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Ist die Höhe der Säumniszuschläge doch verfassungsgemäß?

Ein Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge, die 1 % pro Monat bzw. 12 % pro Jahr betragen. Damit widerspricht dieser BFH-Senat einem anderen BFH-Senat, der vor kurzem aufgrund ernstlicher Zweifel Aussetzung der Vollziehung in vollem Umfang gewährt hatte.

Hintergrund: Säumniszuschläge entstehen bei einer verspäteten Zahlung. Sie belaufen sich auf 1 % pro angefangenen Monat, d.h. auf 12 % pro Monat. Nach allgemeinem Verständnis dienen Säumniszuschläge sowohl als Druckmittel als auch als Gegenleistung für die verspätete Zahlung; sie enthalten also einen Zinsanteil. Weiterhin sollen sie den Verwaltungsaufwand des Finanzamts bei der Verwaltung der fälligen Zahlung abdecken. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat im letzten Jahr die Höhe des Zinssatzes von 6 % für Nachzahlungszinsen für Zeiträume ab 1.1.2019 für verfassungswidrig erklärt. Damit stellt sich die Frage, ob auch der in den Säumniszuschlägen enthaltene Zinsanteil überhöht ist und zur Verfassungswidrigkeit der Säumniszuschläge führt.

Sachverhalt: Der BFH musste über fünf ähnlich gelagerte Fälle entscheiden, in denen die Antragsteller Steuern in den Zeiträumen ab 2019 zu spät gezahlt hatten. Meist ging es um Lohn- und Umsatzsteuer, die einen Monat zu spät entrichtet wurde. In einem der Fälle ging es z.B. um 42 € Säumniszuschläge. Die Antragsteller beantragten daraufhin die Aussetzung der Vollziehung.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Anträge auf Aussetzung der Vollziehung ab:

  • Zwar ist der Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen nach dem BVerfG für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 verfassungswidrig. Die Entscheidung des BVerfG lässt sich aber nicht auf Säumniszuschläge übertragen, weil Säumniszuschläge dadurch vermieden werden können, dass der Steuerpflichtige pünktlich zahlt.
  • Es steht auch nicht fest, wie hoch der Zinsanteil ist, der im Säumniszuschlag enthalten ist. Selbst wenn annehmen würde, dass der Zinsanteil die Hälfte ausmacht, also 0,5 % pro Monat, ist diese Höhe nicht unverhältnismäßig. Denn gerade bei der verspäteten Zahlung von Lohnsteuer ist zu berücksichtigen, dass die Lohnsteuer eine Steuer des Arbeitnehmers ist, die der Arbeitgeber treuhänderisch für den Arbeitnehmer abführen muss. Bei der Umsatzsteuer handelt es sich um eine Steuer, die auf den Käufer abgewälzt wird.
  • Ferner ist zu berücksichtigen, dass es um Bagatellbeträge ging, z.B. um 42 €. Hier wäre eine Aussetzung der Vollziehung wegen verfassungsrechtlicher Zweifel nur gerechtfertigt, wenn der Antragsteller ein besonderes Aussetzungsinteresse hätte, weil die Vollziehung z.B. erhebliche wirtschaftliche Folgen für ihn haben könnte. Bei Bagatellbeträgen kann aber eine derart schwerwiegende Belastung nicht angenommen werden.

Hinweise: Die Rechtsprechung des BFH zur möglichen Verfassungswidrigkeit von Säumniszuschlägen ist damit uneinheitlich. Bislang geht es allerdings nur um vorläufige Verfahren, so dass abgewartet werden muss, wie die Hauptsacheverfahren entschieden werden. Die abschließende Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit kann ohnehin nur das BVerfG treffen.

Wer sein Verfahren offenhalten möchte, sollte einen sog. Abrechnungsbescheid über Säumniszuschläge beantragen und gegen diesen Bescheid Einspruch einlegen und ggf. anschließend auch Klage erheben. Die Säumniszuschläge müssen dann erst einmal gezahlt werden. Soll auch die Zahlung vorläufig vermieden werden, muss zusätzlich zum Einspruch bzw. zur Klage ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt werden.

Quelle: BFH, Beschlüsse v. 28.10.2022 – VI B 15/22, VI B 27/22, VI B 31/22, VI B 35/22, VI B 38/22; NWB

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