Wohnwert offensichtlich nicht angemessen widerspiegelt. Dies ist bei aufwendig gestalteten oder ausgestatteten Wohnungen der Fall. Zu den aufwendig gestalteten oder ausgestatteten Wohnungen gehören auch Wohnobjekte mit einer Wohnfläche von mehr als 250 m². Der Mietspiegel ist für derart große Wohnungen nicht anwendbar bzw. nicht aussagekräftig. Im Streitfall galt z.B. der Mietspiegel der Stadt, in der sich die drei Einfamilienhäuser befanden, nicht für Wohnungen mit einer Wohnfläche von mehr als 160 qm.
  • Es muss daher eine Totalüberschussprognose für einen Zeitraum von 30 Jahren, der typischen Vermietungstätigkeit, durchgeführt werden. Dieser Zeitraum beginnt ab dem Erwerb.

Hinweise: Das FG hatte zwar bereits eine Totalüberschussprognose durchgeführt, jedoch den Beginn des Prognosezeitraums nicht zutreffend ermittelt, sondern zum Teil fehlerhaft einen späteren Beginn zu Grunde gelegt. Außerdem muss das FG bei der Prognose u.a. noch prüfen, ob die bereits in den Streitjahren erfolgten Mieterhöhungen sowie die späteren Zinsanpassungen am 1.12.2017 und 1.12.2019 objektiv vorhersehbar waren.

Die Ausführungen des BFH gelten auch bei der Vermietung sehr großer Wohnungen an fremde Dritte. Allerdings dürfte im Streitfall der Umstand, dass alle drei Häuser an die eigenen Kinder und deren Ehegatten vermietet wurden, die Aufmerksamkeit des Finanzamts erregt haben.

Bei „normal“ großen Wohnungen wird die Einkünfteerzielungsabsicht zwar im Fall dauerhafter Vermietung vermutet. Dies bedeutet aber nicht, dass Werbungskosten dann zwingend anzuerkennen sind. Denn liegt die vereinbarte Miete unter 66 % der ortsüblichen Miete, kann dies nach dem Gesetz zu einer teilweisen Nichtanerkennung von Werbungskosten führen. Diese Regelung war im Streitfall nicht zu prüfen, weil es um die subjektive Einkünfteerzielungsabsicht ging.

Quelle: BFH, Urteil vom 20.6.2023 – IX R 17/21; NWB

Umsatzsteuersatz bei Vermietung von Wohncontainern

Die kurzfristige Vermietung beweglicher Wohncontainer an Arbeitnehmer wird mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % besteuert. Der ermäßigte Umsatzsteuersatz setzt nämlich nicht voraus, dass ein Grundstück zur Nutzung überlassen wird.

Hintergrund: Nach dem Gesetz wird die Umsatzsteuer auf 7 % ermäßigt, wenn Wohn- und Schlafräume zur kurzfristigen Beherbergung an Fremde vermietet werden. Die langfristige Vermietung von Grundstücken ist hingegen umsatzsteuerfrei.

Sachverhalt: Der Kläger war Landwirt. Er beschäftigte in der Spargelsaison ca. 100 Erntehelfer. Er vermietete den Erntehelfern für maximal drei Monate Räume in Wohncontainern, die nicht in das Erdreich eingelassen waren, sondern auf Steinsockeln standen. Er versteuerte die Mietumsätze mit einer Umsatzsteuer von 7 %. Das Finanzamt versagte den ermäßigten Umsatzsteuersatz mit der Begründung, der Kläger habe keine Grundstücke vermietet.

Entscheidung: Der BFH gewährte den ermäßigten Umsatzsteuersatz und gab der Klage statt:

  • Die gesetzliche Regelung zum ermäßigten Umsatzsteuersatz verlangt lediglich, dass Wohn- und Schlafräume zur kurzfristigen Beherbergung an Fremde vermietet werden.
  • Diese Voraussetzungen waren erfüllt. Bei den Arbeitnehmern handelte es sich um Fremde. Und die vermieteten Container stellten Wohn- und Schlafräume dar, die kurzfristig für drei Monate vermietet wurden.
  • Es ist nicht erforderlich, dass es sich bei den Wohn- und Schlafräumen um Grundstücke handelt. Zwar setzt die Umsatzsteuerfreiheit bei der langfristigen Vermietung die Überlassung von Grundstücken voraus; dies gilt nach dem Gesetzeswortlaut aber nicht beim ermäßigten Umsatzsteuersatz für die kurzfristige Vermietung.

Hinweise: Dem BFH zufolge läge ein Verstoß gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität vor, wenn die Übernachtung in einem Hotel dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterläge, nicht aber die Übernachtung in einem Wohncontainer. Denn aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers befriedigen beide Übernachtungsarten den Bedarf an kurzfristiger Unterbringung und sind daher umsatzsteuerlich gleichwertig. von Grundstücken voraus; dies gilt nach dem Gesetzeswortlaut aber nicht beim ermäßigten Umsatzsteuersatz für die kurzfristige Vermietung.

