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An- und Verkauf von Forderungen als gewerbliche Tätigkeit

Der An- und Verkauf nicht werthaltiger Darlehensforderungen stellt nur dann eine gewerbliche Tätigkeit dar, die der Gewerbesteuerpflicht unterliegt, wenn es sich nicht mehr um eine private Vermögensverwaltung handelt. Die für die Gewerblichkeit erforderliche Nachhaltigkeit, d.h. Wiederholungsabsicht, ist insbesondere beim Erwerb der Forderungen zu prüfen, nicht bei der späteren Verwertung der nicht werthaltigen Forderungen.

Hintergrund: Nutzt ein Steuerpflichtiger die Substanz von Wirtschaftsgütern, die zu seinem Privatvermögen gehören (z.B. Immobilien oder Forderungen), kann dies eine private Vermögensverwaltung sein, die nur im Rahmen der Spekulationsfrist steuerlich beachtlich ist, oder aber eine gewerbliche Tätigkeit, die grds. der Gewerbesteuer unterliegt. Eine gewerbliche Tätigkeit setzt eine selbständige nachhaltige Betätigung voraus, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und mit der sich der Steuerpflichtige am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG, die nicht bereits aufgrund einer sog. gewerblichen Prägung gewerbesteuerpflichtig war; Geschäftsführer war nämlich ein Kommanditist. Die Klägerin hatte weder eigene Büroräume noch eigene Angestellte. Die Klägerin erwarb in den Jahren 2004 bis 2006 mit sechs Verträgen nicht werthaltige Darlehensforderungen zu einem Gesamtkaufpreis von insgesamt 2,05 Mio. €; dabei erlangte die Klägerin auch die von den Schuldnern gestellten Sicherheiten. Im Streitjahr 2008 erhielt die Klägerin 3,29 Mio. € aus der Verwertung einer Sicherheit; sie hatte die Verwertung jedoch nicht aktiv betrieben. Das Finanzamt ging von gewerblichen Einkünften aus und erließ einen Gewerbesteuermessbescheid.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verneinte eine Gewerbesteuerpflicht und gab der Klage statt:

  • Die Klägerin war nicht gewerblich tätig. Zwar war sie nachhaltig tätig, also mit Wiederholungsabsicht. Sie hat aber nicht die Grenze der privaten Vermögensverwaltung überschritten.
  • Bei einem Forderungskäufer ist von einer nachhaltigen Tätigkeit auszugehen, wenn er mit mindestens zwei getrennten Erwerbsgeschäften Forderungen erwirbt. Denn dann handelt es sich nicht nur um eine einmalige Tätigkeit. Bei der Nachhaltigkeit kommt es auf die Erwerbsseite an und nicht auf die Absatzseite; der Ankauf der Forderung ist nämlich die entscheidende Tätigkeit eines Forderungsverwerters, nicht aber die spätere Einziehung der Forderung oder Verwertung der Sicherheit. Im Streitfall hat die Klägerin die Forderungen durch insgesamt sechs Verträge erworben und war damit nachhaltig tätig.
  • Die Tätigkeit der Klägerin überschritt jedoch nicht den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung, da sie nicht mit Forderungen gehandelt hat. Sie ist auch nicht als gewerblicher Dienstleister für andere tätig geworden. Weiterhin ist die Klägerin auch nicht wie ein Inkassounternehmen aufgetreten. Sie hat sich also nicht aktiv um eine Forderungsrealisierung bemüht. Schließlich hat die Klägerin weder Arbeitnehmer beschäftigt noch über eigene Büroräume verfügt.
  • Zwar hat die Klägerin hohe finanzielle Mittel für den Forderungserwerb eingesetzt. Allein hohe finanzielle Mittel sprechen aber nicht gegen eine private Vermögensverwaltung, da es auch bei Kapitalanlagen in der privaten Sphäre zu hohen Investitionen kommen kann, etwa beim Ankauf von Immobilien oder Aktien.

Hinweise: Hätte die Klägerin mehrere Forderungen in nur einem einzigen Vertrag erworben, wäre dies nicht nachhaltig gewesen, weil es sich dann nur um einen einzigen Erwerbsvorgang gehandelt hätte. Etwas anderes hätte gegolten, wenn die Klägerin über eine besondere Büroorganisation oder über Personal verfügt hätte; in diesem Fall wäre es aber vermutlich unwahrscheinlich gewesen, dass sich die Klägerin auf nur einen Erwerbsvorgang beschränkt hätte.

Bei der Prüfung der Nachhaltigkeit kommt es – anders als im Streitfall – dann auf die Absatzseite an, wenn der Steuerpflichtige Sachwerte verkauft. Die Klägerin hat die Forderungen jedoch nicht verkauft, sondern sie hat sich auf den Einzug von Forderungen sowie auf die Verwertung von Sicherheiten beschränkt.

Quelle: BFH, Urteil vom 30.11.2023 – IV R 10/21; NWB

Beginn der Gewerbesteuerpflicht eines gewerblichen Grundstückshändlers

Die Gewerbesteuerpflicht eines gewerblichen Grundstückshändlers beginnt frühestens mit dem Abschluss eines wirksamen Kaufvertrags über die erste Immobilie. Denn erst dann kann er seine Leistung, d.h. Grundstücke, am Markt anbieten. Die vor dem Kauf liegende Tätigkeit ist als bloße Vorbereitungshandlung anzusehen, so dass ein aus den Vorbereitungshandlungen resultierender Verlust gewerbesteuerlich unbeachtlich ist und nicht mit späteren Gewinnen verrechnet werden kann.

