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Abzug der Vorsteuer aus der Rechnung des Konkursverwalters

Die Vorsteuer aus der Rechnung des Konkursverwalters ist in voller Höhe abziehbar, wenn das Unternehmen seinen Betrieb noch vor der Eröffnung des Konkursverfahrens eingestellt hat und bis zur Einstellung nur umsatzsteuerpflichtige Umsätze, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, erzielt hat. Hat der Konkursverwalter während des Konkursverfahrens umsatzsteuerfreie Vermietungsumsätze getätigt, steht dies dem Abzug der Vorsteuer aus seiner Rechnung also nicht entgegen.

Hintergrund: Der Vorsteuerabzug ist nicht möglich, soweit der Unternehmer umsatzsteuerfreie Vermietungsumsätze erzielt. Erzielt er auch umsatzsteuerpflichtige Vermietungsumsätze, muss die Vorsteuer aufgeteilt werden und ist nur anteilig abziehbar.

Sachverhalt: Die K-KG stellte im Juli 1997 einen Antrag auf Eröffnung des gerichtlichen Vergleichserfahrens zur Abwendung des Konkurses. Die K-KG hatte bis zu diesem Zeitpunkt nur umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt und ihren Betrieb eingestellt. Das Vergleichsverfahren scheiterte, und im April 2001 wurde das Anschlusskonkursverfahren eröffnet. Der Kläger war Konkursverwalter und wurde nun zum Konkursverwalter der K-KG bestellt. Während des Konkursverfahrens vermietete er die Gebäude der K-KG umsatzsteuerfrei. In seiner Rechnung für seine Tätigkeit als Konkursverwalter aus dem Juli 2014 stellte er Umsatzsteuer in Rechnung, die er in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter in der Umsatzsteuererklärung der K-KG für 2014 als Vorsteuer geltend machte; weitere Angaben enthielt die Umsatzsteuererklärung 2014 nicht. Das Finanzamt erkannte die Vorsteuer nur anteilig an, weil die K-KG auch umsatzsteuerfreie Vermietungsumsätze erzielt hatte.

Entscheidung: Der BFH erkannte den Vorsteuerabzug in voller Höhe an und gab der Klage statt:

  • Grundsätzlich kann der Unternehmer die ihm für sein Unternehmen in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen, wenn eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt und soweit der Unternehmer keine umsatzsteuerfreien Umsätze, die zum Vorsteuerabzug nicht berechtigen, ausgeführt hat.
  • Bei der Vorsteuer aus der Rechnung des Konkursverwalters kommt es allein auf die bis zur Konkurseröffnung getätigten Umsätze an. Denn die Tätigkeit des Konkursverwalters betrifft die angemeldeten Forderungen der Gläubiger; diese Forderungen gehen wiederum auf die frühere Umsatztätigkeit der K-KG zurück.
  • Da die früheren Umsätze der K-KG, d.h. bis zur Konkurseröffnung, ausschließlich umsatzsteuerpflichtig waren, ist der Vorsteuerabzug möglich. Die erst während des Konkursverfahrens erzielten umsatzsteuerfreien Vermietungsumsätze beeinträchtigen den Vorsteuerabzug nicht mehr.

Hinweise: Zwar gibt es seit dem 1.1.1999 an sich kein Konkursverfahren mehr, sondern nur noch ein Insolvenzverfahren. Sofern aber vor dem 1.1.1999 bereits ein konkursrechtliches Vergleichsverfahren beantragt worden war – wie im Streitfall im Juli 1997 –, wurde noch ein Konkursverfahren durchgeführt.

Das Urteil gilt auch für das Insolvenzverfahren, wenn der Unternehmer seine unternehmerische Tätigkeit bereits vor der Insolvenzeröffnung eingestellt hat. Auch dann kommt es nur auf die bis zu diesem Zeitpunkt getätigten Umsätze an. Der BFH lässt jedoch offen, ob dies auch dann gilt, wenn der Insolvenzverwalter das Unternehmen fortführt. Im Streitfall war eine Unternehmensfortführung ausgeschlossen, weil nach dem Konkursrecht eine Fortführung nicht mehr möglich war, sondern es nur noch um die Verwertung des Vermögens der K-KG ging. Im Insolvenzrecht ist eine Unternehmensfortführung jedoch möglich.

