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Entstehung der Umsatzsteuer bei einnahmenabhängiger Ratenzahlung

Die Umsatzsteuer entsteht mit der Ausführung der Leistung, und zwar auch dann, wenn eine Ratenzahlung vereinbart wird und die Raten nur insoweit fällig sind, als der Schuldner Einnahmen erzielt. Eine Berichtigung der Umsatzsteuer zugunsten des leistenden Unternehmers wegen Uneinbringlichkeit des Entgelts ist bei der Vereinbarung einnahmeabhängiger Raten nicht möglich, weil das ausstehende Entgelt noch nicht fällig ist.

Hintergrund: Nach dem Gesetz entsteht die Umsatzsteuer im Rahmen der sog. Soll-Versteuerung mit der Ausführung der Leistung. Werden Teilleistungen erbracht, indem für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung ein Entgelt gesondert vereinbart wird, entsteht die Umsatzsteuer mit der Ausführung der jeweiligen Teilleistung. Soweit ein Entgelt für eine ausgeführte Leistung bzw. Teilleistung uneinbringlich wird, kann der Unternehmer die Umsatzsteuer zu seinen Gunsten berichtigen.

Sachverhalt: Die Klägerin versteuerte ihre Umsätze nach der Soll-Versteuerung. Sie verpflichtete sich im November 2011 vertraglich gegenüber der A-GmbH zur Errichtung einer Photovoltaikanlage. Das Gesamtentgelt betrug 1.258.000 € zzgl. Umsatzsteuer. Die Klägerin und die A-GmbH vereinbarten im Vertrag eine Ratenzahlung: So sollten 450.000 € nach der Montage aller Module fällig sein, ein weiterer Teilbetrag von 450.000 € nach der Installation der Wechselrichterstation und die restlichen 358.000 € nach Ablauf eines zehnmonatigen Probebetriebs. Allerdings sollten die Raten nur insoweit fällig werden, als die A-GmbH die Raten aus den laufenden Einnahmen der Stromeinspeisung begleichen konnte. Die A-GmbH zahlte im Jahr 2011 nach der Montage aller Module einen Betrag von 77.350 € brutto (netto 65.000 €). Im Jahr 2012 zahlte die A-GmbH einen weiteren Betrag von 61.880 € brutto (netto 52.000 €). Die Klägerin meldete für die Streitjahre 2011 und 2012 nur den jeweiligen Nettobetrag in ihren Umsatzsteuererklärungen an. Das Finanzamt setzte hingegen für 2011 einen Umsatz von 450.000 € und für 2012 einen Umsatz von 808.000 € (450.000 € + 358.000 €) an.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Die Umsatzsteuer war mit der Ausführung der jeweiligen Teilleistungen entstanden, da die Klägerin und die A-GmbH Teilleistungen vereinbart hatten. Im Jahr 2011 hatte die Klägerin die Montageleistung ausgeführt, so dass für 2011 ein Entgelt von 450.000 € anzusetzen war. Im Jahr 2012 hatte die Klägerin die Installation durchgeführt und den Probebetrieb abgeschlossen. Zwar ist nicht zweifelsfrei, ob der Probebetrieb eine Teilleistung gewesen ist; sofern dies aber zu verneinen sein sollte, wäre das Entgelt für den Probebetrieb (358.000 €) als Zusatzentgelt für die Installation anzusehen.
  • Eine Berichtigung der Umsatzsteuer zugunsten der Klägerin wegen Uneinbringlichkeit des Entgelts war nicht möglich. Die Uneinbringlichkeit setzt zunächst voraus, dass ein fälliges Entgelt nicht bezahlt wird. Aufgrund der einnahmeabhängig ausgestalteten Ratenzahlung waren die ausstehenden Ratenzahlungen aber in den Streitjahren noch gar nicht fällig, so dass keine Uneinbringlichkeit anzunehmen war.

Hinweise: Der BFH hält an seiner aktuellen Rechtsprechung fest, nach der die Umsatzsteuer auch bei der Vereinbarung von Ratenzahlungen mit der Ausführung der Leistung entsteht. Dies gilt auch bei Teilleistungen und auch bei der Vereinbarung einnahmeabhängiger Raten.

Die Rechtsprechung führt dazu, dass der Unternehmer bei der Soll-Versteuerung die Umsatzsteuer faktisch vorfinanzieren muss, wenn der Vertragspartner nicht sogleich bezahlt. Der BFH sieht hierin keinen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des europäischen Umsatzsteuerrechts.

Bei der Ist-Versteuerung droht zwar keine Vorfinanzierung der Umsatzsteuer, weil diese erst dann entsteht, wenn der Vertragspartner zahlt; allerdings ist die Ist-Versteuerung nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, z.B. wenn der Umsatz im Vorjahr nicht höher als 600.000 € war oder wenn der Unternehmer Freiberufler ist.

Quelle: BFH, Beschluss v. 28.9.2022 – XI R 28/20; NWB