Quelle: BFH, Urteil v. 29.11.2022 – XI R 13/20; NWB

Quotennießbrauch an einem Gesellschaftsanteil einer Vermietungs-Personengesellschaft

Ein Quotennießbrauch, der an einem Anteil an einer Vermietungs-Personengesellschaft bestellt wird, führt nur dann zu einer anteiligen Zurechnung der Vermietungseinkünfte beim Quotennießbraucher, wenn er nach dem Nießbrauchsvertrag sicherstellen kann, dass der Gesellschafter die maßgeblichen Entscheidungen nicht allein bzw. nicht gegen den Willen des Quotennießbrauchers treffen kann.

Hintergrund: Durch einen Nießbrauch können die Erträge eines Gegenstands auf einen Dritten übertragen werden, der sie dann grundsätzlich versteuern muss. Bei einem Quotennießbrauch wird der Dritte nur anteilig an den Erträgen beteiligt.

Sachverhalt: Der Kläger war mit 1/6 an einer vermietenden Personengesellschaft, der ABC-GbR, beteiligt. Die ABC-GbR erzielte Vermietungseinkünfte. Am 27.9.2012 räumte der Kläger seinem volljährigen Sohn einen Quotennießbrauch im Umfang von 50 % an seiner Beteiligung an der ABC-GbR ein. Nach dem Nießbrauchsvertrag waren der Sohn und der Kläger verpflichtet, alle gesellschaftlichen Mitwirkungsrechte gemeinschaftlich auszuüben. Sofern sie keine Einigung erzielen würden, sollte bei laufenden Angelegenheiten eine Stimmenthaltung erfolgen; bei Entscheidungen, die die Grundlage der ABC-GbR oder den Kernbereich der Mitwirkungsrechte wie z.B. das Verbot der Änderung der Gewinnbeteiligung oder der Beschneidung des Auseinandersetzungsguthabens betreffen würden, sollte jedoch der Kläger als Gesellschafter bei Beschlüssen mitwirken. Das Finanzamt rechnete die auf den Anteil des Klägers entfallenden Vermietungseinkünfte allein dem Kläger zu und lehnte eine 50%ige Zurechnung beim Sohn ab.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab, so dass die Vermietungseinkünfte, soweit sie auf den Anteil entfielen (1/6), nur dem Kläger zugerechnet wurden, nicht aber zur Hälfte auf den Sohn und auf den Kläger:

  • Grundsätzlich werden Vermietungseinkünfte demjenigen zugerechnet, der vermietet. Bei einer vermietenden Personengesellschaft werden die Einkünfte anteilig den Gesellschaftern zugewiesen, da die Vermietung durch die Personengesellschaft den Gesellschaftern zugerechnet wird.
  • Bei einem – vollumfänglichen – Nießbrauch an einem Gesellschaftsanteil werden dem Nießbraucher die auf den Gesellschafter entfallenden Einkünfte zugerechnet, wenn die Stellung des Nießbrauchers der Stellung des Gesellschafters entspricht. Dies erfordert, dass der Nießbraucher auch die Stimmrechte ausüben kann.
  • Bei einem anteiligen Nießbrauch an einer Beteiligung, also dem Quotennießbrauch, behält der Gesellschafter einen Teil der Beteiligung. Die anteilige Zurechnung der Einkünfte auf den Quotenießbraucher erfordert, dass der Quotenießbraucher verhindern kann, dass der Gesellschafter die maßgeblichen Entscheidungen allein trifft.
  • Daher muss der Quotennießbraucher auch bei Entscheidungen mitwirken, die die Grundlagen der Gesellschaft oder den Kernbereich der Mitwirkungsrechte betreffen, z.B. bei einer Entscheidung über die Änderung der Gewinnbeteiligung oder des Auseinandersetzungsguthabens. Im Streitfall hatte der Sohn diese Möglichkeit nicht, weil allein der Kläger das Stimmrecht bei Grundlagenentscheidungen ausüben sollte, falls es zuvor nicht zu einer Einigung zwischen beiden gekommen sein sollte.

Hinweise: Es handelt sich um die erste Entscheidung des BFH zu der Frage, welche Voraussetzungen beim Quotennießbrauch an einem Anteil eines Gesellschafters an einer vermögensverwaltenden (d.h. vermietenden) Personengesellschaft erfüllt sein müssen. Im Ergebnis verlangt der BFH, dass der Quotennießbraucher nach den vertraglichen Regelungen in der Lage sein muss, den Gesellschafter bei den maßgeblichen Entscheidungen zu blockieren.

Erhält ein Steuerpflichtiger den Nießbrauch an einer Immobilie, ohne dass es also um einen Nießbrauch an einer Beteiligung an einer Immobiliengesellschaft geht, werden ihm die Vermietungseinkünfte nur dann zugerechnet, wenn er die nach der Bestellung des Nießbrauchs zustande gekommenen Mietverträge im eigenen Namen abschließt. Dies gilt vergleichbar für den Quotennießbraucher einer Immobilie: Er muss die nach der Bestellung des Nießbrauchs zustande gekommenen Mietverträge zusammen mit dem Eigentümer abschließen.