Hintergrund: Die sachliche Gewerbesteuerpflicht eines Gewerbebetriebs beginnt, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen eines originär gewerblichen oder eines kraft Gesetzes als gewerblich angesehenen Gewerbebetriebs erfüllt sind. Eine originär gewerbliche Tätigkeit ist z.B. der Verkauf von Waren. Neben der originär gewerblichen Tätigkeit gibt es auch eine fingierte bzw. fiktive gewerbliche Tätigkeit, wenn z.B. eine vermögensverwaltende (z.B. vermietende) GmbH & Co. KG als Komplementärin eine beschränkt haftende GmbH oder AG hat und nur diese geschäftsführungsbefugt ist; man spricht dann von einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG.

Streitfall: Die Klägerin war eine KG, deren Komplementärin eine AG war, die auch geschäftsführungsbefugt war. Die KG wurde im Januar 2011 gegründet und war im Grundstückshandel tätig. Außerdem war im Gesellschaftsvertrag geregelt, dass die Klägerin zur Finanzierung ihres Gesellschaftszwecks Genussrechtskapital in einer bestimmten Höhe aufnimmt. Die Klägerin hatte ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1.6. bis zum 31.5. eines Jahres. Im Juni 2012 schloss die Klägerin ihren ersten Grundstückskaufvertrag ab. Hierfür war sie bereits seit März 2012 aktiv geworden und hatte sich im März 2012 von einem beauftragten Maklerbüro Exposés zusenden lassen, im April 2012 das Grundstück besichtigt und im Mai 2012 den notariellen Kaufvertragsentwurf erhalten. In ihrer Gewerbesteuererklärung für das Wirtschaftsjahr vom 1.6.2011 bis zum 31.5.2012 erklärte die Klägerin einen Verlust in Höhe von ca. 1 Mio. €. Der Verlust war insbesondere durch die Emission von Genussrechten entstanden, z.B. durch Druck- und Prospektkosten sowie Vertriebskosten. Das Finanzamt erkannte den Verlust nicht an und begründete dies damit, dass die Gewerbesteuerpflicht erst im Wirtschaftsjahr 2012/2013 (vom 1.6.2012 bis 31.5.2013) begonnen habe.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Die sachliche Gewerbesteuerpflicht beginnt mit der Aufnahme der sog. werbenden Tätigkeit. Der Unternehmer muss also seine Leistungen am Markt anbieten, z.B. sein Ladenlokal öffnen und die Waren verkaufen.
  • Hingegen genügen Vorbereitungshandlungen noch nicht für die Gewerbesteuerpflicht. Denn sie ermöglichen dem Steuerpflichtigen nicht, seine Leistung am Markt anzubieten. Zu den Vorbereitungshandlungen gehören etwa die Beauftragung des Maklers oder die Besichtigung des Objekts.
  • Die Klägerin ist im Wirtschaftsjahr vom 1.6.2011 bis zum 31.5.2012 lediglich vorbereitend tätig geworden, da sie das erste Grundstück erst im Juni 2012 gekauft hat. Damit begann ihre sachliche Gewerbesteuerpflicht erst im Juni 2012. Im Wirtschaftsjahr vom 1.6.2011 bis 31.5.2012 hat sie lediglich Vorbereitungshandlungen durchgeführt, z. B. den Makler beauftragt oder das Grundstück besichtigt. Auch die Ausgabe von Genussrechten war keine werbende Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Verkauf von Grundstücken. Zwar war die Aufnahme von Genussrechtskapital im Gesellschaftsvertrag geregelt, aber es war nicht der Gesellschaftszweck.

Hinweise: Das Urteil hat zur Folge, dass der von der Klägerin erzielte Verlust des Wirtschaftsjahres 2011/2012 gewerbesteuerlich verloren ist und nicht mit künftigen Gewinnen verrechnet werden kann. Vorteilhaft wäre das Urteil des BFH für die Klägerin aber dann gewesen, wenn sie im Wirtschaftsjahr 2011/2012 einen Gewinn erzielt hätte; denn dieser wäre dann nicht gewerbesteuerpflichtig gewesen. In der Praxis ist allerdings zu berücksichtigen, dass aus Vorbereitungshandlungen regelmäßig Verluste und nicht Gewinne entstehen.

Die hier dargestellten Grundsätze zum Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht gelten für Einzelgewerbetreibende wie auch für originär gewerblich tätige Personengesellschaften. Anders ist dies bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, die nur eine vermögensverwaltende Tätigkeit wie z.B. eine Vermietung ausübt. Hier kommt es für den Beginn des Gewerbebetriebs grundsätzlich auf die Aufnahme der vermögensverwaltenden Tätigkeit, also z.B. die Vermietung, an. Die Klägerin war zwar auch gewerblich geprägt; sie war aber als Grundstückshändlerin in erster Linie originär gewerblich tätig, so dass es auf ihre gewerbliche Prägung nicht ankam.

Quelle: BFH, Urteil v. 1.9.2022 – IV R 13/20; NWB