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Übergang von der Einnahmen-Überschussrechnung zur Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen für Land- und Forstwirte

Zwar kann ein Forst- und Landwirt von der Einnahmen-Überschussrechnung zur Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen wechseln. Hierbei ist jedoch ein Übergangsgewinn zu ermitteln, damit sichergestellt wird, dass zum einen kein Geschäftsvorfall doppelt erfasst und zum anderen jeder Geschäftsvorfall wenigstens einmal erfasst wird. Ein Übergangsgewinn braucht nur insoweit nicht ermittelt zu werden, als im Rahmen der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen die Zufluss- und Abflussgrundsätze der Einnahmen-Überschussrechnung fortgelten.

Hintergrund: Für die Gewinnermittlung gibt es unterschiedliche Methoden wie z.B. die Bilanzierung, bei der der Gewinn periodengerecht ermittelt wird, oder die Einnahmen-Überschussrechnung, bei der es auf den Zufluss der Einnahmen bzw. auf den Abfluss der Ausgaben ankommt. Land- und Forstwirte, die nicht bilanzierungspflichtig sind und einen kleineren Betrieb unterhalten, haben zudem die Möglichkeit, ihren Gewinn nach Durchschnittssätzen zu ermitteln. Dabei wird der Gewinn nach gesetzlich festgelegten durchschnittlichen Werten bemessen, so dass nicht der tatsächlich erzielte Gewinn, sondern ein niedrigerer Betrag besteuert wird.

Sachverhalt: Der Kläger war Landwirt mit einem abweichenden Wirtschaftsjahr vom 1.7. bis 30.6. Er ermittelte seinen Gewinn für das Wirtschaftsjahr 2015/2016 vom 1.7.2015 bis 30.6.2016 durch Einnahmen-Überschussrechnung. Für das folgende Wirtschaftsjahr 2016/2017 vom 1.7.2016 bis 30.6.2017 stellte er auf die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen um. Das Finanzamt ermittelte einen Übergangsgewinn in Höhe von ca. 16.000 € und setzte es zur Hälfte im Streitjahr 2016 an. Der Kläger wehrte sich gegen den Ansatz eines Übergangsgewinns.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Ein Übergangsgewinn ist zu ermitteln, wenn die Gewinnermittlung gewechselt wird. Denn durch den Übergangsgewinn wird sichergestellt, dass sich jeder Geschäftsvorfall zumindest einmal auswirkt, aber sich kein Geschäftsvorfall doppelt auswirkt.
  • Diese Gefahr einer Nichterfassung bzw. Doppelerfassung besteht beim Wechsel von der Einnahmen-Überschussrechnung zur Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen. Bei der Einnahmen-Überschussrechnung gilt nämlich das Zufluss- und Abflussprinzip, während die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen einem typisierten Betriebsvermögensvergleich entspricht, also einer Bilanz ähnelt, bei der es nicht auf den Zufluss und Abfluss ankommt.
  • Ein Übergangsgewinn ist insoweit nicht zu ermitteln, als für Teilbereiche der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen die Zufluss- und Abflussgrundsätze der Einnahmen-Überschussrechnung fortgelten.

Hinweise: Der BFH folgt mit seinem Urteil der Auffassung der Finanzverwaltung. Kommt es beim Wechsel von der Einnahmen-Überschussrechnung zu einem Übergangsgewinn, kann dieser auf Antrag auf zwei oder drei Jahre verteilt werden.

Ein Übergangsgewinn ist auch beim umgekehrten Wechsel von der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen zur Einnahmen-Überschussrechnung zu ermitteln. Der Übergangsgewinn kann auch negativ sein, so dass ein Verlust berücksichtigt wird.

Beim Wechsel von der Einnahmen-Überschussrechnung zur Bilanzierung wird z.B. der Forderungsbestand im Übergangsgewinn erfasst. Denn aufgrund des Zuflussprinzips haben sich Forderungen bei der Einnahmen-Überschussrechnung bislang nicht gewinnerhöhend ausgewirkt, und bei der nachfolgenden Bilanzierung erfolgt die Bezahlung von Forderungen gewinnneutral. Durch den Übergangsgewinn wird also sichergestellt, dass die Forderungen wenigstens einmal gewinnwirksam erfasst werden. Umgekehrt mindern Verbindlichkeiten den Übergangsgewinn beim Wechsel von der Einnahmen-Überschussrechnung zur Bilanzierung.