Quelle: BFH, Beschluss v. 15.11.2022 – IX R 4/20; NWB

Keine erweiterte Gewerbesteuerkürzung bei Vermietung von Gewerberäumen an Genossenschaftsmitglied

Die erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer wird einer Vermietungsgenossenschaft nicht gewährt, wenn sie Gewerberäume an ein Genossenschaftsmitglied vermietet. Dies gilt auch dann, wenn das Mitglied nur geringfügig mit 0,016 % an der Genossenschaft beteiligt ist und wenn der Gewinn des Mitglieds aus seinem Gewerbebetrieb unter dem Gewerbesteuerfreibetrag liegt.

Hintergrund: Unternehmen, die wie z.B. eine GmbH oder eine typische GmbH & Co. KG bereits aufgrund ihrer Rechtsform oder ihrer gewerblichen Prägung gewerbesteuerpflichtig sind, tatsächlich aber ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, können eine sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung beantragen, so dass der Ertrag aus der Grundstücksverwaltung und -nutzung nicht der Gewerbesteuer unterliegt. Nach dem Gesetz darf der Grundbesitz aber weder vollständig noch teilweise dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossenschaftsmitglieds dienen.

Streitfall: Die Klägerin war eine Genossenschaft, die aufgrund ihrer Rechtsform als Genossenschaft gewerbesteuerpflichtig war. Sie vermietete bis 2013 ausschließlich Wohnungen und Gewerberäume. Unter anderem hatte sie Gewerberäume an den Einzelhändler B vermietet. Der Gewinn des B lag unter dem gewerbesteuerlichen Freibetrag von 24.500 €. Im Jahr 2014 wurde B Mitglied bei der Klägerin mit einem Anteil von 1/6.000 (= 0,016 %), um auch eine Wohnung zu mieten. Der B war das einzige Genossenschaftsmitglied, das auch gewerblicher Mieter war. Das Finanzamt versagte ab 2014 die erweiterte Kürzung, weil der Grundbesitz teilweise dem Gewerbebetrieb eines Genossenschaftsmitglieds diente.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Die Klägerin erfüllte zwar grundsätzlich die Voraussetzungen der erweiterten Gewerbesteuerkürzung, da sie ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltete, indem sie Wohnungen und Gewerberäume vermietete.
  • Allerdings war die erweiterte Kürzung ausgeschlossen, weil sie den Grundbesitz teilweise an ein Genossenschaftsmitglied vermietete, der ihn für seinen Gewerbebetrieb nutzte. B war nämlich Genossenschaftsmitglied und hatte Gewerberäume für sein Einzelhandelsgeschäft gemietet.
  • Unbeachtlich ist, dass B nur mit einem sehr geringfügigen Anteil an der Klägerin beteiligt war, nämlich mit 0,166 %. Das Gesetz sieht keine Bagatellgrenze vor, um Abgrenzungsschwierigkeiten über den Begriff der Geringfügigkeit zu vermeiden.
  • Ebenso ist es irrelevant, dass die Klägerin auch nur einen äußerst geringen Anteil ihres Grundbesitzes an ein Genossenschaftsmitglied für dessen Gewerbebetrieb vermietet hat. Jede auch noch so geringe Nutzung des Grundbesitzes für den Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder eines Genossenschaftsmitglieds ist schädlich. Auch eine nur kurzfristige Vermietung für zwei Tage wäre schädlich.
  • Ferner ist die Vermietung der Gewerberäume an B auch nicht deshalb gewerbesteuerlich unschädlich, weil der Gewinn des B unter dem gewerbesteuerlichen Freibetrag von 24.500 € lag. Zum einen müsste man den Gewinn um die Gewerbemietaufwendungen erhöhen, um den sachlich zutreffenden Gewinn zugrunde zu legen. Zum anderen käme es bei der Klägerin zu zufälligen Ergebnissen je nach Höhe des Jahresgewinns des B; zudem könnte sich der Gewinn auch nachträglich noch aufgrund einer Außenprüfung ändern, so dass dann eine Anpassung des Gewerbesteuermessbescheids der Klägerin erforderlich würde.

Hinweise: Das Problem entstand im Streitfall erst im Jahr 2014, weil B in diesem Jahr Genossenschaftsmitglied wurde und bereits Gewerberäume von der Klägerin für sein Einzelhandelsgeschäft gemietet hatte. Die bloße Anmietung der Gewerberäume bis 2013 war unschädlich, weil B bis 2013 ein außenstehender Dritter und kein Genossenschaftsmitglied war. Die Klägerin hätte den B also nicht als Genossenschaftsmitglied aufnehmen dürfen oder vorher die Vermietung der Gewerberäume an ihn beenden müssen.

Bagatellgrenzen hat der BFH abgelehnt. Allerdings wäre die Anmietung der Gewerberäume durch ein Genossenschaftsmitglied oder einen Gesellschafter dann unschädlich, wenn dieser gewerbesteuerbefreit tätig wäre.

Der BFH weist darauf hin, dass nur der Gesetzgeber eine Ausnahme für Bagatellfälle einführen könnte.

Quelle: BFH, Urteil v. 29.6.2022 – III R 19/21; NWB