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Absetzbarkeit der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer setzt nicht dessen Erforderlichkeit voraus

Die steuerliche Absetzbarkeit der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer setzt nicht voraus, dass das Arbeitszimmer für die berufliche Tätigkeit erforderlich ist. Es genügt, wenn für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit entweder kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht oder wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Betätigung bildet.

Hintergrund: Die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer sind nach dem Gesetz nur absetzbar, wenn entweder für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht – der Abzug ist dann auf 1.250 € beschränkt – oder wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet; in dem zuletzt genannten Fall ist der Abzug unbeschränkt möglich.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine Stewardess, die zusammen mit ihrem Ehemann im gemeinsamen Einfamilienhaus wohnte. Im Streitjahr 2013 war sie insgesamt an 134 Tagen auf Flügen im In- und Ausland tätig. Sie machte 1.250 € für die Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers in dem gemeinsamen Einfamilienhaus geltend. Finanzamt und Finanzgericht der ersten Instanz erkannten die Kosten nicht an, da das Vorhalten des Arbeitszimmers wegen des geringen Anteils der Heimarbeit nicht erforderlich sei.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hält einen steuerlichen Abzug der Kosten grundsätzlich für möglich und hat die Sache zur weiteren Prüfung an das Finanzgericht (FG) zurückverwiesen:

  • Voraussetzung für die Abziehbarkeit der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer ist, dass für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit entweder kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht oder dass das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Betätigung bildet. Das Gesetz verlangt hingegen nicht, dass das Arbeitszimmer für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit erforderlich oder notwendig ist.
  • Der Gesetzgeber unterstellt typisierend, dass die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer (nahezu) ausschließlich beruflich bzw. betrieblich veranlasst sind, wenn die o. g. Voraussetzungen vorliegen, also kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht oder das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten Tätigkeit darstellt. Der Gesetzgeber wollte Streitigkeiten über die Notwendigkeit eines häuslichen Arbeitszimmers gerade vermeiden.
  • Das FG hat daher zu Unrecht die Abziehbarkeit der geltend gemachten Kosten mit der Begründung verneint, das häusliche Arbeitszimmer sei für die berufliche Tätigkeit als Stewardess nicht notwendig.

Hinweise: Der BFH hat die Sache an das FG zurückverwiesen. Das FG muss nun prüfen, ob das Arbeitszimmer tatsächlich (nahezu) ausschließlich beruflich genutzt wurde. Ist dies der Fall, kann die Klägerin die Kosten in Höhe von 1.250 € abziehen. Der Abzug kann dann also nicht mit der Begründung versagt werden, dass sie ihre berufliche Tätigkeit zu Hause auch an einem PC am Esstisch erledigen könnte.

Ein Abzug ist hingegen nicht möglich, wenn die Klägerin das Arbeitszimmer auch privat genutzt hat und diese private Mitnutzung nicht ganz untergeordnete Bedeutung hatte. Bislang steht nicht fest, welche beruflichen Tätigkeiten die Klägerin überhaupt zu Hause verrichtet hat.

BFH, Urteil v. 3.4.2019 – VI R 46/17; NWB

Umsatzsteuer auf Zuschüsse einer Gemeinde für einen Verein

Zuschüsse einer Gemeinde an einen Verein für die Bewirtschaftung der ihm dauerhaft überlassenen Sportanlage unterliegen nicht der Umsatzsteuer, wenn der Verein nicht zu Gegenleistungen verpflichtet ist und der Verein auch keine Aufgaben der Gemeinde übernimmt.

Hintergrund: Der Umsatzsteuer unterliegt ein Entgelt für eine Leistung. Hingegen sind sog. echte Zuschüsse kein Entgelt.

Sachverhalt: Der Kläger war ein Sportverein, der aufgrund eines langfristigen Nutzungsvertrags mit der Gemeinde die gemeindliche Sportanlage unentgeltlich nutzen durfte. Nach diesem Nutzungsvertrag musste der Kläger die Anlage instandhalten und pflegen. Hierfür erhielt er von der Gemeinde jährliche Zuschüsse in den Jahren 2011 bis 2014 von jährlich ca. 13.000 €. Außerdem erhielt der Kläger im Jahr 2014 noch einen gesonderten Zuschuss von ca. 35.000 € für bestimmte Modernisierungsmaßnahmen. Der Kläger behandelte die Zuschüsse als nicht umsatzsteuerbar, zog aber die Vorsteuer aus den Instandhaltungs- und Baumaßnahmen zu ca. 70 % ab. Das Finanzamt unterwarf die Zuschüsse der Umsatzsteuer.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht der ersten Instanz zurück:

