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Umsatzsteuer bei Fußballverein in der Oberliga

Der Verkauf von Eintrittskarten für die Oberligaspiele eines Fußballvereins unterliegt nur dann dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %, wenn die Spiele einen sog. Zweckbetrieb darstellen. Dies setzt voraus, dass entweder die Bruttoeinnahmen jährlich 45.000 € (im Streitjahr 2016: 35.000 €) nicht übersteigen oder dass die den Fußballern gezahlte Aufwandsentschädigung nur deren tatsächlich entstandenen Aufwand ersetzt. Letzteres muss der Verein anhand konkreter Aufzeichnungen nachweisen.

Hintergrund: Die Umsätze eines gemeinnützigen Vereins unterliegen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %. Dies gilt auch dann, soweit der Verein einen Zweckbetrieb unterhält, d.h. einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, mit dem die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke des Vereins verwirklicht werden. Der Gesetzgeber sieht sportliche Veranstaltungen grundsätzlich als Zweckbetrieb an, wenn die jährlichen Bruttoeinnahmen aus dem Verkauf von Eintrittskarten nicht höher sind als 45.000 € (im Streitjahr waren dies noch 35.000 €). Der Verein kann auf diese Regelung auch verzichten; er gilt bei einem Verzicht dann als Zweckbetrieb, wenn die Sportler nur eine Aufwandsentschädigung erhalten.

Sachverhalt: Der Kläger war ein gemeinnütziger Fußballverein, dessen 1. Mannschaft in der Oberliga spielte. Seine jährlichen Bruttoeinnahmen aus dem Kartenverkauf lagen über der im Streitjahr geltenden Grenze von 35.000 € (aktuell: 45.000 €). Der Kläger zahlte seinen Spielern eine pauschale Aufwandsentschädigung von teilweise über 1.000 € monatlich. Der Kläger unterwarf seine Umsätze aus dem Kartenverkauf dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %. Das Finanzamt sah die Spiele der Oberligamannschaft nicht als Zweckbetrieb an und setzte die Umsatzsteuer auf der Grundlage eines Steuersatzes von 19 % an. Der Kläger verzichtete auf die Zweckbetriebsgrenze von 35.000 € und machte geltend, dass er seinen Spielern lediglich eine Aufwandsentschädigung gezahlt habe.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Der Kläger unterhielt mit der Oberligamannschaft keinen Zweckbetrieb, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorlagen. Die Zweckbetriebsgrenze von 35.000 € war nicht anwendbar, da der Kläger auf die Zweckbetriebsgrenze verzichtet hatte.
  • Der Kläger hat seinen Spielern auch nicht nur eine Aufwandsentschädigung gezahlt, sondern ihnen mehr als den Aufwand bezahlt, und damit bezahlte Sportler beschäftigt. Eine Aufwandsentschädigung im Sinne der Gemeinnützigkeitsregelungen liegt nur dann vor, wenn die Entschädigung nicht über den tatsächlichen Aufwand des einzelnen Sportlers hinausgeht. Eine pauschale Abrechnung von Aufwendungsersatz genügt nicht.
  • Der Kläger hat keine Aufzeichnungen vorgelegt, aus denen sich der konkrete Aufwand der einzelnen Spieler ergab. Der Kläger hat lediglich auf die weiten Fahrten zu vier oder fünf Trainingseinheiten pro Woche sowie auf den allgemeinen Aufwand für Schuhe und Sportbekleidung hingewiesen. Es geht zulasten des Klägers, dass er keine Aufzeichnungen zur Teilnahme der Spieler am Trainings- und Spielbetrieb vorlegen konnte.

Hinweise: Kann ein Verein auch nur für einen einzigen Spieler nicht nachweisen, dass nur der tatsächlich entstandene Aufwand ersetzt wird, ist dieser Spieler als sog. bezahlter Spieler anzusehen mit der Folge, dass alle Spiele, an denen dieser Spieler teilnimmt, als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb und nicht als Zweckbetrieb anzusehen sind; der Umsatzsteuersatz würde dann 19 % betragen.

Selbst wenn der Kläger den Nachweis eines Zweckbetriebs geführt hätte, würde der Verkauf von Speisen und Getränken sowie der Umsatz aus der Werbung nicht zur sportlichen Veranstaltung gehören, sondern der Umsatzsteuersatz würde sich nach den allgemeinen Grundsätzen richten.

