Eine GmbH-Beteiligung, deren Stimm- und Gewinnbezugsrechte prozentual niedriger sind als die eigentliche Beteiligungsquote, ist niedrigerer zu bewerten als eine GmbH-Beteiligung, deren Stimm- und Bezugsrechte quotal ausgestaltet sind, also der Beteiligungsquote entsprechen. Bei einem disquotal ausgestalteten Stimm- und Gewinnbezugsrecht handelt es sich nämlich um einen preisbeeinflussenden Umstand und nicht um ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse, die bei der Bewertung nicht zu berücksichtigen wären.
Hintergrund: Sachspenden müssen bewertet werden, damit der Spendenabzug bei der Einkommensteuer in der richtigen Höhe erfolgen kann. Zu den Sachspenden können auch GmbH-Beteiligungen gehören. Sachspenden, die aus dem Privatvermögen stammen, werden grundsätzlich mit dem gemeinen Wert bewertet. Dies ist der Preis, der bei einer Veräußerung im allgemeinen Geschäftsverkehr erzielt werden kann.
Sachverhalt: Der Kläger war zusammen mit vier anderen Gesellschaftern an einer GmbH beteiligt. Sie schenkten die GmbH-Beteiligung im Umfang von 89 % einer gemeinnützigen Stiftung; das Stimm- und Gewinnbezugsrecht der GmbH-Beteiligung betrug aber nur jeweils 1 % und nicht 89 %. Die Stiftung erteilte dem Kläger und seinen vier Mitgesellschaftern Spendenbescheinigungen, in denen der Wert der geschenkten Beteiligung mit ca. 41 Mio. € angegeben wurde, von denen jeweils 20 % auf den Kläger und die anderen Gesellschafter entfielen, d.h. ca. 8,2 Mio. €/Gesellschafter. Das Finanzamt ging jedoch nur von einem Wert pro Gesellschafter in Höhe von ca. 1,5 Mio. € aus (Gesamtwert der Beteiligung nach dem Finanzamt also ca. 7,5 Mio. €).
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache an das Finanzgericht zur weiteren Aufklärung zurück:
- Im Grundsatz zutreffend haben Finanzamt und Finanzgericht das disquotale Stimm- und Gewinnbezugsrecht von jeweils nur 1 % als wertmindernd berücksichtigt. Denn das disquotale Stimmrecht und das disquotale Gewinnbezugsrecht waren im Gesellschaftsvertrag vereinbart und daher ein preisbeeinflussender Umstand.
- Bei der Bewertung sind zwar ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse nicht zu berücksichtigen. Dies betrifft aber nur Verhältnisse, die mit der Person des aktuellen Gesellschafters verknüpft sind. Sowohl das disquotale Stimmrecht als auch das disquotale Gewinnbezugsrecht waren aber mit dem Anteil verbunden und nicht mit der Person des Klägers.
- Die Zurückverweisung erfolgt, weil dem FG bei der Bewertung Widersprüche unterlaufen sind.
Hinweise: Zu klären ist auch noch, ob der Kläger auf die fehlerhafte Spendenbescheinigung vertrauen durfte. Zwar besteht nach dem Gesetz grundsätzlich Vertrauensschutz, wenn eine Spendenbescheinigung ausgestellt wird; dies gilt aber nicht, wenn dem Spender die Unrichtigkeit der Bestätigung bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war. Dem BFH zufolge ist dem Kläger dabei die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis von Personen, die er in Ausweitung seines Risikobereichs in die Abwicklung der Spende eingeschaltet hat, zuzurechnen. Die Beweislast hierfür liegt aber beim Finanzamt; allerdings muss der Kläger auch bei der Aufklärung mitwirken. Für eine Kenntnis des Klägers von der Unrichtigkeit der Spendenbescheinigung könnte sprechen, dass der Kläger ein erfolgreicher Unternehmer war und durchaus gewusst haben dürfte, dass die GmbH-Beteiligung mit einem disquotalen Stimm- und Gewinnbezugsrecht ausgestaltet war.
Quelle: BFH, Urteil v. 16.11.2020 – X R 17/20; NWB