  • Die Zuschüsse waren nicht umsatzsteuerbar, da es sich um sog. echte Zuschüsse handelte, die ohne Gegenleistung, d.h. ohne Leistungsaustausch gezahlt wurden. Eine Umsatzsteuerbarkeit ist nur dann zu bejahen, wenn es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen einer Leistung und einem Entgelt gibt.
  • Ob es sich um ein Entgelt oder um einen echten Zuschuss handelt, hängt von dem Zahlungsempfänger und dem Förderungsziel ab. Im Streitfall ging es der Gemeinde nicht darum, konkrete Betreiberleistungen vom Verein (Kläger) für sich zu beziehen. Denn die Nutzungsüberlassung der Sportanlage war langfristig und unentgeltlich erfolgt, und der Kläger war nicht verpflichtet, bestimmte Sportangebote vorzuhalten. Vielmehr sollten es die Zuschüsse dem Kläger ermöglichen, die Sportanlage zu nutzen. Zudem gehörten auch weder das Bereithalten der Sportanlage noch ein gewisses Sportangebot zu den Pflichtaufgaben der Gemeinde, so dass der Kläger auch keine Aufgaben der Gemeinde übernahm.
  • Die Sache ist an das Finanzgericht zur weiteren Aufklärung zurückverwiesen worden, damit dieses die Berechtigung zum Vorsteuerabzug überprüfen kann.

Hinweise: Der Kläger leitete seine Berechtigung zum Vorsteuerabzug daraus ab, dass er Sportveranstaltungen mit zahlenden Zuschauern durchführte und das Sportheim auch für seinen Gaststättenbetrieb nutzte und insoweit jeweils umsatzsteuerbare und -pflichtige Umsätze ausführte. Dies muss das FG nun überprüfen.

Die Abgrenzung zwischen umsatzsteuerbarem Entgelt und nicht umsatzsteuerbaren Zuschüssen wird etwa bei Forschungszuschüssen relevant. Für die Umsatzsteuerbarkeit spricht es, wenn der Zuschussempfänger dem Zuschussgeber die Forschungsleistung zuwenden soll. Hier prüft man u.a., welchen Zweck der Zuschussgeber verfolgt.

BFH, Urteil v. 18.11.2021 – V R 17/20; NWB

Verzicht auf Umsatzsteuerbefreiung bei Übertragung des hälftigen Miteigentums

Erwerben Ehegatten beim Kauf einer Immobilie jeweils das hälftige Miteigentum und verzichtet der Verkäufer auf die gesetzliche Steuerfreiheit für Grundstücksübertragungen, schuldet jeder der Miteigentümer-Ehegatten die aufgrund des Verzichts für seinen Miteigentumsanteil entstehende Umsatzsteuer. Ein Umsatzsteuerbescheid, der sich an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die sich aus den Ehegatten zusammensetzt, richtet, wäre hingegen rechtswidrig, weil die GbR nicht Schuldnerin der Umsatzsteuer ist.

Hintergrund: Grundstücksübertragungen, die der Grunderwerbsteuer unterliegen, sind zwar umsatzsteuerfrei. Der Verkäufer kann aber im Grundstückskaufvertrag auf die Steuerfreiheit verzichten, so dass Umsatzsteuer entsteht; diese Umsatzsteuer schuldet dann der Leistungsempfänger nach dem sog. Reverse-Charge-Verfahren. Danach entsteht bei bestimmten Umsätzen die Umsatzsteuer aufseiten des Leistungsempfängers.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine GbR, die aus den Eheleuten G bestand. Mit notariellen Kaufverträgen vom 20.8.2012 erwarben die Eheleute jeweils zu hälftigem Miteigentum zwei noch zu errichtende Wohnungen, die sie vermieten wollten. Nach den Kaufverträgen verzichtete der Verkäufer auf die gesetzliche Umsatzsteuerfreiheit. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Umsatzsteuerschuld auf die GbR übergegangen sei und erließ im Jahr 2015 einen Umsatzsteuerbescheid gegenüber der GbR (Klägerin). Hiergegen wehrte sich die Klägerin.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:

  • Die GbR war nicht Schuldnerin der Umsatzsteuer. Verzichtet der Verkäufer im notariellen Kaufvertrag über ein Grundstück auf die gesetzliche Umsatzsteuerfreiheit, wird der Leistungsempfänger Schuldner der Umsatzsteuer.
  • Wer Steuerschuldner ist, richtet sich nach dem Kaufvertrag. Denn zum einen beruht die gesetzliche Umsatzsteuerfreiheit auf einem grunderwerbsteuerbaren Vorgang, der im Streitfall der Kaufvertrag war. Zum anderen ergibt sich auch der Verzicht auf die gesetzliche Steuerfreiheit aus dem Kaufvertrag.
  • Nach dem Kaufvertrag erwarb jeder der beiden Ehegatten einen einzelnen Miteigentumsanteil. Daher war jeder Ehegatte Schuldner der auf ihn entfallenden Umsatzsteuer, nicht aber die GbR. Das Finanzamt hat den Umsatzsteuerbescheid daher zu Unrecht gegenüber der GbR erlassen.

Hinweise: Anders wäre der Fall zu entscheiden gewesen, wenn die GbR das vollständige Eigentum an den beiden Wohnungen erworben hätte. In diesem Fall hätte der Umsatzsteuerbescheid an die GbR gerichtet werden müssen.