Quelle: BFH, Beschluss v. 3.8.2022 – XI R 11/19; NWB

Umsatzsteuerfreiheit für Krankentransporte

Der Transport von kranken, verletzten oder behinderten Menschen ist umsatzsteuerfrei. Die Umsatzsteuerfreiheit ergibt sich aus dem europäischen Umsatzsteuerrecht. Die Umsatzsteuerfreiheit gilt jedoch nicht für Essens- oder Medikamententransporte.

Hintergrund: Nach deutschem Umsatzsteuerrecht ist die Beförderung von kranken und verletzten Personen mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind, umsatzsteuerfrei. Nach europäischem Umsatzsteuerrecht sind Dienstleistungen umsatzsteuerfrei, die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden sind und entweder durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder aber durch Einrichtungen, die als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannt sind, erbracht werden.

Sachverhalt: Es ging um eine GmbH, die überwiegend kranke, verletzte und behinderte Personen transportierte. Hierzu verwendete sie Fahrzeuge, die teilweise als Krankenwagen eingerichtet waren, teilweise bei Bedarf für die Beförderung von kranken und verletzten Personen eingerichtet werden konnten und die teilweise nur über eine seitlich ausfahrbare Trittstufe verfügten. In geringem Umfang beförderte die GmbH auch Essenscontainer und Medikamente. Das Finanzamt gewährte die Umsatzsteuerfreiheit nach deutschem Recht nur insoweit, als die Fahrten mit den Krankenwagen durchgeführt wurden. Die GmbH begehrte eine vollständige Umsatzsteuerfreiheit.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gewährte grundsätzlich die Umsatzsteuerfreiheit für die Transporte kranker, verletzter oder behinderter Menschen und verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück:

  • Auf die Umsatzsteuerfreiheit nach deutschem Recht kommt es nicht an, da sich die GmbH auf die Umsatzsteuerfreiheit nach europäischem Recht berufen kann. Diese Voraussetzungen liegen vor.
  • Die Beförderung kranker, verletzter oder behinderter Menschen ist eine Dienstleistung, die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden ist. Die GmbH verfügte über eine Genehmigung zur Beförderung ausschließlich kranker, verletzter oder behinderter Menschen. In den Fahrzeugen befanden sich Notfallkästen, und die Fahrgäste wurden bei Bedarf auch bis zur Krankenstation des Krankenhauses begleitet oder einer Vertrauensperson übergeben.
  • Die GmbH war auch eine Einrichtung, deren sozialer Charakter anerkannt war. Der Begriff der Einrichtung ist weit auszulegen, so dass zu den Einrichtungen auch natürliche Personen sowie Kapitalgesellschaften gehören. Die Anerkennung als soziale Einrichtung folgt daraus, dass Krankenfahrten von Krankenkassen bezahlt werden.
  • Allerdings muss das FG nun aufklären, in welchem Umfang auch Essenscontainer und Medikamente transportiert wurden; denn insoweit greift weder eine Befreiung nach deutschem noch nach europäischem Umsatzsteuerrecht.

Hinweise: Der BFH hat das FG außerdem aufgefordert, eine mögliche Privatnutzung der Fahrzeuge und auch der Telefone zu überprüfen.

Die Umsatzsteuerfreiheit nach europäischem Recht ist zwar nicht zu gewähren, wenn hierdurch der Wettbewerb beeinflusst und damit die steuerliche Neutralität verletzt wird. Der BFH verneint aber eine Beeinflussung des Wettbewerbs zwischen der GmbH einerseits und Taxi- und Mietwagenunternehmen andererseits. Denn die GmbH erbrachte aufgrund der Betreuung der beförderten Personen Dienstleistungen, die über die bloße Beförderung hinausgingen.

Quelle: BFH, Urteil v. 24.8.2022 – XI R 25/20; NWB

Grundsatzentscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur umsatzsteuerlichen Organschaft II

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat auch in seinem zweiten Grundsatzurteil die deutschen Regelungen zur umsatzsteuerlichen Organschaft grundsätzlich bestätigt, so dass der Organträger Schuldner der Umsatzsteuer auch der Organgesellschaften ist. Weder die einzelne Organgesellschaft noch die sog. Mehrwertsteuergruppe, d.h. die Gruppe der an der Organschaft beteiligten Personen oder Gesellschaften, sind Steuerschuldner.