Quelle: BFH, Beschluss vom 23.11.2023 – V R 3/22; NWB

Abzug der Aufwendungen für Gästehäuser

Zwar sind nach dem Gesetz Aufwendungen für Gästehäuser nicht als Betriebsausgaben abziehbar, wenn sich das Gästehaus außerhalb des Orts eines Betriebs des Unternehmers befindet. Die Aufwendungen sind jedoch abziehbar, wenn sich das Gästehaus am Ort eines Betriebs des Unternehmers befindet. Die Abziehbarkeit der Betriebsausgaben setzt dann nicht voraus, dass der beherbergte Geschäftsfreund den Betrieb üblicherweise besucht.

Hintergrund: Der Gesetzgeber sieht bestimmte Betriebsausgaben als nicht oder nur teilweise abziehbar an. So sind zum Beispiel Aufwendungen für Gästehäuser, die Geschäftsfreunden zur Verfügung gestellt werden und die sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden, nicht als Betriebsausgaben abziehbar.

Sachverhalt: Der Kläger war ein Lohnsteuerhilfeverein mit zahlreichen Beratungsstellen. Die Beratungsstellenleiter waren nicht Arbeitnehmer des Klägers, sondern als freie Mitarbeiter tätig. Der Kläger hatte in X einen Schulungsraum, der als Betriebsstätte anzusehen war. Der Kläger mietete in demselben Gebäude, in dem sich der Schulungsraum befand, noch zwei Ferienwohnungen an und überließ diese seinen Beratungsstellenleitern jeweils für eine Woche unentgeltlich. Das Finanzamt erkannte den Betriebsausgabenabzug für die Anmietung der Ferienwohnung unter Hinweis auf das gesetzliche Abzugsverbot für Gästehäuser nicht an, weil die beherbergten Beratungsstellenleiter nicht üblicherweise den Schulungsraum besuchten.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt und ließ den Betriebsausgabenabzug zu:

  • Das Betriebsausgabenabzugsverbot für Gästehäuser greift nicht, wenn sich das Gästehaus bzw. die Ferienwohnung am Ort eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden. Ein Betrieb kann auch eine Betriebsstätte oder Zweigniederlassung sein. Der Schulungsraum in X war eine Betriebsstätte, und die Ferienwohnungen befanden sich am selben Ort, so dass das Betriebsausgabenabzugsverbot vom Wortlaut her nicht anwendbar war.
  • Es kommt nicht darauf an, ob die beherbergten Beratungsstellenleiter üblicherweise den Betrieb bzw. die Betriebsstätte (Schulungsraum) vor Ort besuchten. Soweit die Finanzverwaltung den Betriebsausgabenabzug davon abhängig macht, dass sich das Gästehaus am Ort eines Betriebs des Steuerpflichtigen befindet und zusätzlich der Betrieb üblicherweise von den beherbergten Geschäftsfreunden besucht werden muss, gibt dies der Gesetzeswortlaut nicht her. Außerdem würde es dem Vereinfachungszweck des Abzugsverbots widersprechen, wenn man im Einzelfall aufklären müsste, ob der beherbergte Geschäftsfreund den Betrieb besucht hat.

Hinweise: Der BFH widerspricht in seinem aktuellen Urteil der Auffassung der Finanzverwaltung. Dem BFH zufolge sind die Betriebsausgaben bereits dann abziehbar, wenn sich das Gästehaus am Ort des Betriebs, wozu auch eine Zweigniederlassung oder Betriebsstätte gehört, befindet. Außerdem sind die Betriebsausgaben für ein Gästehaus abziehbar, wenn das Gästehaus der Beherbergung von Arbeitnehmern dient.

Werden in dem Gästehaus aber Geschäftsfreunde bzw. freie Mitarbeiter untergebracht und befindet sich das Gästehaus nicht am Ort eines Betriebs des Steuerpflichtigen, sind die Betriebsausgaben für das Gästehaus nicht abziehbar. Es genügt dann nicht, dass das Gästehaus aus betrieblichen Gründen unterhalten wird; denn das gesetzliche Abzugsverbot gilt ohnehin nur für betrieblich veranlasste Aufwendungen. Fehlt bereits eine betriebliche Veranlassung, scheidet der Betriebsausgabenabzug von vornherein aus.

