Teilt der Steuerpflichtige ein selbstgenutztes Grundstück in zwei Flurstücke und verkauft er anschließend das unbebaute Flurstück innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist, ist ein hieraus erzielter Gewinn als Spekulationsgewinn steuerpflichtig. Der Steuerpflicht steht nicht entgegen, dass das gesamte Grundstück bis zur Teilung selbstgenutzt wurde.
Hintergrund: Der Verkauf von Immobilien des Privatvermögens mit Gewinn löst innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist eine Steuerpflicht aus. Die Steuerpflicht besteht nicht, wenn das Grundstück selbstgenutzt worden ist.
Sachverhalt: Die Kläger waren Eheleute und erwarben im März 2014 in einem Dorf ein ca. 3.800 qm großes, bebautes Grundstück zum Preis von 123.000 €. Sie sanierten das Gebäude und zogen dort 2015 ein. Im Mai 2019 ließen sie das Grundstück in die beiden Flurstücke A und B teilen; das neue, unbebaute Flurstück B war 1.000 qm groß, während das 2.800 qm große, bebaute Flurstück A weiterhin selbst genutzt wurde. Die Kläger verkauften das Flurstück B im Juni 2019 zum Kaufpreis von 90.000 € und nutzten das Flurstück A weiterhin selbst. Das Finanzamt behandelte den Gewinn aus dem Verkauf des Flurstücks B als steuerpflichtigen Spekulationsgewinn in Höhe von 66.400 €, indem es von dem Kaufpreis Anschaffungskosten in Höhe von 23.600 € (1.000 m² x 23,60 € Bodenrichtwert) abzog. Hiergegen wehrten sich die Kläger. Das Finanzgericht (FG) berücksichtigte in der ersten Instanz höhere Anschaffungskosten, so dass sich ein Spekulationsgewinn von 58.160 € statt 66.400 € ergab. Im Übrigen hatte die Klage keinen Erfolg. Die Kläger legten gegen das Urteil des FG Revision ein.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Revision ab:
- Die Kläger haben aus dem Verkauf des Flurstücks B einen Gewinn in Höhe von 58.160 € erzielt. Der Gewinn ist steuerpflichtig, da das Grundstück innerhalb von zehn Jahren gekauft und teilweise verkauft worden ist. Das angeschaffte Grundstück ist nur teilweise veräußert worden, nämlich nur bezüglich des Flurstücks B. Insoweit besteht jedoch eine wirtschaftliche Teilidentität, die für den Ansatz eines steuerpflichtigen Spekulationsgewinns genügt. Das verkaufte Flurstück B ist kein qualitativ anderes Wirtschaftsgut als das ursprünglich erworbene Gesamtgrundstück, sondern lediglich kleiner.
- Das verkaufte Flurstück B diente nicht eigenen Wohnzwecken. Zwar gehörte das Flurstück B ursprünglich zum ca. 3.800 qm großen Grundstück, das selbstgenutzt wurde. Aufgrund der Teilung des Grundstücks kam es aber zu einer Zäsur. Das Flurstück B ist daher getrennt vom bisherigen Gesamtgrundstück zu beurteilen. Zwischen dem Flurstück B und dem weiterhin selbst genutzten Flurstück A bestand nach der Teilung kein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang mehr.
Hinweise: Die Steuerbefreiung für den Verkauf selbstgenutzter Grundstücke wird gewährt, um Grundstücksveräußerungen nicht zu besteuern, die aufgrund eines Wohnsitzwechsels erfolgen. Einen derartigen Wohnsitzwechsel gab es im Streitfall nicht, weil die Kläger weiterhin das im Jahr 2014 erworbene Grundstück selbst nutzten. Vom Sinn und Zweck der Befreiung war daher eine Steuerbefreiung nicht zu bejahen.
Nach dem aktuellen Urteil ist ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang zwischen dem verkauften Flurstück B und dem weiterhin selbst genutzten Flurstück A nicht grds. ausgeschlossen. Der BFH lässt es aber offen, unter welchen Voraussetzungen dieser Zusammenhang bejaht werden könnte; im Streitfall bestand ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang jedenfalls deshalb nicht mehr, weil die Teilfläche zwecks Veräußerung abgetrennt, zielgerichtet für die Übergabe vorbereitet und veräußert wurde. Hätten die Kläger die Gesamtfläche bestehend aus den Flurstücken A und B wie bisher genutzt und beide Flurstücke innerhalb der Spekulationsfrist zusammen veräußert, kann es sein, dass die Steuerbefreiung auch für das neue, unbebaute Flurstück gewährt wird.
Quelle: BFH, Urteil vom 26.9.2023 – IX R 14/22; NWB