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Keine Umsatzsteuer auf dezentral verbrauchten Strom eines Blockheizkraftwerks

Der nicht eingespeiste, sondern dezentral verbrauchte Strom eines Blockheizkraftwerks, für den ein sog. Kraft-Wärme-Kopplungszuschlag gezahlt wird, unterliegt nicht der Umsatzsteuer. Der vom Anlagenbetreiber erzeugte und dezentral verbrauchte Strom wird nämlich nicht an den Betreiber des Stromnetzes geliefert und an den Anlagenbetreiber zurückgeliefert.

Hintergrund: Leistungen eines Unternehmers gegen Entgelt unterliegen der Umsatzsteuer.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine gemeinnützige Anstalt des öffentlichen Rechts und Alleingesellschafterin der A-GmbH. Die Klägerin verpachtete ein Blockheizkraftwerk (BHKW) an die A-GmbH und vereinbarte mit ihr, dass die A-GmbH den mit dem BHKW erzeugten Strom an die Klägerin und an Dritte überlassen sollte. Die Klägerin verbrauchte den im BHKW erzeugten Strom nahezu vollständig selbst (sog. dezentraler Verbrauch) und speiste ihn nicht in das Stromnetz ein. Für den dezentral verbrauchten Strom stellte die Klägerin dem Stromnetzbetreiber im Jahr 2010 einen sog. KWK-Zuschlag (nach dem sog. Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz) zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der dezentral verbrauchte Strom fiktiv in das Stromnetz eingespeist und vom Stromnetzbetreiber wieder an den Anlagenbetreiber geliefert worden sei, so dass Umsatzsteuer entstehe.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage im Grundsatz statt:

  • Die Umsatzsteuerbarkeit setzt eine Lieferung oder sonstige Leistung voraus. Eine tatsächliche Lieferung ist nicht erfolgt. Denn hierfür fehlt es an der Verschaffung der Verfügungsmacht zugunsten des Stromnetzbetreibers; der Stromnetzbetreiber hat nämlich nie die Verfügungsmacht an dem durch das BKHW produzierten Strom erlangt.
  • Eine Stromlieferung kann auch nicht fingiert werden. Zwar hat die Klägerin einen KWK-Zuschlag erhalten. Hieraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass der Zuschlagzahler eine Lieferung oder sonstige Leistung empfangen hat.

Hinweise: In gleicher Weise hat vor kurzem ein anderer Umsatzsteuer-Senat des BFH entschieden, so dass nunmehr beide Umsatzsteuersenate den Klagen stattgegeben haben und der Verwaltungsauffassung widersprechen. Die Finanzverwaltung geht von einer fiktiven Stromlieferung aus, wenn ein sog. KWK-Zuschlag in Anspruch genommen worden ist.

Der BFH hat die Sache allerdings aus anderen Gründen an das Finanzgericht (FG) zurückverwiesen. Die Klägerin ging von einer umsatzsteuerlichen Organschaft zwischen ihr als Organträgerin und der A-GmbH als Organgesellschaft aus. Aufgrund der umsatzsteuerlichen Problematik im Bereich der Organschaft muss das FG nun prüfen, ob die A-GmbH als Organgesellschaft Umsätze an die Klägerin erbracht hat, die umsatzsteuerbar sein könnten und für die die Klägerin die Umsatzsteuer abführen müsste.

Quelle: BFH, Urteil v. 11.5.2023 – V R 22/21; NWB

Umsatzsteuer bei unentgeltlicher Wärmeabgabe aus dem Betrieb eines Blockheizkraftwerks

Wird beim Betrieb eines Blockheizkraftwerks ein Teil der produzierten Wärme unentgeltlich abgegeben, muss auf diese unentgeltliche Wertabgabe Umsatzsteuer abgeführt werden. Hierfür sind die Selbstkosten anzusetzen, wenn es mangels Anschlusses an das Fernwärmenetz keinen Einkaufspreis gibt, und auf den Strom und auf die Wärme aufzuteilen. Diese Aufteilung hat nicht nach der in kWh erzeugten Menge an elektrischer und thermischer Energie zu erfolgen, sondern nach den Markwerten für den Strom und für die Wärme.

Hintergrund: Grundsätzlich bemisst sich die Umsatzsteuer nach dem Entgelt. Bei einer unentgeltlichen Wertabgabe gibt es aber kein Entgelt, so dass nach dem Gesetz der Einkaufspreis anzusetzen ist oder – falls es keinen Einkaufspreis gibt – die Selbstkosten.