Quelle: BFH, Urteil v. 24.5.2023 – XI R 37/20; NWB

Abzug von Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer

Der Abzug von Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer setzt voraus, dass der eingeführte Gegenstand für die umsatzsteuerpflichtigen Umsätze des Unternehmens verwendet wird. Es genügt nicht, dass die Einfuhrumsatzsteuer im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit des Unternehmers entstanden ist.

Hintergrund: Die Einfuhr von Gegenständen im Inland unterliegt der Einfuhrumsatzsteuer. Ist der Gegenstand für das Unternehmen des Unternehmers eingeführt worden, kann der Unternehmer die entstandene Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen. Der Unternehmer schuldet dann die Einfuhrumsatzsteuer und kann sie zugleich als Vorsteuer abziehen.

Sachverhalt: Die Klägerin war Spediteurin und erhielt von der in der Türkei ansässigen L den Auftrag, Elektronikartikel von der Türkei nach Deutschland zu befördern. Die Klägerin trat als indirekte Zollvertreterin für L auf und gab eine Zollanmeldung ab. Das Hauptzollamt setzte daraufhin gegenüber der Klägerin sowie gegenüber L jeweils als Gesamtschuldner Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von ca. 220 € fest. Die Klägerin bezahlte die Einfuhrumsatzsteuer. Die Elektronikartikel kamen aber tatsächlich nicht bei der Empfängerin in Deutschland an, so dass die Klägerin darauf verzichtete, das Entgelt, das sie für die Abgabe der Zollanmeldung mit L vereinbart hatte, einzufordern. Die Klägerin machte die Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer geltend; das Finanzamt erkannte den Vorsteuerabzug aber nicht an.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

Der Abzug der entstandenen Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer setzt voraus, dass der eingeführte Gegenstand für das Unternehmen verwendet wird. Dies erfordert, dass der eingeführte Gegenstand selbst und damit dessen Wert für Zwecke der steuerpflichtigen Umsätze des Unternehmers verwendet werden.

Im Streitfall lagen diese Voraussetzungen nicht vor, weil die Klägerin bezüglich der eingeführten Elektronikartikel lediglich eine Verzollungs- bzw. Beförderungsdienstleistung erbrachte:

  • So gehörte die Einfuhrumsatzsteuer nicht zu den Kosten eines konkreten umsatzsteuerpflichtigen Ausgangsumsatzes der Klägerin. Es gab bereits keinen Ausgangsumsatz der Klägerin, da sie aus Kulanzgründen ihre Verzollungsdienstleistung der L nicht in Rechnung gestellt hatte.
  • Der Wert der importierten Elektronikartikel gehörte auch nicht zu den allgemeinen Kostenelementen der unternehmerischen Tätigkeit der Klägerin. Die Klägerin hat die Elektronikartikel nicht zur Erbringung einer Ausgangsleistung wie z.B. einer Beförderungs- oder Verzollungsdienstleistung verwendet; vielmehr waren die importierten Elektronikartikel lediglich das Objekt, an dem die Klägerin ihre Beförderungs- und Verzollungsdienstleistung erbracht hat.

Hinweise: Der Vorsteuerabzug wäre grundsätzlich möglich gewesen, wenn die Klägerin die importierten Elektronikartikel anschließend selbst in Deutschland umsatzsteuerpflichtig verkauft hätte. Die bloße Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit der Klägerin genügt für den Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer hingegen nicht.

Quelle: BFH, Beschluss vom 20.7.2023 – V R 13/21; NWB

Betriebsausgabenabzug bei Zahlungen an ausländische Briefkastengesellschaft

Der Betriebsausgabenabzug eines Unternehmers für Zahlungen an eine ausländische Briefkastengesellschaft kann nicht aufgrund eines erfolglosen Benennungsverlangens beschränkt werden, wenn die ausländische Briefkastengesellschaft dem Unternehmer Bauleistungen in Rechnung gestellt hat und der Unternehmer hierfür Bauabzugsteuer angemeldet und abgeführt hat. Es kommt dann nämlich zu einer gesetzlichen Sperrwirkung der Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs, und zwar auch dann, wenn die ausländische Briefkastengesellschaft die Bauleistungen nicht erbracht haben sollte.

