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Erbschaftsteuer: Einkommensteuer für rückwirkend von den Erben erklärte Betriebsaufgabe ist keine Nachlassverbindlichkeit

Die Einkommensteuer, die aufgrund einer von den Erben nach dem Tod des Erblassers und Betriebsinhabers rückwirkend erklärten Betriebsaufgabe entsteht, ist keine erbschaftsteuerliche Nachlassverbindlichkeit. Sie mindert daher nicht die Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer.

Hintergrund: Bei der Erbschaftsteuer mindert sich der Wert des Nachlasses um Nachlassverbindlichkeiten. Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehört u.a. auch die Einkommensteuer, die auf Einkünfte des Erblassers entfällt.

Sachverhalt: Die Kläger waren Miterben des im Jahr 2016 verstorbenen Erblassers E, der bis zu seinem Tod einen Bauernhof betrieben hatte. Nach dem Tod des E erklärten die Erben eine Betriebsaufgabe für den Bauernhof, und zwar drei Monate rückwirkend; eine solche Rückwirkung ist gesetzlich möglich. Hierdurch kam es zu einem einkommensteuerlichen Aufgabegewinn mit einer entsprechenden Einkommensteuer des Erblassers für 2016. Die Kläger machten diese Einkommensteuer als Nachlassverbindlichkeit bei der Erbschaftsteuer geltend. Das Finanzamt erkannte die Nachlassverbindlichkeit nicht an.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Zwar gehört zu den Nachlassverbindlichkeiten auch die Einkommensteuer des Erblassers, wenn sie entweder bis zum Tod des Erblassers festgesetzt worden ist, oder aber wenn sie auf Einkünfte des Erblassers entfällt, die dieser bis zu seinem Tod erzielt hat.
  • Im Streitfall waren diese Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt. Denn weder war die Einkommensteuer für 2016 für E vor seinem Tod festgesetzt worden, noch hatte der Erblasser den Aufgabegewinn erzielt. Die Einkommensteuer auf den Aufgabegewinn war nämlich erst aufgrund der rückwirkend von den Klägern erklärten Betriebsaufgabe entstanden. E selbst hatte keine Aufgabeerklärung bis zu seinem Tod abgegeben, so dass der Bauernhof mit seinem Tod auf die Kläger als Miterben überging.

Hinweise: Anders wäre zu entscheiden gewesen, wenn der Erblasser noch den Tatbestand für die Entstehung der Einkommensteuer selbst verwirklicht hätte, die Höhe der Einkommensteuer im Todeszeitpunkt aber noch nicht genau festgestanden hätte, weil die Erben noch mögliche steuerliche Wahlrechte ausüben konnten. Der Streitfall unterschied sich jedoch hiervon, weil es erst durch die von Miterben erklärte Betriebsaufgabe zu einem rückwirkenden Aufgabegewinn gekommen ist.

Quelle: BFH, Urteil vom 10.5.2023 – II R 3/21; NWB

Betriebsaufgabe mit Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter gegen wiederkehrende Bezüge

Gibt ein Unternehmer seinen Betrieb auf und verkauft er im Rahmen der Aufgabe Wirtschaftsgüter seines aufgegebenen Betriebs gegen wiederkehrende Bezüge, hat er ein Wahlrecht, ob er den Gewinn aus dem Verkauf sofort versteuert oder ob er die wiederkehrenden Bezüge erst bei Zufluss versteuert. Für den Unternehmer gilt damit das gleiche Wahlrecht wie bei einer Betriebsveräußerung gegen wiederkehrende Bezüge.

Hintergrund: Die Aufgabe eines Betriebs kann zu einem Aufgabegewinn führen, wenn der gemeine Wert der Wirtschaftsgüter, die in das Privatvermögen überführt werden, höher ist als der Buchwert der Wirtschaftsgüter und die Kosten der Betriebsaufgabe. Werden einzelne Wirtschaftsgüter nicht in das Privatvermögen überführt, sondern verkauft, ist auch der Veräußerungsgewinn steuerpflichtig. Wird der Betrieb nicht aufgegeben, sondern gegen wiederkehrende Bezüge veräußert, hat der Steuerpflichtige ein Wahlrecht, ob er den Gewinn sofort versteuert und dafür bestimmte steuerliche Vergünstigungen erhält, wie z.B. einen Freibetrag oder eine Steuerermäßigung, oder ob er die wiederkehrenden Bezüge erst im Zuflusszeitpunkt versteuert.

Sachverhalt: Die Klägerin war Inhaberin eines Handwerkbetriebs, den sie zum 2.1.2014 aufgab. Einen Großteil der Wirtschaftsgüter überführte sie nicht in ihr Privatvermögen, sondern verkaufte sie an die A-GmbH gegen Zahlung einer lebenslangen Monatsrente in Höhe von 3.000 €. Das Finanzamt setzte bei der Ermittlung des Aufgabegewinns den Barwert der Monatsrente in Höhe von ca. 540.000 € an. Die Klägerin war hingegen der Auffassung, dass sie eine Zuflussbesteuerung beantragen könne, so dass sich für 2014 lediglich Einkünfte in Höhe von ca. 34.000 € ergaben.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:

  • Die Klägerin hatte ein Wahlrecht, ob sie die wiederkehrenden Bezüge sofort versteuert oder erst bei Zufluss.
  • Ein derartiges Wahlrecht zwischen Sofort- und Zuflussversteuerung besteht bei einer Betriebsveräußerung. Es wird dem Unternehmer eingeräumt, um sein Risiko abzumildern, dass er die wiederkehrenden Bezüge auf einen Schlag versteuert, dann aber vorzeitig verstirbt, ohne dass der frühzeitige Tod vor dem Erreichen der statistischen Altersgrenze zu einer Minderung des Veräußerungsgewinns führt.
  • Eine vergleichbare Situation besteht für den Unternehmer auch, wenn er seinen Betrieb aufgibt, im Rahmen der Betriebsaufgabe aber einzelne Wirtschaftsgüter gegen wiederkehrende Bezüge verkauft. Aufgrund der vergleichbaren Interessenlage ist dem Unternehmer auch bei einer Betriebsaufgabe, bei der er Wirtschaftsgüter gegen langfristig wiederkehrende Bezüge wie etwa Leibrenten veräußert, ebenfalls ein Wahlrecht zwischen Sofort- und Zuflussbesteuerung einzuräumen.
  • Die Klägerin konnte sich deshalb für die Zuflussversteuerung entscheiden. Sie musste daher im Streitjahr 2014 zunächst nur den gemeinen Wert der in das Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter nach Abzug des gesamten Kapitalkontos und der Aufgabekosten versteuern; tatsächlich ergab sich hieraus ein Verlust. Die Rentenzahlungen muss sie nur insoweit im Jahr 2014 versteuern, als die Rentenzahlungen diesen Verlust übersteigen und im Streitjahr 2014 zugeflossen sind. Dies führte zu Einkünften in Höhe von etwa 34.000 €.

Hinweise: Die Zuflussbesteuerung klingt nach dem Urteil zwar vorteilhaft, weil die Einkünfte im Streitjahr 2014 deutlich niedriger ausfallen. Dafür kommt es in den Folgejahren ab 2015 aber auch zu jährlichen Einkünften aufgrund der Rentenzahlungen. Außerdem wird bei der Zuflussbesteuerung weder ein Freibetrag noch eine Steuerermäßigung gewährt.

Quelle: BFH, Urteil v. 29.6.2022 – X R 6/20; NWB