Die obersten Finanzbehörden der Länder gewähren Vermietungsunternehmen auch dann die erweiterte Gewerbesteuerkürzung, wenn Wohnungsgenossenschaften an ukrainische Kriegsflüchtlinge zusätzliche Leistungen erbringen, die über eine reine Vermietung hinausgehen.
Hintergrund: Vermietungsgesellschaften, die kraft ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtig sind (z.B. als GmbH), sind hinsichtlich ihres Gewinns aus der Vermietung von der Gewerbesteuer befreit, wenn sie ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen oder nebenbei noch bestimmte weitere Tätigkeiten ausüben, wie z.B. eigenes Kapitalvermögen verwalten. Tätigkeiten, die darüber hinausgehen, sind nach dem Gesetz aber grundsätzlich schädlich und führen zur Versagung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung.
Wesentlicher Inhalt des Schreibens der obersten Finanzbehörden:
- Aus Billigkeitsgründen wird die Finanzverwaltung bis zum 31.12.2023 nicht prüfen, ob die Vermietung von möbliertem Wohnraum an ukrainische Kriegsflüchtlinge zur Gewerblichkeit und damit zur Versagung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung führt.
Hinweis: Diese Aussage der Finanzverwaltung dürfte rechtswidrig sein, weil die Finanzverwaltung kraft Gesetzes zur Aufklärung des steuerlich relevanten Sachverhalts verpflichtet ist. Billigkeitsmaßnahmen sind im Einzelfall zwar möglich, erfordern aber ebenfalls eine vorherige Sachverhaltsaufklärung. Sollte es also z.B. aus anderen Gründen zu einem Klageverfahren beim Finanzgericht kommen, muss damit gerechnet werden, dass sich das Finanzgericht nicht an die Billigkeitsregelung der Finanzverwaltung hält und daher die erweiterte Gewerbesteuerkürzung versagt. Richtigerweise müsste der Gesetzgeber tätig werden.
- Erzielt das Wohnungsunternehmen Erträge aus sonstigen Unterstützungsleistungen wie z.B. dem Verkauf von Nahrungsmitteln oder Kleidung, ist dies nach dem Gesetz nur dann gewerbesteuerlich unschädlich, wenn die Erträge aus Verkäufen an die Mieter resultieren und wenn die Einnahmen hieraus maximal 5 % der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des gesamten Grundbesitzes betragen.
Hinweis: Verkäufe von Kleidung oder Nahrung an ukrainische Kriegsflüchtlinge, die nicht Mieter sind, führen also zur Versagung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung. Es wird dann der gesamte Vermietungsgewinn der Gewerbesteuer unterworfen.
- Vermietet ein Wohnungsunternehmen Räume an eine juristische Person des öffentlichen Rechts, z.B. an eine Gemeinde, die die Räume an ukrainische Kriegsflüchtlinge überlässt, gelten die ukrainischen Kriegsflüchtlinge in den Erhebungszeiträumen 2022 und 2023 aus Billigkeitsgründen als (mittelbare) Mieter. Dies hat zur Folge, dass an sie z.B. Kleidung oder Nahrungsmittel verkauft werden können, ohne dass dies gewerbesteuerlich zur Versagung der erweiterten Kürzung führt, wenn die Verkaufseinnahmen maximal 5 % der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des gesamten Grundbesitzes betragen.
Hinweis: Auch diese Billigkeitsregelung erscheint nicht gerichtsfest, könnte also bei einem finanzgerichtlichen Streit vom Finanzgericht gekippt werden. Denn der Gesetzgeber verlangt Einnahmen aus einer unmittelbaren Vertragsbeziehung. Die unmittelbare Vertragsbeziehung besteht aber nur mit der Gemeinde, nicht hingegen mit dem Kriegsflüchtling, an den Nahrung oder Kleidung verkauft wird.
- Die aktuellen Erlasse ergehen im Einvernehmen mit dem Bundesfinanzministerium.
Quelle: Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 11.11.2022 (§ 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG); NWB