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Gläubigerbenachteiligung bei Nutzung eines geliehenen Kontos

Lässt sich der Arbeitnehmer, der Steuerschulden hat, seinen Lohn auf ein geliehenes Konto, das seinem Ehegatten gehört, auszahlen, liegt darin eine Gläubigerbenachteiligung, die das Finanzamt zu einer Anfechtung in Gestalt eines Duldungsbescheids gegenüber dem Ehegatten berechtigt. Die Gläubigerbenachteiligung besteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer ein Pfändungsschutzkonto hätte einrichten können, dies aber unterlassen hat.

Hintergrund: Rechtshandlungen eines Schuldners, die seine Gläubiger benachteiligen und mit entsprechendem Benachteiligungsvorsatz vorgenommen werden, können außerhalb des Insolvenzverfahrens gegenüber dem Vertragspartner des Schuldners angefochten werden, wenn der Vertragspartner den Vorsatz des Schuldners kannte. Das Finanzamt als Gläubiger kann dann die Anfechtung durch einen Duldungsbescheid vornehmen.

Sachverhalt: Die Klägerin war die Ehefrau des S, der Steuerschulden hatte. S war Arbeitnehmer im Großhandel und verdiente monatlich ca. 1.270 € netto. Seit 2009 hatte S kein eigenes Bankkonto mehr, sondern nutzte das Bankkonto der Klägerin, auf das die Lohnzahlungen des S vom Arbeitgeber überwiesen wurden. Das Finanzamt erließ im November 2016 eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung gegenüber der Klägerin. Die Klägerin erkannte die gepfändeten Forderungen nicht an. Im April 2018 erließ das Finanzamt einen Duldungsbescheid gegenüber der Klägerin, mit dem es die Anfechtung wegen Gläubigerbenachteiligung erklärte und die Klägerin verpflichtete, die Vollstreckung in ihr Konto so zu dulden, als gehörten die gutgeschriebenen Beträge noch zum Vermögen des S. Der Duldungsbescheid betraf Lohnzahlungen im Zeitraum vom November 2016 bis März 2018 in Höhe von ca. 12.000 €. Die Klägerin wehrte sich gegen den Duldungsbescheid.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Die Voraussetzungen der Anfechtung wegen Gläubigerbenachteiligung waren gegeben. Die anfechtbare Rechtshandlung des S war seine Anweisung an seinen Arbeitgeber, den Lohn auf das Konto der Klägerin zu überweisen. Auf diese Weise entstanden Forderungen der Klägerin gegen ihre Bank, da die Löhne dem Konto der Klägerin gutgeschrieben wurden.
  • Eine Gläubigerbenachteiligung lag ebenfalls vor. Denn durch die Nutzung des Bankkontos der Klägerin konnte das Finanzamt nicht mehr ohne Weiteres gegen S aufgrund eines gegen ihn gerichteten Vollstreckungstitels pfänden. Im Außenverhältnis hatte S nämlich keine Forderungen gegen eine Bank, sondern nur die Klägerin gegen ihre Bank.
  • Unbeachtlich ist, dass die Lohnbeträge dem Pfändungsschutz für Arbeitseinkommen unterfallen konnten. Denn der Pfändungsschutz gilt nur bis zur Auszahlung auf ein Konto; ab der Auszahlung greift der Pfändungsschutz nicht mehr. S hätte allerdings ein Pfändungsschutzkonto einrichten können, so dass er auch nach der Auszahlung vor einem Gläubigerzugriff geschützt gewesen wäre; dies hat S aber unterlassen, so dass dies nicht zugunsten der Klägerin berücksichtigt werden kann.
  • S handelte mit dem Vorsatz einer Gläubigerbenachteiligung, und die Klägerin kannte diesen Vorsatz. S wusste, dass er Steuerschulden hatte, die er nicht begleichen konnte, und er hat mit der Überweisung seines Lohns auf das Konto der Klägerin billigend in Kauf genommen, dass die Beträge dem Zugriff des Finanzamts entzogen werden. Die Klägerin hatte von diesem Benachteiligungsvorsatz Kenntnis, weil sie aufgrund der Pfändungs- und Einziehungsverfügung aus dem November 2016 von der Zahlungsunfähigkeit des S wusste; die Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz wird dann vermutet.

Hinweise: Für die Anfechtung gilt eine Frist von zehn Jahren, die das Finanzamt eingehalten hat. Aufgrund der Klageabweisung ist die Klägerin nun verpflichtet, einen Wertersatz von ca. 12.000 € an das Finanzamt zu leisten.

Das Urteil macht deutlich, dass die Nutzung eines fremden Kontos als sog. geliehenem Konto nicht vor einer Vollstreckung schützt. Im Ergebnis kann die Vollstreckung nämlich im Wege eines Duldungsbescheids gegen den Kontoinhaber, der sein Konto verleiht, durchgesetzt werden.

Der S hätte sich ein Pfändungsschutzkonto einrichten lassen sollen. Seit dem 18.6.2016 hat jeder Verbraucher einen Anspruch auf Abschluss eines sog. Basiskontovertrags; das Basiskonto wird dann als Pfändungsschutzkonto geführt.

Quelle: BFH, Urteil vom 21.11.2023 – VII R 11/20; NWB