Eine unternehmerisch tätige Holding, die sich an anderen Gesellschaften beteiligt und gegen Entgelt Geschäftsführungsleistungen erbringt, kann Vorsteuer aus Eingangsleistungen, die an sie erbracht worden sind, nicht geltend machen, wenn sie diese Eingangsleistungen als Gesellschafterbeitrag unentgeltlich an die Tochtergesellschaft erbringt und die Eingangsleistungen mit den Umsätzen der Tochtergesellschaft, nicht aber mit den Geschäftsführungsleistungen der Holding in Zusammenhang stehen.
Hintergrund: Die Vorsteuer ist abziehbar, wenn der Unternehmer Leistungen für sein Unternehmen bezieht und eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine Holding, die an mehreren Tochtergesellschaften beteiligt war, ohne dass eine umsatzsteuerliche Organschaft bestand. Die Tochtergesellschaften tätigten umsatzsteuerfreie Umsätze aus Grundstücksverkäufen und waren daher nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Die Klägerin erbrachte gegenüber ihren Tochtergesellschaften umsatzsteuerpflichtige Geschäftsführungs- und Buchführungsleistungen. Die Klägerin hatte sich im jeweiligen Gesellschaftsvertrag der Tochtergesellschaften verpflichtet, unentgeltliche Dienstleistungen an die Tochtergesellschaften zu erbringen. Sie bezog und bezahlte u.a. Architekten- und Erschließungsdienstleistungen, die für die Grundstücksgeschäfte der Tochtergesellschaften nützlich waren und überließ diese Dienstleistungen den Tochtergesellschaften unentgeltlich. Die Vorsteuer aus diesen Leistungen erkannte das Finanzamt nicht an.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:
- Zwar war die Klägerin als sog. geschäftsleitende Holding Unternehmerin und damit grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt. Sie erbrachte nämlich Geschäftsführungs- und Buchführungsdienstleistungen gegen Entgelt.
- Allerdings gehörte die Erbringung der Architekten- und Erschließungsdienstleistungen nicht zur unternehmerischen Tätigkeit der Klägerin. Denn die Klägerin verwendete die bezogenen Architekten- und Erschließungsdienstleistungen nicht für ihre unternehmerisch erbrachten Geschäftsführungs- und Buchführungsdienstleistungen; die Architekten- und Erschließungsdienstleistungen gingen auch weder in den Preis für die Geschäftsführungs- und Buchführungsdienstleistungen ein, noch gehörten die Architekten- und Erschließungsdienstleistungen zu den allgemeinen Aufwendungen der Holding.
- Vielmehr standen die Architekten- und Erschließungsdienstleistungen im Zusammenhang mit den umsatzsteuerfreien Grundstücksverkäufen der Tochtergesellschaften.
Hinweise: Die Tochtergesellschaften hätten zwar die von der Klägerin eingebrachten Architekten- und Erschließungsdienstleistungen selbst beziehen können; dennoch hätten sie die Vorsteuer nicht geltend machen können, da sie umsatzsteuerfreie Grundstücksverkäufe tätigten und damit vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen waren.
Mit der gewählten Konstruktion sollte der Klägerin als Holding der Vorsteuerabzug ermöglicht werden. Ob dies ein Gestaltungsmissbrauch darstellt, konnte offen bleiben, da der Vorsteuerabzug der Klägerin bereits nach allgemeinen Grundsätzen zu versagen war.
Der BFH hatte den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen, der einen Vorsteuerabzug abgelehnt hat. Im aktuellen Urteil ist der BFH der Entscheidung und Begründung des EuGH gefolgt.
Quelle: BFH, Urteil v. 15.2.2023 – XI R 24/22 (XI R 22/18); NWB