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Einlage einer wesentlichen GmbH-Beteiligung und anschließende Einlagenrückgewähr

Die Einlage einer wesentlichen GmbH-Beteiligung in das Betriebsvermögen hat stets mit den Anschaffungskosten zu erfolgen und nicht mit dem Teilwert. Die Anschaffungskosten und damit der Einlagewert sind um Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto (sog. Einlagenrückgewähr) zu mindern, die vor der Einlage erfolgt sind. Übersteigen Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto nach der Einlage den Einlagewert, führt der überschießende Betrag zu gewerblichen Einkünften.

Hintergrund: Eine wesentliche Beteiligung an einer GmbH besteht nach der aktuellen Gesetzeslage ab einer Beteiligung von 1 %. Früher war die Wesentlichkeitsgrenze höher, nämlich bei 10 % und zuvor sogar bei 25 %. Nach dem Gesetz ist eine wesentliche Beteiligung an einer GmbH nicht mit dem Teilwert, sondern höchstens mit den Anschaffungskosten vorzunehmen.

Streitfall: Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG, die bilanzierte und deren alleiniger Kommanditist der A war. A war außerdem seit 1991 an der B-GmbH beteiligt. Ursprünglich betrug seine Beteiligung nur ca. 20 % und lag damit unterhalb der damals geltenden Grenze für wesentliche Beteiligungen von 25 %. Bis 1997 tätigte die B-GmbH steuerfreie Ausschüttungen aus dem früheren sog. EK 04. 1998 erhöhte A seine Beteiligung an der B-GmbH auf 30 %, so dass er nun wesentlich beteiligt war. Im Dezember 2004 legte er seine Beteiligung in das Betriebsvermögen der Klägerin ein. Nach der Einlage nahm die B-GmbH Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto in Höhe von ca. 640.000 € im Jahr 2005 und in Höhe von ca. 30.000 € im Jahr 2007 vor. Das Finanzamt ging von einem Einlagewert im Jahr 2004 von ca. 327.000 € aus. Soweit die Ausschüttungen in Höhe von 640.000 € und 30.000 € diesen Einlagewert der Beteiligung überstiegen, nämlich in Höhe von 343.000 €, setzte das Finanzamt gewerbliche Beteiligungserträge bei der Klägerin an.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Die Einlage der wesentlichen Beteiligung an der B-GmbH im Jahr 2004 musste nach dem Gesetz mit den Anschaffungskosten bewertet werden und nicht mit dem Teilwert. Auf diese Weise sollen auch die Wertsteigerungen, die vor der Einlage im Privatvermögen eingetreten sind, steuerlich erfasst werden, weil bei einem späteren Verkauf die Anschaffungskosten vom Veräußerungserlös abgezogen werden.
  • Die ursprünglichen Anschaffungskosten, die der A aufgewandt hat, um zunächst 20 % zu erwerben und dann auf 30 % aufzustocken, waren um die vor der Einlage, nämlich bis 1997, erfolgten steuerfreien Ausschüttungen aus dem sog. EK 04 zu mindern. Dementsprechend fiel der Einlagewert niedrig aus und war nur mit 327.000 € zu bewerten.
  • Die nach der Einlage erfolgten Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto waren – anders als Gewinnausschüttungen – zwar grundsätzlich steuerfrei, weil lediglich Einlagen zurückgezahlt wurden. Dies gilt aber nur, soweit der Buchwert der Beteiligung von 327.000 € nicht überschritten wird. Soweit hingegen die Ausschüttungen darüber hinaus gingen, waren sie als betriebliche Beteiligungserträge zu erfassen. Insgesamt sind Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto in Höhe von 670.000 € erfolgt, so dass der Buchwert von 327.000 € um 343.000 € überschritten wurde. Dies führte im Jahr 2005 zu einem Beteiligungsertrag von 313.000 € (327.000 € Buchwert minus 640.000 € Ausschüttungen) und im Jahr 2007 zu einem Beteiligungsertrag von 30.000 €, da der Buchwert bereits aufgebraucht war.

Hinweise: Der Fall ist sehr komplex, weil sich im Zeitraum von 1991 bis zum letzten Streitjahr 2007 die Rechtslage mehrfach geändert hat. Für die Klägerin wurde es zum Problem, dass sie insgesamt zu viel aus dem EK 04 und dem steuerlichen Einlagekonto ausgeschüttet hat und damit die Anschaffungskosten gemindert und schließlich aufgebraucht und überschritten hat.

In der Praxis ist zu beachten, dass eine wesentliche GmbH-Beteiligung stets mit den Anschaffungskosten eingelegt wird, und zwar nach der Rechtsprechung des BFH auch dann, wenn der Teilwert im Zeitpunkt der Einlage unter die Anschaffungskosten gesunken ist. Auf diese Weise sollen auch Wertminderungen, die vor der Einlage eingetreten sind und die sich ohne Einlage in das Betriebsvermögen bei einer Veräußerung der Beteiligung im Privatvermögen ausgewirkt hätten, steuerlich erfasst werden.

