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Keine umsatzsteuerliche Durchschnittssatzbesteuerung beim Verkauf von Rennpferden

Die umsatzsteuerliche Durchschnittssatzbesteuerung für Landwirte gilt nicht beim Verkauf von Turnier- und Rennpferden. Denn Turnier- und Rennpferde sind nicht für die landwirtschaftliche Erzeugung bestimmt und insbesondere kein Vieh, sondern unterliegen dem Regelsteuersatz von 19 %.

Hintergrund: Landwirte, deren Umsatz im Vorjahr 600.000 € nicht überschritten hat, können bei der Umsatzsteuer die sog. Durchschnittssatzbesteuerung anwenden. Ihre land- und forstwirtschaftlichen Leistungen unterliegen dann einer Umsatzsteuer von 9 % (Jahr 2023; im Jahr 2024 sinkt der Durchschnittssatz auf 8,4 %). Im Gegenzug wird eine pauschale Vorsteuer von 9 % berücksichtigt.

Sachverhalt: Der Kläger betrieb eine Pferdezucht mit einem Pferdehandel und erzielte einkommensteuerlich Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sowie aus Gewerbebetrieb. Er erwarb mehrere junge Reitpferde, bildete sie aus und verkaufte sie weiter. Die Umsatzsteuer aus dem Verkauf unterwarf er der Durchschnittssatzbesteuerung. Das Finanzamt unterwarf die Erlöse hingegen dem regulären Umsatzsteuersatz von 19 %.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Zwar gilt für Forst- und Landwirte nach deutschem Recht grundsätzlich die Durchschnittssatzbesteuerung. Das deutsche Recht beruht aber auf dem europäischen Mehrwertsteuersystem und ist daher europarechtskonform auszulegen.
  • Erforderlich für die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung ist daher die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse oder die Erbringung landwirtschaftlicher Dienstleistungen. Landwirtschaftliche Erzeugnisse sind Gegenstände, die z. B. von einem landwirtschaftlichen Betrieb im Rahmen der Viehzucht und Viehhaltung erzeugt werden.
  • Die Turnier- und Rennpferde sind nicht für die landwirtschaftliche Erzeugung bestimmt und werden insbesondere nicht für die Zubereitung von Lebens- oder Futtermitteln verwendet. Denn Turnier- und Rennpferde sind kein Vieh.

Hinweise: Im Übrigen scheiterte die Durchschnittssatzbesteuerung auch daran, dass der Kläger die Ausbildung der Pferde nicht mit Mitteln ausübte, die normalerweise in landwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden.

Auf die einkommensteuerliche und bewertungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit des Klägers kommt es für die Umsatzsteuer nicht an.

Quelle: BFH, Urteil vom 13.9.2023 – XI R 37/21; NWB

Besteuerung der Gewinne aus Online-Poker

Auch Gewinne aus dem Online-Pokerspiel können als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Einkommensteuer unterliegen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) kürzlich entschieden.

Hintergrund: Gewerbliche Einkünfte sind steuerbar. Gewerbebetrieb ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist. Hinzukommen muss, dass die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung überschritten sind.

Sachverhalt: Der Kläger, ein Mathematikstudent, hatte im Jahr 2007 mit dem Online-Pokerspiel – in der Variante „Texas Hold´em/Fixed Limit“ – begonnen. Ausgehend von zunächst kleinen Einsätzen und Gewinnen steigerte er seine Einsätze allmählich. Auch seine Gewinne stiegen im Zeitablauf erheblich an. Im Streitjahr 2009 erzielte er aus dem Online-Pokerspiel bereits einen Gewinn von über 80.000 €, der in den Folgejahren weiter anstieg. Allein im Zeitraum von Juli bis Dezember 2009 belief sich seine registrierte Gesamtspielzeit auf 673 Stunden.

Das Finanzgericht der ersten Instanz hat den Sachverhalt dahingehend gewürdigt, dass der Kläger ab Oktober 2009 gewerblich tätig gewesen sei und demzufolge der in den Monaten Oktober bis Dezember 2009 erzielte Gewinn von gut 60.000 € der Einkommensteuer unterliege.

Entscheidung: Diese Auffassung hat der BFH bestätigt:

  • Poker in einkommensteuerrechtlicher Hinsicht kein reines Glücksspiel, sondern auch durch Geschicklichkeitselemente gekennzeichnet. Dies gilt auch beim Online-Poker, selbst wenn dort kein persönlicher Kontakt zu den Mitspielern möglich ist.
  • Allerdings unterliegt nach der Rechtsprechung des BFH – unabhängig von der Form des Pokerspiels – nicht jeder Pokerspieler der Einkommensteuer. Für Freizeit- und Hobbyspieler handelt es sich weiterhin um eine private Tätigkeit, bei der Gewinne – und auch Verluste – keine steuerliche Auswirkung haben.
  • Wenn jedoch der Rahmen einer privaten Hobbytätigkeit überschritten wird und es dem Spieler nicht mehr um die Befriedigung seiner Spielbedürfnisse geht, sondern um die Erzielung von Einkünften, ist sein Handeln als gewerblich anzusehen.
  • Maßgebend ist die strukturelle Vergleichbarkeit mit einem Gewerbetreibenden bzw. Berufsspieler, z.B. die Planmäßigkeit des Handelns, die Ausnutzung eines Marktes oder der Umfang des investierten Geld- und Zeitbudgets.

