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Umsatzsteuerfreiheit der Ortskundeprüfung für Taxifahrer

Ein Berufsverband, der Ortskundeprüfungen für angehende Taxifahrer gegen Zahlung einer Gebühr durchführt, erbringt eine umsatzsteuerfreie Leistung. Die Gebühr unterliegt daher nicht der Umsatzsteuer.

Hintergrund: Der Gesetzgeber stellt Lehrveranstaltungen von Einrichtungen, die dem Zweck eines Berufsverbands dienen, umsatzsteuerfrei, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden.

Streitfall: Der Kläger war ein Berufsverband, der nicht gemeinnützig war. Er führte im Streitjahr 2011 Ortskundeprüfungen für angehende Taxifahrer durch und erhielt hierfür eine Gebühr auf der Grundlage einer Gebührenordnung. Hierfür stellte der Kläger keine Umsatzsteuer in Rechnung. Das Finanzamt verlangte vom Kläger jedoch Umsatzsteuer.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) bejahte die Umsatzsteuerfreiheit und gab der Klage statt:

  • Zwar war die Leistung des Klägers umsatzsteuerbar, unterlag also dem Grunde nach der Umsatzsteuer. Denn es gab einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Abnahme der Ortskundeprüfung und der entrichteten Gebühr; unbeachtlich war, dass die Leistung des Klägers im öffentlichen Interesse lag.
  • Die Leistung war aber umsatzsteuerfrei. Sie fällt nämlich unter die Umsatzsteuerfreiheit für Lehrveranstaltungen, die auch die Aus- und Fortbildung sowie die berufliche Umschulung umfasst. Hierzu gehören Schulungsmaßnahmen mit einem direkten Bezug zu einem Gewerbe oder einem Beruf sowie jegliche Schulungsmaßnahmen, die dem Erwerb oder dem Erhalt beruflicher Kenntnisse dienen.
  • Die Ortskundeprüfung war eine Schulungsmaßnahme mit einem direkten Bezug zu einem Beruf. Denn sie stellte den Schlusspunkt sowie den notwendigen Bestandteil einer Schulungsmaßnahme zum Beruf des Taxifahrers dar. Ohne Ortskundeprüfung durfte der Beruf des Taxifahrers im Streitjahr nicht ausgeübt werden. Für die Steuerbefreiung ist nicht erforderlich, dass derselbe Anbieter sowohl die eigentliche Schulungsmaßnahme als auch die Prüfung durchführen muss.
  • Die weiteren Voraussetzungen der gesetzlichen Steuerbefreiung lagen vor. Der Kläger war ein Berufsverband, und die Einnahmen aus den Gebühren dienten überwiegend zur Kostendeckung. Letzteres folgt daraus, dass die Gebührenordnung die Gebührensätze danach festlegt, dass der mit den Amtshandlungen verbundene Personal- und Sachaufwand gedeckt wird.

Hinweise: Die bisherigen aktuellen Entscheidungen des BFH im Bereich der Umsatzsteuerfreiheit für Unterricht betrafen den Schul- und Hochschulunterricht. Der BFH hat in diesem Bereich entschieden, dass Unterricht nur dann steuerfrei ist, wenn er der Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten bezüglich eines breiten und vielfältigen Stoffspektrums dient; daher hat der BFH den Schwimmunterricht und Fahrschulunterricht (für private Zwecke) nicht als umsatzsteuerfrei behandelt.

Das aktuelle Urteil betrifft hingegen den Bereich der Aus- und Fortbildung sowie der beruflichen Umschulung. Der BFH stellt klar, dass die Begriffe der Aus- und Fortbildung sowie der beruflichen Umschulung nicht so eng auszulegen sind, dass die Umsatzsteuerbefreiung wirkungslos bliebe.

