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Anscheinsbeweis für private Nutzung eines Dienstwagens durch Alleingesellschafter trotz Privatnutzungsverbots

Überlässt eine GmbH ihrem Alleingesellschafter-Geschäftsführer einen Dienstwagen, den der Alleingesellschafter nicht privat nutzen darf, so spricht gleichwohl ein Anscheinsbeweis für eine private Nutzung des Dienstwagens. Dieser Anscheinsbeweis kann durch Vorlage eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs oder durch Nachweis organisatorischer Maßnahmen, die auf Durchsetzung des Privatnutzungsverbots gerichtet sind, oder durch die Verfügbarkeit eines mindestens gleichwertigen Pkw im Privatbereich des Alleingesellschafters erschüttert werden.

Hintergrund: Wendet eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb einer offenen Gewinnausschüttung einen Vorteil zu, der durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, wird die dadurch eingetretene Vermögensminderung im Wege einer sog. verdeckten Gewinnausschüttung außerbilanziell kompensiert und dem Einkommen hinzugerechnet. Ein typisches Beispiel hierfür ist ein überhöhtes Gehalt.

Sachverhalt: A war Alleingesellschafter der A-GmbH (Klägerin). Die A-GmbH überließ dem A ein gehobenes Mittelklassefahrzeug, das A nur für betriebliche Fahrten, nicht aber privat nutzen durfte. Nach der Dienstwagenvereinbarung war A verpflichtet, das Fahrzeug nach Geschäftsschluss auf dem Firmengelände abzustellen. A führte kein Fahrtenbuch. A und seine Ehefrau besaßen privat einen etwas preiswerteren Pkw, der auch von der Ehefrau genutzt wurde. Die A-GmbH nahm auf den Dienstwagen eine Sonderabschreibung für ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzte Wirtschaftsgüter vor. Das Finanzamt erkannte die Sonderabschreibung nicht an und setzte zudem eine verdeckte Gewinnausschüttung an, weil es im Wege des Anscheinsbeweises von einer Privatnutzung durch A ausging.

Entscheidung: Das FG Münster wies die hiergegen gerichtete Klage der A-GmbH ab:

  • Das Finanzamt hat zu Recht eine verdeckte Gewinnausschüttung angesetzt. Denn A hat den Dienstwagen trotz des Privatnutzungsverbots privat genutzt. Bei einem beherrschenden Gesellschafter spricht nämlich ein Anscheinsbeweis für eine Privatnutzung, weil es keinen Interessenkonflikt zwischen der GmbH und dem beherrschenden Gesellschafter gibt.
  • Der Anscheinsbeweis ist darüber hinaus nicht erschüttert worden:
    • A hatte kein Fahrtenbuch geführt, so dass die tatsächliche Nutzung nicht überprüft werden konnte.
    • A war zwar verpflichtet, den Dienstwagen abends auf dem Firmengelände abzustellen. Jedoch konnte die A-GmbH keine Nachweise vorlegen, dass diese Vereinbarung auch tatsächlich umgesetzt wurde. Die A-GmbH hat lediglich vorgetragen, dass ein anderer Angestellter den A morgens zu Hause abgeholt und abends wieder nach Hause gefahren habe.
    • A stand privat auch kein mindestens gleichwertiges Fahrzeug uneingeschränkt zur Verfügung. Zum einen war der private Pkw des A nicht gleichwertig, sondern schwächer motorisiert; zum anderen wurde der private Pkw auch von der Ehefrau genutzt, so dass der private Pkw dem A nicht uneingeschränkt zur Verfügung stand.
  • Die verdeckte Gewinnausschüttung war mit den Selbstkosten für den Dienstwagen anzusetzen und um einen Gewinnaufschlag von 5 % zu erhöhen. Dabei ging das FG mangels anderweitiger Nachweise von einem Privatnutzungsanteil von 50 % aus, so dass sich eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von ca. 4.700 € ergab. Allerdings hatte das Finanzamt die verdeckte Gewinnausschüttung nur in Höhe von 4.000 € angesetzt, so dass das FG über diesen Wert nicht hinausgehen durfte.
  • Die Sonderabschreibung auf den Dienstwagen war nicht zulässig, da der Dienstwagen nicht zu mindestens 90 % betrieblich genutzt wurde, sondern nach dem Anscheinsbeweis in nicht unerheblichem Umfang privat von A im Rahmen einer verdeckten Gewinnausschüttung genutzt wurde.