Hintergrund: Werden an einen Unternehmer Bauleistungen erbracht, muss dieser grundsätzlich eine Bauabzugsteuer von 15 % einbehalten und an das Finanzamt abführen, es sei denn, der leistende Bauunternehmer verfügt über eine Freistellungsbescheinigung, die ihm auf Antrag erteilt wird, nachdem das Finanzamt geprüft hat, ob der Bauunternehmer voraussichtlich seine steuerlichen Pflichten erfüllen wird.

Auf Verlangen des Finanzamts muss der Unternehmer nachweisen, wer der Empfänger der von ihm geltend gemachten Zahlungen ist, sog. Benennungsverlangen. Anderenfalls kann das Finanzamt den Betriebsausgabenabzug versagen oder zumindest beschränken. Dies gilt nach dem Gesetzeswortlaut aber nicht, wenn der Unternehmer Bauleistungen empfangen hat und hierfür die Bauabzugsteuer einbehalten und abgeführt hat.

Streitfall: Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG, die im Baubereich tätig war. Sie erhielt Rechnungen von britischen Subunternehmen und leistete im Streitjahr 2002 Zahlungen an diese in Höhe von ca. 950.000 €. Bei allen britischen Subunternehmen handelte es sich um wirtschaftlich nicht aktive Briefkastengesellschaften. Die Klägerin behielt von den Zahlungen die Bauabzugsteuer von 15 % ein und führte diese an das Finanzamt ab. Das Finanzamt richtete an die Klägerin ein Benennungsverlangen und forderte sie auf, den tatsächlichen Empfänger der Zahlungen zu benennen. Nachdem die Klägerin diesem Benennungsverlangen nicht nachgekommen war, kürzte das Finanzamt den Betriebsausgabenabzug in Höhe von 70 %, so dass nur 30 % von 950.000 € als Betriebsausgaben anerkannt wurden.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Die Kürzung des Betriebsausgabenabzugs aufgrund eines nicht erfüllten Benennungsverlangens ist nach dem Gesetz nicht möglich, wenn der Unternehmer Bauleistungen als Betriebsausgaben geltend macht und auf die Bauleistungen Bauabzugsteuer einbehalten und abgeführt hat.
  • Dies gilt auch dann, wenn es sich bei demjenigen, der die Bauleistungen in Rechnung gestellt hat, um eine ausländische Briefkastengesellschaft handelt, die wirtschaftlich nicht aktiv ist. Der Gesetzeswortlaut ist insoweit eindeutig.
  • Der Gesetzgeber hat bei der Einführung der Bauabzugsteuer gesehen, dass Bauleistungen von Scheinunternehmen oder Briefkastengesellschaften in Rechnung gestellt werden könnten, und auch insoweit die Einbehaltung und Abführung der Bauabzugsteuer angeordnet. Zugleich wollte der Gesetzgeber damit aber den Leistungsempfänger aus der Gefahr eines Benennungsverlangens herausnehmen.

Hinweise: Eine einschränkende Auslegung des Gesetzes zulasten der Klägerin hat der BFH abgelehnt, da der Gesetzeswortlaut Folge einer bewussten rechtspolitischen Entscheidung des Gesetzgebers ist. Gleichermaßen hat der BFH einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verneint. Empfänger von Bauleistungen werden nicht gleichheitswidrig bevorzugt, da sie die Bauabzugsteuer einbehalten und abführen müssen.

Auf zwei Fragen ist der BFH nicht eingegangen: Wenn die ausländischen Briefkastengesellschaften wirtschaftlich nicht aktiv waren, warum sind dann die Zahlungen an sie betrieblich veranlasst und damit Betriebsausgaben? Sind die in Rechnung gestellten Bauleistungen überhaupt – und zwar von einem anderen Unternehmer – erbracht worden?

