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Umsatzsteuerfreiheit einer Grundstücksvermietung mit Betriebsvorrichtungen

Die gesetzliche Umsatzsteuerfreiheit für Umsätze aus der Immobilienvermietung gilt auch bei der Vermietung eines bebauten Grundstücks, auf dem sich Betriebsvorrichtungen befinden, für die nach deutschem Recht an sich keine Umsatzsteuerfreiheit vorgesehen ist. Voraussetzung für die Umsatzsteuerfreiheit ist, dass der Vermieter des Grundstücks auch Vermieter der Betriebsvorrichtungen ist und dass die Vermietung des Grundstücks zusammen mit der Vermietung der Betriebsvorrichtungen eine einheitliche Leistung darstellt, bei der die Vermietung der Betriebsvorrichtungen nur als Nebenleistung anzusehen ist.

Hintergrund: Nach deutschem Umsatzsteuerrecht sind Umsätze aus der langfristigen Vermietung umsatzsteuerfrei. Ausdrücklich ausgeschlossen sind u.a. aber Umsätze aus der Vermietung von Betriebsvorrichtungen.

Sachverhalt: Der Kläger verpachtete in den Jahren 2010 bis 2014 ein mit einem Stallgebäude bebautes Grundstück an einen Putenzüchter. In dem Stallgebäude befanden sich auch Betriebsvorrichtungen wie z.B. Heizungs- und Lüftungsanlagen, Beleuchtungssysteme oder eine sog. Industrieförderspirale. Der Kläger sah die Mieteinnahmen als umsatzsteuerfrei an. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Miete zu 20 % auf die Betriebsvorrichtungen entfiel und behandelte diesen Anteil als umsatzsteuerpflichtig.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) bejahte die Umsatzsteuerfreiheit in vollem Umfang und gab der Klage statt:

  • Zwar gilt nach dem deutschen Umsatzsteuerrecht für die Vermietung von Betriebsvorrichtungen keine Umsatzsteuerfreiheit. Allerdings folgt aus dem europäischen Umsatzsteuerrecht, dass eine wirtschaftlich einheitliche Leistung, die zwischen denselben Vertragspartnern vereinbart wird, nicht künstlich in eine umsatzsteuerfreie und in eine umsatzsteuerpflichtige Leistung aufgeteilt werden darf.
  • Im Streitfall lag eine wirtschaftlich einheitliche Leistung vor, bei der das mit Betriebsvorrichtungen ausgestattete Stallgebäude vermietet und vom Mieter als Putenstall genutzt werden sollte. Die Vermietung der Betriebsvorrichtungen war eine Nebenleistung, da die Betriebsvorrichtungen die vertragsgemäße Nutzung des Putenstalls unter optimalen Bedingungen ermöglichen sollten. Die Hauptleistung war die Vermietung des Stallgebäudes, da das Gebäude den Schutz und die Wärme der Puten gewährleistete.
  • Die Umsatzsteuerfreiheit der Hauptleistung, nämlich der Vermietung des Stallgebäudes, erstreckte sich damit auch auf die Nebenleistung, nämlich auf die Vermietung der Betriebsvorrichtungen.

Hinweise: Der BFH hatte den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in der Sache angerufen, damit dieser klärt, ob sich aus dem deutschen Recht ein Aufteilungsgebot in eine umsatzsteuerfreie und in eine umsatzsteuerpflichtige Leistung ergibt, so wie dies dem Finanzamt vorschwebte. Der EuGH verneinte ein Aufteilungsgebot, wenn es sich um eine einheitliche Leistung handelt, die sich aus einer umsatzsteuerpflichtigen und aus einer umsatzsteuerfreien Haupt- und Nebenleistung zusammensetzt. Wäre die Vermietung der Betriebsvorrichtungen die Hauptleistung gewesen, wäre die gesamte Mieteinnahme umsatzsteuerpflichtig gewesen.

Der BFH hat sich dem Urteil des EuGH nun angeschlossen. Bislang hat der BFH ein Aufteilungsgebot bejaht, hält an dieser Rechtsprechung nun aber nicht mehr fest. So hat der BFH vor kurzem bereits die Mitvermietung eines Kfz-Stellplatzes an einen Wohnungsmieter als umsatzsteuerfreie Nebenleistung zur umsatzsteuerfreien Wohnungsvermietung angesehen.

Quelle: BFH, Beschluss v. 17.8.2023 – V R 7/23 (V R 22/20); NWB

Umsatzsteuerfreiheit der isolierten Einlagerung eingefrorener Eizellen

Die isolierte Einlagerung eingefrorener Eizellen ist als ärztliche Heilbehandlung umsatzsteuerfrei, wenn sie Teil einer Fruchtbarkeitsbehandlung mit einer Kryokonservierung ist und Einlagerung und Kryokonservierung zwar nicht durch denselben Arzt, sondern durch zwei personenidentische Gesellschaften, an der die Ärzte beteiligt sind, vorgenommen werden.

Hintergrund: Ärztliche Heilbehandlungen sind umsatzsteuerfrei.

Streitfall: Die Klägerin war eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), deren Gesellschafter Frauenärzte waren, die zugleich die Frauenarztpraxis F-Praxis betrieben. Die GbR lagerte sowohl tiefgekühlte Samen- und Eizellen, damit diese künstlich befruchtet werden konnten, als auch tiefgekühlte befruchtete Eizellen ein; die vorherige oder nachfolgende künstliche Befruchtung wurde in ärztlicher Hinsicht von der F-Praxis betreut. Das Finanzamt gewährte der Klägerin nicht die Umsatzsteuerfreiheit, weil die ärztliche Leistung nicht von der Klägerin, sondern von der F-Praxis erbracht worden war.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gewährte die Umsatzsteuerfreiheit und gab der Klage statt:

  • Die Umsatzsteuerfreiheit für ärztliche Heilbehandlungen gilt auch für die isolierte Einlagerung eingefrorener Eizellen, bei der die künstliche Befruchtung von einem anderen Unternehmer betreut wird. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich bei dem einlagernden Unternehmer und dem behandelnden Unternehmer um dieselben Personen handelt.
  • Im Streitfall waren an der Klägerin sowie an der F-Praxis dieselben Ärzte beteiligt. Die Leistungen der Ärzte sind umsatzsteuerfrei. Die ärztliche Leistung ist in der Fruchtbarkeitsbehandlung zu sehen. Mit dieser ärztlichen Leistung ist die Einlagerung der tiefgefrorenen Ei- und Samenzellen verbunden, da sie denselben therapeutischen Zweck verfolgt.

Hinweise: Der BFH hatte bereits im Jahr 2015 entschieden, dass die weitere Einlagerung von Eizellen umsatzsteuerfrei ist, wenn sie durch den behandelnden Arzt erfolgt. Die Finanzverwaltung ist dem gefolgt und hat die sog. weitere Lagerung als umsatzsteuerfrei angesehen, nicht aber die sog. bloße Lagerung, bei der die ärztliche Behandlung durch einen anderen Unternehmer erfolgt. Der BFH widerspricht der Finanzverwaltung nun für den Fall, dass die beiden Unternehmer personenidentische Gesellschaften sind.

Quelle: BFH, Beschluss v. 7.7.2022 – V R 10/20; NWB