Quelle: BFH, Urteil v. 30.6.2022 – IV R 19/18; NWB

Kapitalertragsteuer bei missglückter Einlagenrückgewähr

Erfüllt eine Einlagenrückgewähr an den Gesellschafter einer GmbH nicht die formellen gesetzlichen Anforderungen, weil die GmbH die erforderliche Bescheinigung nicht erteilt hat, handelt es sich um eine Ausschüttung, für die Kapitalertragsteuer einzubehalten und abzuführen ist. Unterbleibt dies, kann das Finanzamt einen Nacherhebungsbescheid gegenüber der GmbH erlassen.

Hintergrund: Die Ausschüttung einer Kapitalgesellschaft an ihre Anteilseigner führt bei den Anteilseignern zu steuerpflichtigen Kapitaleinkünften. Die Kapitalgesellschaft muss auf die Ausschüttung Kapitalertragsteuer einbehalten, anmelden und abführen. Anders ist dies bei einer sog. Einlagenrückgewähr, d.h. bei der Rückzahlung von Einlagen, die der Anteilseigner in einem früheren Jahr geleistet hat; diese können grundsätzlich steuerfrei zurückgewährt werden. Allerdings sind hierfür bestimmte formelle Anforderungen zu beachten. So muss die Kapitalgesellschaft eine Bescheinigung über die Einlagenrückgewähr, die Angaben zum Anteilseigner, zur Höhe der Einlagenrückgewähr und zum Tag enthält, ausstellen. Außerdem darf kein ausschüttbarer Gewinn vorhanden sein.

Streitfall: Die Klägerin war die A-GmbH, deren Alleingesellschafterin die Stadt A war. Die A-GmbH verfügte über eine Kapitalrücklage. Am 27.7.2010 beschloss die Gesellschafterversammlung eine Ausschüttung von 5 Mio. € aus der Kapitalrücklage an die A; ein ausschüttbarer Gewinn war nicht vorhanden. Am 28.7.2010 zahlte die Klägerin den Betrag von 5 Mio. € an die A, ohne Kapitalertragsteuer einzubehalten oder abzuführen; denn die Klägerin ging von einer steuerfreien Einlagenrückgewähr aus. Eine Bescheinigung über die Einlagenrückgewähr stellte die Klägerin nicht aus. In ihrer Feststellungserklärung für das steuerliche Einlagekonto erklärte sie auch keine Minderung des Einlagekontos. Das Finanzamt ging von einer steuerpflichtigen Ausschüttung aus und erließ einen Nacherhebungsbescheid über Kapitalertragsteuer in Höhe von 750.000 € und Solidaritätszuschlag in Höhe von 41.250 €.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt den Nacherhebungsbescheid für rechtmäßig und wies die Klage ab:

  • Eine steuerfreie Einlagenrückgewähr der Klägerin an die A lag nicht vor, da die erforderliche Bescheinigung über die Einlagenrückgewähr nicht bis zum Tag der Bekanntgabe des Feststellungsbescheids ausgestellt wurde. Außerdem wurde im Bescheid über das steuerliche Einlagekonto zum 31.12.2010 keine Verwendung (Minderung) des Einlagekontos festgestellt.
  • Mangels Bescheinigung fingiert das Gesetz eine Einlagenrückgewähr mit der Bekanntgabe des Feststellungsbescheids zum steuerlichen Einlagekonto in Höhe von 0 €. Somit lag ein Ausschüttungsertrag vor, der am 28.7.2010 und nicht erst mit der Bekanntgabe des gesonderten Feststellungsbescheids entstanden ist.
  • Der Nacherhebungsbescheid setzt ein Verschulden der Klägerin voraus, da mit der Nacherhebung ein Haftungsanspruch geltend gemacht wurde und Haftung ein Verschulden erfordert. Dieses Verschulden war zu bejahen, da die Klägerin grob fahrlässig gehandelt hat. Denn nach der Auszahlung hätte die Geschäftsführung der Klägerin prüfen müssen, ob sie die Bescheinigung über die Einlagenrückgewähr erteilt hat und deshalb eine Pflicht zur Einbehaltung, Anmeldung und Abführung der Kapitalertragsteuer entfallen ist; ohne Bescheinigung hätte sie Kapitalertragsteuer einbehalten, anmelden und abführen müssen.

Hinweise: An sich hätte die Klägerin eine steuerfreie Einlagenrückgewähr vornehmen können, weil sie über eine ausreichend hohe Kapitalrücklage verfügte und kein ausschüttbarer Gewinn vorhanden war. Allerdings hätte sie hierzu in der Feststellungserklärung für das steuerliche Einlagekonto einen Abgang aus dem Einlagekonto erklären müssen und die Bescheinigung über die Einlagenrückgewähr spätestens bis zum Tag der Bekanntgabe des Feststellungsbescheids über das steuerliche Einlagekonto ausstellen müssen. Dies war nicht geschehen, so dass aus einer an sich steuerfreien Einlagenrückgewähr eine steuerpflichtige Ausschüttung wurde.

Da das steuerliche Einlagekonto mangels Bescheinigung nicht gemindert wurde, verfügt die Klägerin noch über ein entsprechend hohes steuerliches Einlagekonto und kann in einem Folgejahr eine steuerfreie Einlagenrückgewähr vornehmen, sofern kein ausschüttbarer Gewinn vorhanden ist und die formellen Anforderungen wie z.B. die Bescheinigung über die Einlagenrückgewähr erfüllt werden.

Quelle: BFH, Urteil v. 17.5.2022 – VIII R 14/18; NWB