Hintergrund: Eine umsatzsteuerliche Organschaft liegt vor, wenn ein Unternehmen (Organgesellschaft) organisatorisch, wirtschaftlich und finanziell in ein anderes Unternehmen (Organträger) eingegliedert ist. Die Umsätze des Organträgers und seiner Organgesellschaft werden dann zusammengefasst und nur vom Organträger versteuert, der auch die Vorsteuer der Organgesellschaft geltend macht. Die Organgesellschaft tritt gegenüber dem Finanzamt also nicht auf.

Sachverhalt: Im Streitfall ging es um eine Organgesellschaft, die im Jahr 2005 Reinigungsleistungen an den Organträger gegen ein Entgelt von ca. 75.000 € erbracht hat. Der Organträger war im Umfang von ca. 7 % hoheitlich tätig, insoweit also kein Unternehmer. Das Finanzamt ging zwar von einer umsatzsteuerlichen Organschaft aus; es stufte jedoch die Reinigungsleistungen als unentgeltliche Wertabgabe ein, soweit die Reinigung auf den hoheitlichen Betrieb des Organträgers entfiel, und setzte insoweit Umsatzsteuer gegenüber dem Organträger fest. Der Bundesfinanzhof (BFH) rief den EuGH an und wollte wissen, ob der Organträger als Steuerschuldner anzusehen ist oder ob die sog. Mehrwertsteuergruppe als Steuerschuldnerin anzusehen ist.

Entscheidung: Der EuGH bestätigte im Grundsatz die umsatzsteuerliche Organschaft:

  • Der deutsche Gesetzgeber darf bei einer Gruppe von Personen bzw. Gesellschaften, die wirtschaftlich, finanziell und organisatorisch eng miteinander verbunden sind, die Umsatzsteuer allein gegenüber dem Organträger festsetzen. Die einzelnen Personen bzw. Gesellschaften des Organkreises bilden eine Mehrwertsteuergruppe, die durch den Organträger vertreten wird; der Organträger ist Steuerschuldner der Umsatzsteuer, und die Organgesellschaft haftet für die Umsatzsteuer, falls der Organträger nicht zahlt.
  • Die Reinigungsleistungen der Organgesellschaft können nicht als unentgeltliche Wertabgabe besteuert werden, da sie gegen Entgelt erbracht worden sind. Das europäische Mehrwertsteuerrecht erfasst als unentgeltliche Wertabgaben nur unentgeltliche Leistungen.

Hinweise: Auch in dieser Grundsatzentscheidung bestätigt der EuGH das deutsche Recht der umsatzsteuerlichen Organschaft.

Die eigentliche Streitfrage wird aber nicht abschließend beantwortet. Zwar kann die Reinigung, soweit sie auf den hoheitlichen Teil entfällt, nicht als unentgeltliche Wertabgabe besteuert werden. Offen bleibt aber, ob es sich um einen nicht steuerbaren Innenumsatz handelt, so dass keine Umsatzsteuer anfiele, oder ob es sich gar um eine umsatzsteuerbare entgeltliche Leistung handelt; nach der Parallelentscheidung erscheint Letzteres nicht ausgeschlossen, falls die Organgesellschaft ein wirtschaftliches Risiko getragen haben sollte. Der BFH muss dies nun entscheiden, da bei ihm das Verfahren fortgeführt wird.

Quelle: EuGH, Urteil v. 1.12.2022 – Rs. C-269/20 (auf Vorlagebeschluss des V. Senats des BFH – V R 40/19); NWB

Umsatzsteuer bei hundertfachen Verkäufen bei eBay

Lässt ein Steuerpflichtiger jährlich mehrere Hundert Artikel bei eBay versteigern, ist er umsatzsteuerlicher Unternehmer und muss Umsatzsteuer abführen. Die Berufung auf die Kleinunternehmerregelung ist nicht möglich, wenn er die gesetzliche Grenze für Kleinunternehmer (im Streitjahr: 17.500 €) überschritten hat. Allerdings kommt grundsätzlich die sog. Differenzbesteuerung in Betracht, soweit der Steuerpflichtige Wiederverkäufer ist und die Artikel von Privatpersonen erworben hat.