Quelle: Bundesfinanzhof, Pressemitteilung zum Urteil vom 22.2.2023 – X R 8/21; NWB

Merkblatt der Finanzverwaltung zur Besteuerung der sog. Influencer

Wie bereits berichtet, hat das Finanzministerium Baden-Württemberg ein Merkblatt für die Besteuerung der sog. Influencer herausgegeben, die im Internet Produkte und Dienstleistungen präsentieren. Das Merkblatt enthält eine Darstellung der steuerlichen Folgen für sog. Influencer im Bereich der Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer (s. hierzu unsere Nachricht vom 14.6.2022). Nachfolgend werden wir das Schreiben für Sie ein wenig erläutern.

Hintergrund: Bei sog. Influencern handelt es sich um Menschen, die im Internet, etwa auf YouTube oder Instagram, Produkte oder Dienstleistungen unmittelbar oder mittelbar präsentieren bzw. bewerben. Wenn sie erfolgreich sind, erhalten sie je nach Vertragsgestaltung Geld von YouTube, von den Herstellern (z.B. sog. Affiliate-Marketing-Provisionen, wenn die Produkte über einen im Video präsentierten Link bestellt werden), und sie bekommen die Produkte oder Dienstleistungen (z.B. Hotelübernachtungen, Eintrittskarten) ggf. umsonst.

Wesentlicher Inhalt des Merkblatts: In dem Merkblatt wird auf die potenziellen steuerlichen Folgen hingewiesen:

  • Einkommensteuer: Influencer erzielen gewerbliche Einkünfte. Der Gewinn aus der Influencer-Tätigkeit kann Einkommensteuer auslösen, wenn der Gewinn ggf. zusammen mit weiteren Einkünften wie z.B. Arbeitslohn über dem Grundfreibetrag von 9.408 € (ab 2020), 9.744 € (ab 2021) bzw. 10.347 € (ab 2022) liegt.
  • Hinweis: Wer nur einmalig als sog. Influencer tätig wird, muss einen Gewinn bis zu 256 € nicht versteuern. Ein einmaliger Gewinn, der höher als 256 € ist, muss in voller Höhe als sonstige Einkünfte versteuert werden, nicht aber als gewerbliche Einkünfte. Einmalige Einkünfte sind also nicht gewerbesteuerpflichtig.
  • Der Gewinn wird durch Werbegeschenke wie kostenlos zur Verfügung gestellte Waren oder Dienstleistungen erhöht. Nach Auffassung des Finanzministeriums ist hierfür der Marktwert anzusetzen.

    Hinweise: Der Umgang mit Gratisprodukten ist noch nicht geklärt. Insbesondere erscheint eine Steuerpflicht fraglich, wenn die Gratisprodukte ungefragt zugesandt werden. Das Bayerische Landesamt für Steuern hat vor zwei Jahren ebenfalls ein Merkblatt herausgegeben und in diesem eine Steuerpflicht verneint, wenn der Influencer die Waren zurücksendet oder wenn die Waren von geringem Wert sind oder wenn der Hersteller die Besteuerung übernimmt. Das Finanzministerium Baden-Württemberg geht hierauf zwar nicht ein, aber die Auffassung des Bayerischen Landesamts für Steuern erscheint zutreffend. Sofern die Waren zurückgesendet werden, sollte dies genau dokumentiert werden, um eine ungewollte Besteuerung zu vermeiden. Eine Rücksendung von Waren empfiehlt sich auch bei dem überschüssigen Teil der Waren, der für das Influencer-Video nicht benötigt wird. Sollte der überschüssige Teil der Waren privat verwendet bzw. im Freundeskreis verschenkt werden, droht insoweit eine Steuerpflicht.

  • Gewerbesteuer: Erzielt der Influencer gewerbliche Einkünfte – und nicht sonstige Einkünfte (s. oben) –, ist er gewerbesteuerpflichtig und muss Gewerbesteuer zahlen, wenn sein Gewinn über dem Freibetrag von 24.500 € liegt.

    Hinweise: Das Finanzministerium weist darauf hin, dass eine Gewerbeanmeldung erforderlich ist und dass die Einnahmen und Ausgaben aufzuzeichnen sind.

  • Umsatzsteuer: Ein Influencer, der wiederholt tätig wird und nicht nur einmalig, ist Unternehmer und daher grundsätzlich zur Abführung von Umsatzsteuer auf seine Einnahmen verpflichtet. Dafür kann er auch Vorsteuer in Anspruch nehmen. Auf die Gewinnerzielungsabsicht kommt es umsatzsteuerlich nicht an.

    Hinweis: Allerdings brauchen Kleinunternehmer keine Umsatzsteuer abzuführen. Kleinunternehmer ist, wer im vorangegangenen Jahr nicht mehr als 22.000 € Umsatz und im laufenden Jahr voraussichtlich nicht mehr als 50.000 € Umsatz (jeweils zzgl. Umsatzsteuer) erzielt. Der sog. Influencer darf als Kleinunternehmer keine Umsatzsteuer ausweisen und auch Umsatzsteuer in Gutschriften nicht akzeptieren, sondern muss einer solchen Gutschrift widersprechen.

Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg, „Steuerguide für Influencerinnen und Influencer“ (Stand Juni 2022); NWB