Quelle: BFH, Urteil v. 9.6.2022 – IV R 4/20; NWB

Vorsteuerabzug aus Kosten für Personalabbau

Ein Unternehmer kann die Vorsteuer aus den Kosten aus einer sog. Outplacement-Beratung abziehen, wenn er die Outplacement-Beratung beauftragt, einen Personalabbau umzusetzen und die Outplacement-Beratung nur den unkündbaren Arbeitnehmern anbietet. Für die Kosten der Outplacement-Beratung besteht ein vorrangiges Unternehmensinteresse, das den Vorteil, der sich für die Arbeitnehmer an der Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses ergibt, überwiegt.

Hintergrund: Der Vorsteuerabzug setzt neben einer ordnungsgemäßen Rechnung und einer Leistung für das Unternehmen grundsätzlich voraus, dass ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatz besteht. Der Vorsteuerabzug ist hingegen ausgeschlossen, wenn die vom Unternehmer bezogene Leistung für eine Entnahme bzw. den privaten Bedarf seiner Arbeitnehmer verwendet werden soll.

Streitfall: Die Klägerin war Arbeitgeberin und musste ihren Personalaufwand reduzieren. Sie beschäftigte viele Arbeitnehmer, die unkündbar waren oder bei denen betriebsbedingte Kündigungen aufgrund von Tarifverträgen ausgeschlossen waren. Daher bedurfte die Klägerin der Zustimmung ihrer Mitarbeiter zur Aufhebung der Arbeitsverträge. Die Klägerin beauftragte mehrere sog. Outplacement-Unternehmen, die die unkündbar und unbefristet angestellten Arbeitnehmer u. a. betreuen und bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz unterstützen sollten. Aus den hierfür entstandenen Kosten machte die AG den Vorsteuerabzug geltend. Das Finanzamt erkannte den Vorsteuerabzug nur teilweise an, soweit er nämlich auf die allgemeine Beratung und auf sog. Erfolgspauschalen entfiel; das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug jedoch insoweit, als es um die individuelle Beratung wie z.B. die Erstellung von Bewerbungsmappen und um die psychologische Betreuung der Arbeitnehmer ging.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gewährte den Vorsteuerabzug und gab der Klage statt:

  • Zwar bestand nicht der für den Vorsteuerabzug erforderliche direkte und unmittelbare Zusammenhang zwischen Eingang- und Ausgangsumsatz, da die Klägerin die eingekauften Outplacement-Leistungen nicht für eigene Ausgangsumsätze verwendete.
  • Jedoch bestand für die Klägerin ein vorrangiges Unternehmensinteresse an der Outplacement-Beratung, weil die Beratung die Arbeitnehmer zu einem Wechsel ihres Arbeitsplatzes bewegen sollten. Dieses Unternehmensinteresse überwog den Vorteil, der sich für den Arbeitnehmer aus der Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses ergab. Denn eine Outplacement-Beratung erhielten nur Arbeitnehmer, die die Klägerin nicht mehr beschäftigen wollte und die unkündbar oder unbefristet beschäftigt waren. Die Klägerin hatte also keinen Zuwendungswillen gegenüber diesen Mitarbeitern, sondern wollte sich von denjenigen Mitarbeitern trennen, bei denen sie vermutete, dass diese aufgrund ihrer unkündbaren Stellung kein Interesse an einem aufgezwungenen Arbeitgeberwechsel hatten.

Hinweise: Aus Sicht des Finanzamts scheidet der Vorsteuerabzug bei Sachleistungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer häufig deshalb aus, weil die Leistungen dem privaten Konsum der Arbeitnehmer dienen könnten. Aber dies ist nach dem BFH eben nicht der Fall, wenn das Unternehmensinteresse überwiegt. So hat der BFH den Vorsteuerabzug z.B. für Maklerkosten gewährt, die der Arbeitgeber im Fall eines beruflich veranlassten Umzugs des Arbeitnehmers übernimmt, wenn der Arbeitgeber an dem Umzug ein unternehmerisches Interesse hat; dies kann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer an einer anderen Betriebsstätte oder an einer anderen Konzerngesellschaft benötigt und ihn deshalb zu einem Umzug bewegen will.

Quelle: BFH, Urteil v. 30.6.2022 – V R 32/20; NWB