Ob tatsächlich eine GbR bestand, brauchte der BFH nicht zu entscheiden. Denn in jedem Fall war nur der jeweilige Ehegatte Schuldner der Umsatzsteuer. Gleichwohl konnte die GbR klagen, und zwar auch dann, wenn es sie gar nicht gegeben haben sollte; denn wenn sich ein Steuerbescheid gegen eine Personengesellschaft richtet, darf die angebliche Personengesellschaft gegen diesen Bescheid klagen, um den Rechtsschein, den der Bescheid erzeugt, zu beseitigen.

Grunderwerbsteuerlich ist jeder Ehegatte einzeln zur Grunderwerbsteuer heranzuziehen, wenn die Ehegatten gemeinsam ein Grundstück zu gemeinschaftlichem Eigentum erwerben. Jeder Ehegatte ist dann Schuldner der auf ihn entfallenden Grunderwerbsteuer; eine Gesamtschuldnerschaft besteht nicht. Diese Grundsätze werden umsatzsteuerlich übernommen, weil das Umsatzsteuerrecht beim Erwerb von Immobilien an das Grunderwerbsteuerrecht anknüpft.

Der Verzicht auf die gesetzliche Umsatzsteuerfreiheit löst zwar Umsatzsteuer aus. Will der Erwerber die Immobilie aber umsatzsteuerpflichtig vermieten, kann er die aufgrund des Erwerbs entstehende Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen.

BFH, Urteil v. 25.11.2021 – V R 44/20; NWB

Insolvenzverwaltervergütung ist keine außergewöhnliche Belastung

  • Die Vergütung für einen Insolvenzverwalter ist nicht als außergewöhnliche Belastung absetzbar. Es handelt sich nämlich nicht um eine außergewöhnliche Aufwendung, da die Überschuldung eine Vielzahl von Steuerpflichtigen trifft.

Hintergrund: Außergewöhnliche Belastungen sind steuerlich absetzbar. Bei außergewöhnlichen Belastungen handelt es sich um Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen, und zwar in einem größeren Umfang als der überwiegenden Anzahl der Steuerpflichtigen. Ein typisches Beispiel sind Krankheitskosten oder Schäden infolge einer Naturkatastrophe.

Sachverhalt: Über das Vermögen des X wurde im Jahr 2007 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Das Insolvenzgericht setzte die Vergütung des Klägers im September 2012 auf ca. 3.760 € fest; der Kläger entnahm die Vergütung aus dem eingerichteten Treuhandkonto. Im November 2012 wurde dem X die Restschuldbefreiung angekündigt und der Kläger zum Treuhänder bestellt. Im Januar 2013 wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben; allerdings ordnete das Insolvenzgericht bezüglich der Einkommensteuererstattungsansprüche, für die der Sachverhalt während der Dauer des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden war, die sog. Nachtragsverteilung an. Der Kläger reichte anschließend für den X die Einkommensteuererklärung für 2012 ein und machte die Insolvenzverwaltervergütung als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt erkannte diese nicht an und gab den Bescheid gegenüber dem Kläger bekannt.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) erkannte eine außergewöhnliche Belastung des X nicht an und wies die Klage ab:

  • Zwar hat der X die Insolvenzverwaltervergütung gezahlt, da sie von seinem Treuhandkonto entnommen worden ist. Das Treuhandkonto gehörte zum Vermögen des X. Die hieraus resultierende Belastung ist nicht dadurch entfallen, dass dem X nach Abschluss des Insolvenzverfahrens Restschuldbefreiung erteilt worden ist; denn von der Restschuldbefreiung werden nicht die Kosten des Insolvenzverfahrens erfasst.
  • Die Insolvenzverwaltervergütung ist aber nicht außergewöhnlich und erfüllt deshalb nicht die Voraussetzungen einer außergewöhnlichen Belastung. Die Überschuldung von Privatpersonen ist nämlich kein gesellschaftliches Randphänomen, sondern das Verbraucher-Insolvenzverfahren wurde bis Ende 2019 für ca. 2,13 Mio. Privatpersonen durchgeführt.

Hinweise: Der BFH hält damit an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht mehr fest. Nach der bisherigen Rechtsprechung konnte der Steuerpflichtige eine Insolvenztreuhändervergütung insbesondere dann als außergewöhnliche Belastungen geltend machen, wenn er die Ursache seiner Überschuldung nicht selbst gesetzt hat. In seinem aktuellen Urteil macht der BFH deutlich, dass eine Insolvenz mehrere Ursachen haben kann, z.B. eine Scheidung, der Tod des Partners, eine Krankheit, eine gescheiterte Selbständigkeit oder ein zu niedriges Einkommen. Eine Verschuldensprüfung kann daher durch die Finanzämter und Finanzgerichte nicht erfolgen.

Der Hinweis des BFH auf die fehlende Außergewöhnlichkeit ist nicht ganz überzeugend. Denn auch Krankheitskosten treten bei Millionen Menschen auf und werden dennoch als außergewöhnliche Belastungen anerkannt.

Aufgrund des Nachtragsverteilungsverfahrens war der Kläger als Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder berechtigt, die Einkommensteuererklärung für den X für 2012 zu erstellen und auch gegen den Einkommensteuerbescheid vorzugehen.

BFH, Urteil v. 16.12.2021 – VI R 41/18; NWB