Quelle: BFH, Urteil v. 23.11.2022 – VI R 31/20; NWB

Beschränkung des Schuldzinsenabzugs bei der Einnahmen-Überschussrechnung

Die gesetzliche Beschränkung des Schuldzinsenabzugs setzt nicht nur bei der Bilanzierung, sondern auch bei der Einnahmen-Überschussrechnung eine periodenübergreifende Ermittlung der Überentnahmen voraus. Der sich danach ergebende Überentnahmebetrag ist bei der Einnahmen-Überschussrechnung nicht auf ein vereinfacht ermitteltes negatives Kapitalkonto zu begrenzen.

Hintergrund: Betrieblich veranlasste Schuldzinsen sind nur eingeschränkt als Betriebsausgaben absetzbar. Die Abzugsbeschränkung greift, falls der Unternehmer sog. Überentnahmen getätigt hat, d.h. mehr Entnahmen getätigt hat, als er an Gewinn erzielt und an Einlagen erbracht hat. Bei der Bilanzierung werden die Überentnahmen seit dem 1.1.1999 periodenübergreifend ermittelt, so dass die seit diesem Zeitpunkt ermittelten Gewinne und getätigten Einlagen und Entnahmen saldiert werden.

Streitfall: Der Kläger war Architekt und ermittelte seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung. Er hatte in den drei Streitjahren 2010, 2011 und 2013 betriebliche Zinsen aufgewendet. Zum 31.12.2009 ergab sich ein Überentnahmesaldo von mehr als 130.000 € zulasten des Klägers. Im Streitjahr 2010 ergab sich für den Kläger ein Einlagenüberhang zu seinen Gunsten von ca. 19.000 € und im Streitjahr 2013 ein Einlageüberhang von ca. 36.000 €. Im weiteren Streitjahr 2011 hatte der Kläger jedoch Überentnahmen von ca. 58.000 € getätigt. Das Finanzamt beschränkte in den drei Jahren 2010, 2011 und 2013 den abziehbaren Zinsaufwand. Hiergegen wandte sich der Kläger.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies seine Klage ab:

  • Die Voraussetzungen für die Beschränkung des Zinsaufwands lagen vor. Denn der Kläger hatte Überentnahmen getätigt. Dabei kommt es nicht auf die Überentnahmen in den jeweiligen Streitjahren an, sondern auf den Saldo aus Gewinn, Einlagen und Entnahmen seit dem 1.1.1999. Ob Überentnahmen vorliegen, wird nämlich periodenübergreifend ermittelt. Die Zinsen sind also auch nur dann beschränkt abziehbar, wenn im Wirtschaftsjahr selbst keine Überentnahmen getätigt wurden, jedoch ein Überentnahme-Saldo aus den Vorjahren vorhanden ist, der höher ist als der Gewinn und die Einlagen des laufenden Wirtschaftsjahres.
  • Der Grundsatz der periodenübergreifenden Ermittlung gilt nicht nur bei der Bilanzierung, sondern auch bei der Einnahmen-Überschussrechnung. Die gesetzliche Beschränkung des abziehbaren Zinsaufwands ist nämlich nach dem Gesetz sinngemäß auch auf die Einnahmen-Überschussrechnung anwendbar.
  • Entgegen der Auffassung des Klägers kann der Überentnahmebetrag nicht auf ein – vereinfacht ermitteltes – negatives Eigenkapital begrenzt werden. Die Ermittlung eines derartigen Eigenkapitals wäre mit dem Vereinfachungszweck der Einnahmen-Überschussrechnung und der gesetzlichen Abzugsbeschränkung nicht zu vereinbaren.

Hinweise: Der BFH macht deutlich, dass ein Einnahme-Überschussrechner bei der Ermittlung des abziehbaren Zinsaufwands ebenso den Grundsatz der periodenübergreifenden Ermittlung der Überentnahmen beachten muss wie ein Bilanzierer. Zwar kann der abziehbare Zinsaufwand eines Einnahmen-Überschussrechners von dem abziehbaren Zinsaufwand eines Bilanzierers abweichen; dies ergibt sich aber schon daraus, dass der Gewinn, der den Überentnahme-Saldo beeinflusst, anders ermittelt wird.

Eine Begrenzung des Überentnahmebetrags auf einen fiktiven negativen Eigenkapitalbetrag lehnt der BFH bei der Einnahmen-Überschussrechnung ab. Denn dies würde die Erstellung einer „Schattenbilanz“ verlangen und damit zu einer weiteren Verkomplizierung führen.

Die gesetzliche Abzugsbeschränkung für Zinsen gilt nicht für sog. Investitionszinsen, d.h. Zinsen für die Finanzierung von Anlagevermögen.

Quelle: BFH, Urteil v. 17.5.2022 – VIII R 38/18; NWB