Streitfall: Der Kläger produzierte mit einem Blockheizkraftwerk Strom und Wärme und speiste den Strom gegen Entgelt in das Netz ein. Gegenüber der Gemeinde verpflichtete sich der Kläger zur unentgeltlichen Abgabe der von ihm produzierten Wärme an verschiedene Gemeindeobjekte wie z.B. die Feuerwehr oder das Pfarrhaus. Dies ermöglichte dem Kläger die Erlangung eines sog. KMK-Bonus. Das Finanzamt unterwarf die unentgeltliche Abgabe der Wärme der Umsatzsteuer. Hierzu teilte es die Selbstkosten des Klägers nach der Gesamtmenge des gelieferten Stroms und der erzeugten Wärme in kWh auf und begrenzte die sich für die Wärme ergebenden Selbstkosten auf den niedrigeren Fernwärmepreis. Auf diese Weise gelangte das Finanzamt in den Streitjahren 2010 bis 2013 zu unentgeltlichen Wertabgaben von ca. 100.000 € bis 150.000 € jährlich. Der Kläger hielt diese Bemessungsgrundlagen für zu hoch.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage im Grundsatz statt, verwies die Sache aber zur weiteren Berechnung an das Finanzgericht (FG) zurück:

  • Die unentgeltliche Abgabe von Wärme an die Gemeinde unterliegt der Umsatzsteuer. Die Bemessungsgrundlage hierfür ist nach dem Gesetz grundsätzlich der Einkaufspreis oder, falls es keinen Einkaufspreis gibt, die Selbstkosten.
  • Einen Einkaufspreis für die Wärme gab es beim Kläger nicht, da er nicht an das Fernwärmenetz angeschlossen war, sondern die Wärme selbst produzierte. Daher waren die Selbstkosten zugrunde zu legen.
  • Die Selbstkosten des Klägers entfielen nicht nur auf die Herstellung der Wärme, sondern auch auf die Herstellung des Stroms. Daher waren die Selbstkosten auf die produzierte Wärme und auf den produzierten Strom aufzuteilen. Diese Aufteilung erfolgt nicht nach der sog. energetischen Methode, d.h. nach der in kWh erzeugten Menge; denn die energetische Methode führt im Ergebnis zu einer Wertbemessung nach den Einkaufspreisen.
  • Vielmehr sind bei der Aufteilung der Selbstkosten die Marktwerte für Strom und Wärme zugrunde zu legen (sog. Marktpreismethode). Diese Methode gilt auch bei der Aufteilung der Vorsteuer. Bei der Marktpreismethode wird auf einen fiktiven Verkaufsumsatz abgestellt, z.B. auf den durchschnittlichen Fernwärmepreis. Dabei können Besonderheiten wie Liefergarantien, Leitungskosten oder regionale Besonderheiten berücksichtigt werden.

Hinweise: Die abschließende Berechnung muss nun das FG durchführen. Allerdings hat der BFH im Urteil bereits ausgeführt, wie diese Berechnung aussehen könnte, darf diese Berechnung aus verfahrensrechtlichen Gründen jedoch nicht seinem Urteil zugrunde legen. Die Berechnung lautet wie folgt:

Die Selbstkosten des Klägers betrugen 641.182 €. Der Kläger erzielte einen Umsatz aus dem Verkauf von Strom in Höhe von 868.873 €. Er entnahm Wärme im Umfang von 2.112.832 kWh. Bei Ansatz eines fiktiven Verkaufspreises auf Grundlage eines durchschnittlichen Fernwärmepreises von 0,0694 €/kWh ergibt sich ein fiktiver Wärme-Umsatz von 146.631 €, so dass der fiktive Gesamtumsatz 1.015.504 € beträgt (868.873 € Strom-Umsatz + 146.631 € Wärme-Umsatz). Der Anteil der Wärme an der gesamten Energie beträgt somit 14,439 % (146.631 € : 1.015.504 €). Folglich sind 14,439 % der Selbstkosten (= 14,439 % x 641.182 €), d.h. 92.580 €, die Bemessungsgrundlage für die entnommene Wärme. Dies ist weniger als die vom Finanzamt jährlich angesetzten 100.000 € bis 150.000 €.

Quelle: BFH, Urteil v. 15.3.2022 – V R 34/20; NWB