Grunderwerbsteuer: Rückgängigmachung eines Kaufvertrags mit Auflassungsvormerkung
Zwar ist die Grunderwerbsteuerfestsetzung aufzuheben, wenn der Grundstückskaufvertrag rückgängig gemacht wird. Hat der Verkäufer aber eine Auflassungsvormerkung bewilligt, gehört zur Rückgängigmachung, dass auch die Auflassungsvormerkung gelöscht wird. Hierzu muss der Käufer entweder eine Löschungsbewilligung erteilen, oder der Notar muss – wenn er hierzu bereits für den Fall des Rücktritts vom Käufer bevollmächtigt worden ist – die Löschung der Auflassungsvormerkung beim Grundbuchamt beantragen.
Hintergrund: Nach dem Gesetz wird die Grunderwerbsteuer aufgehoben, wenn der Grundstückskaufvertrag rückgängig gemacht wird. Erfolgt die Rückgängigmachung aufgrund einer nachträglich geschlossenen Vereinbarung oder aufgrund eines von vornherein vereinbarten Rücktrittsrechts, muss die Rückgängigmachung innerhalb von zwei Jahren erfolgen.
Streitfall: Die Klägerin verkaufte mit notariellem Vertrag vom 7.8.2014 ein Grundstück und vereinbarte mit der Käuferin A ein Rücktrittsrecht. Für den Fall des Rücktritts wurde der Notar von A unwiderruflich bevollmächtigt, die aufgrund des Kaufvertrags eingetragene Auflassungsvormerkung wieder löschen zu lassen. Das Finanzamt setzte gegenüber der A Grunderwerbsteuer in Höhe von ca. 1,5 Mio. € fest. Die A zahlte zwar die Grunderwerbsteuer, aber nicht den Kaufpreis an die Klägerin. Am 2.4.2015 trat die Klägerin vom Kaufvertrag zurück. Am 23.4.2015 teilte die A dem Finanzamt mit, dass sie ihren Grunderwerbsteuer-Erstattungsanspruch an die B abgetreten habe. Am 24.4.2015 erstellte der Notar die Löschungsbewilligung und versandte sie noch am selben Tag an das Grundbuchamt. Die Klägerin erwirkte wegen des gescheiterten Kaufvertrags einen Pfändungs- und Einziehungsbeschluss gegen die A über 107.000 € und stellte diesen dem Finanzamt am 20.5.2015 zu. Am 22.5.2015 hob das Finanzamt die Grunderwerbsteuerfestsetzung auf und zahlte den gesamten Erstattungsbetrag an die B als Abtretungsempfängerin aus. Die Klägerin verlangte vom Finanzamt die Auszahlung des gepfändeten Betrags von 107.000 €.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat der Klage stattgegeben:
- Der Klägerin stand aufgrund ihres Pfändungsbeschlusses, den sie gegenüber der A erwirkt und den sie dem Finanzamt am 20.5.2015 zugestellt hatte, ein Auszahlungsanspruch gegenüber dem Finanzamt als Drittschuldner in Höhe von 107.000 € zu.
- Zwar hatte sich die B am 23.4.2015 den Erstattungsanspruch zur Grunderwerbsteuer abtreten lassen. Diese Abtretung war aber unwirksam, da sie verfrüht erfolgt war, nämlich vor der Entstehung des Erstattungsanspruchs. Denn der Erstattungsanspruch ist erst dadurch entstanden, dass der Kaufvertrag rückgängig gemacht wurde. Aufgrund der eingetragenen Auflassungsvormerkung gehörte zur Rückgängigmachung aber auch die Löschung der Auflassungsvormerkung; die Löschung erfolgte erst am 24.4.2015, da der Notar an diesem Tag die Löschung beantragt hat. Allein die bereits im Kaufvertrag dem Notar erteilte Vollmacht für die Löschung genügte nicht für die Rückgängigmachung.
Hinweise: Die Klägerin erhält nun vom Finanzamt die von ihr gegenüber der A zivilrechtlich geltend gemachten 107.000 €. Das Finanzamt wird anschließend versuchen, diesen Betrag von der B zurückzuerhalten, und geltend machen, dass die Zahlung insoweit ohne rechtlichen Grund erfolgt sei.
Anders wäre der Fall zu lösen gewesen, wenn die für den Fall des Rücktritts erforderliche Löschungsbewilligung für die Auflassungsvormerkung bereits im Zeitpunkt der notariellen Beurkundung des Kaufvertrags mitbeurkundet worden wäre. Dann hätte nämlich die Klägerin mit dem Rücktritt bereits alles in der Hand gehabt, um den Vertrag vollständig rückabzuwickeln. In diesem Fall wäre die Abtretung wirksam gewesen und vor der Pfändungsanzeige der Klägerin beim Finanzamt eingegangen.
Gestritten wurde in dem Fall übrigens über einen sog. Abrechnungsbescheid. Da die Klägerin geltend machte, dass ihr noch eine Auszahlung über 107.000 € zustehe, hat sie einen Abrechnungsbescheid beantragt. In diesem Bescheid hat das Finanzamt einen Auszahlungsanspruch der Klägerin verneint. Der BFH hat den Auszahlungsanspruch bejaht, so dass das Finanzamt die Auszahlung nun vornehmen wird.
BFH, Beschluss v. 21.12.2021 – VII R 5/19; NWB