Hintergrund: Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Unter einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen zu verstehen, auch wenn die Gewinnerzielungsabsicht fehlt.

Ein gewerblicher Wiederverkäufer, der die Waren von Privat, also ohne Umsatzsteuer, erworben hat, kann die sog. Differenzbesteuerung anwenden und muss dann nur die Differenz zwischen seinem Einkaufs- und Verkaufspreis der Umsatzsteuer unterwerfen.

Streitfall: Die Klägerin erwarb Hausrat bei Haushaltsauflösungen und verkaufte die Hausratsgegenstände in den Jahren 2009 bis 2013 bei eBay. Sie führte jährlich zwischen 260 und über 1.000 Auktionen durch und erzielte dabei jährliche Einnahmen von ca. 40.000 € bis 90.000 €. Steuererklärungen gab sie nicht ab, sondern die Steuerfahndung ermittelte die Einnahmen der Klägerin. Das Finanzamt setzte auf die jährlichen Einnahmen eine Umsatzsteuer von 19 % an und berücksichtigte keine Vorsteuer. Gegen die Umsatzsteuerbescheide klagte die Klägerin.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage zum Teil Recht, verwies die Sache aber zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück:

  • Die Klägerin war Unternehmerin und daher grundsätzlich zur Abführung von Umsatzsteuer verpflichtet. Mit ihrer Verkaufstätigkeit bei eBay übte die Klägerin eine wirtschaftliche Tätigkeit aus und war auch nachhaltig, d.h. mit Wiederholungsabsicht, tätig.
  • So wurde die Klägerin jährlich mehrere Hundert Mal bei eBay aktiv, im Jahr 2010 sogar über 1.000 Mal. Dies erforderte neben der eigentlichen Verkaufstätigkeit auch eine erhebliche Betriebsorganisation, da sie die Waren fotografieren und digital anpreisen sowie verpacken und versenden musste.
  • Angesichts dieses unternehmerischen Umfangs ist es unerheblich, ob sich die Klägerin bei eBay als Privatverkäufer oder als Händlerin angemeldet hatte; es besteht nämlich bezüglich der Merkmale der unternehmerischen Tätigkeit kein Wahlrecht.
  • Die Unternehmereigenschaft ist nach dem Gesetz nicht davon abhängig, dass eine Gewinnerzielungsabsicht besteht.
  • Zu Unrecht hat das Finanzamt aber die Umsatzsteuer auf die Gesamteinnahmen aufgeschlagen. Richtigerweise ist die Umsatzsteuer in der jeweiligen Bruttoeinnahme enthalten und muss herausgerechnet werden. Dies muss das FG nun im II. Rechtsgang beachten.

Hinweise: Das FG muss auch noch weitere Ermittlungen anstellen. So wird es prüfen müssen, ob die Klägerin die Differenzbesteuerung anwenden kann. Sie müsste dann nur die Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis der Umsatzsteuer unterwerfen. Für die Differenzbesteuerung spricht, dass die Klägerin die Hausratsgegenstände vermutlich von privat erworben hat, also ohne Umsatzsteuer. Ein etwaiger Verstoß gegen die Aufzeichnungspflichten, die bei der Differenzbesteuerung zu beachten sind, würde nicht zur Versagung der Differenzbesteuerung führen, sondern nur zu einer Schätzung der Einkaufspreise, ggf. mit einem erheblichen Sicherheitsabschlag, so dass sich eine etwas höhere Differenz ergibt.

Außerdem wird das FG ermitteln müssen, ob die Klägerin Vorsteuer geltend machen kann und ob ihre Umsätze ggf. einem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen.

Die Klägerin kann sich nicht auf die sog. Kleinunternehmerregelung berufen, da diese in den Streitjahren nur galt, wenn der Gesamtumsatz im Vorjahr oder im Gründungsjahr 17.500 € nicht überstiegen hat. Die Umsätze der Klägerin lagen jedoch deutlich über dieser Grenze. Bei der Differenzbesteuerung geht nämlich nicht nur die Differenz in die Ermittlung des Gesamtumsatzes ein, sondern die Gesamteinnahme.

Quelle: BFH, Urteil v. 12.5.2022 – V R 19/20; NWB