Hinweise: Im Bereich der Lohnsteuer erkennt der BFH ein Privatnutzungsverbot an und setzt dann keinen geldwerten Vorteil für den Arbeitnehmer an. Die Finanzgerichte sind bei der Dienstwagennutzung durch beherrschende Gesellschafter aber derzeit strenger und akzeptieren ein Privatnutzungsverbot nicht ohne weiteres; denn bei einem beherrschenden Gesellschafter und „seiner“ GmbH fehlt der typische Interessenkonflikt, den es normalerweise zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gibt. Insbesondere muss der beherrschende Gesellschafter nicht mit Sanktionen rechnen, wenn er gegen ein Privatnutzungsverbot verstößt.

Hätte die A-GmbH dem A die Privatnutzung gestattet, wäre keine verdeckte Gewinnausschüttung anzusetzen gewesen. Vielmehr hätte dann ein geldwerter Vorteil angesetzt werden müssen, der sich grundsätzlich nach der sog. 1 %-Methode berechnet (monatlich 1 % des Bruttolistenpreises zuzüglich Sonderausstattungen einschließlich Umsatzsteuer). Den Ansatz dieses geldwerten Vorteils wollten die A-GmbH und A mit der Vereinbarung eines Privatnutzungsverbots vermeiden.

Quelle: FG Münster, Urteil vom 28.4.2023 – 10 K 1193/20 K, G, F; NWB

Dienstwagenüberlassung an Arbeitnehmer zur privaten Nutzung ist umsatzsteuerbar

Die Überlassung eines Dienstwagens an Arbeitnehmer zur privaten Nutzung ist für den Arbeitgeber umsatzsteuerbar, wenn die Überlassung des Dienstwagens individuell arbeitsvertraglich vereinbart wird und der Dienstwagen auch tatsächlich privat genutzt wird.

Hintergrund: Zu den umsatzsteuerbaren Umsätzen gehört auch der tauschähnliche Umsatz, bei dem der Empfänger einer Dienstleistung nicht Geld zahlt, sondern eine Lieferung oder Dienstleistung erbringt.

Streitfall: Eine in Luxemburg ansässige Kapitalgesellschaft stellte zwei leitenden Angestellten, die im Saarland wohnten, jeweils einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung. Der eine Arbeitnehmer leistete eine Eigenbeteiligung von fast 6.000 €, während der andere Arbeitnehmer nichts zahlte. Das Finanzamt behandelte die Überlassung der Dienstwagen als umsatzsteuerbar und -pflichtig und ging bei der Bemessung der Umsatzsteuer von den lohnsteuerlichen Werten aus.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Die Überlassung eines Dienstwagens an einen Arbeitnehmer auch zur privaten Nutzung ist umsatzsteuerbar und -pflichtig. Die Klägerin hat nämlich eine sonstige Leistung in Gestalt der Kfz-Überlassung zur privaten Nutzung gegen Entgelt erbracht.
  • Das Entgelt ist in der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers zu sehen, so dass es sich um einen tauschähnlichen Umsatz handelt. Die Arbeitsleistung ist eine Gegenleistung, weil der Wert der Arbeitsleistung in Geld ausgedrückt werden kann und weil ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Überlassung des Dienstwagens und der Arbeitsleistung bestand; denn die Nutzungsüberlassung wurde individuell vereinbart.
  • Die Leistung der Klägerin war auch in Deutschland umsatzsteuerbar, weil eine nicht kurzfristige Vermietung eines Beförderungsmittels an dem Ort erbracht wird, an dem der Empfänger seinen Wohnsitz oder Sitz hat. Dies war in Deutschland, da die beiden Arbeitnehmer im Saarland wohnten. Die Überlassung des Dienstwagens zur privaten Nutzung stellte eine Vermietung dar, weil die Arbeitnehmer hierfür eine Miete in Gestalt ihrer anteiligen Arbeitsleistung entrichteten.
  • Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage des Umsatzes der Klägerin konnte auf die Selbstkosten der Klägerin oder auf die lohnsteuerlichen Werte, die nach der sog. 1 %-Methode anzusetzen sind und aus denen die Umsatzsteuer herauszurechnen ist, zurückgegriffen werden. Nicht maßgeblich ist hingegen die etwaige Höhe einer von den Arbeitnehmern geleisteten Selbstbeteiligung.

Hinweise: In dem Streitfall hatte die Vorinstanz, das Finanzgericht (FG), den Europäischen Gerichtshof angerufen. Dessen Entscheidung hatte das FG aber anders interpretiert als nunmehr der BFH. Der BFH sieht nämlich in der Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers eine Gegenleistung und einen Vermietungszins. Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung des BFH.

Quelle: BFH, Urteil v. 30.6.2022 – V R 25/21; NWB