Quelle: BFH, Urteil v. 30.6.2022 – V R 32/21 (V R 31/17); NWB

Bundestag beschließt Jahressteuergesetz mit höheren Pausch- und Freibeträgen

Der Bundestag hat am 2.12.2022 den Entwurf der Bundesregierung für ein Jahressteuergesetz 2022 gebilligt. Nun muss der Bundesrat dem Vorhaben noch zustimmen.

Zu den wesentlichen Maßnahmen des Gesetzes zählen:

  • Die Fortführung und Verbesserung der Homeoffice-Pauschale: Steuerpflichtige können dauerhaft für jeden Kalendertag, an dem sie ausschließlich zuhause arbeiten, einen Betrag von 6 € geltend machen – ab 2023 maximal 1.260 statt bisher 600 €. Damit sind künftig 210 statt 120 Homeoffice-Tage begünstigt. Die Regelung gilt auch, wenn kein häusliches Arbeitszimmer zur Verfügung steht.
  • Die volle steuerliche Berücksichtigung von Rentenbeiträgen ab 2023 statt ab 2025. Dies ist der erste Schritt, um die sogenannte Doppelbesteuerung von Renten zu vermeiden. Der zweite Schritt – die zeitliche Streckung bei der Besteuerung der Renten – ist in Arbeit. Diese Regelung wird etwas später umgesetzt, jedoch ebenfalls ab 2023 gelten.
  • Die nochmalige Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrages um 30 € ab 2023. Beschäftigte können so ihre Werbungskosten bei der Einkommensteuererklärung pauschal in Höhe von 1.230 € geltend machen.
  • Die Erhöhung des Sparer-Pauschbetrags von 801 auf 1.000 € pro Jahr und des Ausbildungsfreibetrags von 924 auf 1.200 € ab 2023.
  • Die Anhebung des steuerlichen Entlastungsbetrags für Alleinerziehende um 252 € auf nun 4.260 €.
  • Verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten im Wohnungsneubau. Dazu wird der AfA-Satz für Fertigstellungen ab 1.1.2023 von 2 auf 3 % erhöht. Außerdem wird die Möglichkeit zur Sonderabschreibung im Mietwohnungsneubau reaktiviert und an besonderen Effizienzkriterien ausgerichtet.
  • Ein verbesserter steuerlicher Rahmen bei der Anschaffung privater Photovoltaik – Kleinanlagen. Das betrifft die Freistellung von der Einkommen- und von Mehrwertsteuer.
  • Die Schaffung einer Rechtsgrundlage für direkte Zahlungen öffentlicher Leistungen wie das Klimageld. Das Design des Klimagelds ist nicht im Jahressteuergesetz geregelt.
  • Die Umsetzung einer EU-Verordnung zur Einführung eines Energiekrisenbeitrags. Dadurch können in den Jahren 2022 und 2023 entstandene Übergewinne von Unternehmen der Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriewirtschaft besteuert werden.
  • Regelungen zur Besteuerung der Dezember-Soforthilfe für Gas- und Fernwärmekundinnen und -kunden.

Quelle: BT-Drucks. 20/4729, Bundesregierung online, Meldung v. 2.12.2022; NWB

Beginn der Gewerbesteuerpflicht eines gewerblichen Grundstückshändlers

Die Gewerbesteuerpflicht eines gewerblichen Grundstückshändlers beginnt frühestens mit dem Abschluss eines wirksamen Kaufvertrags über die erste Immobilie. Denn erst dann kann er seine Leistung, d.h. Grundstücke, am Markt anbieten. Die vor dem Kauf liegende Tätigkeit ist als bloße Vorbereitungshandlung anzusehen, so dass ein aus den Vorbereitungshandlungen resultierender Verlust gewerbesteuerlich unbeachtlich ist und nicht mit späteren Gewinnen verrechnet werden kann.

Hintergrund: Die sachliche Gewerbesteuerpflicht eines Gewerbebetriebs beginnt, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen eines originär gewerblichen oder eines kraft Gesetzes als gewerblich angesehenen Gewerbebetriebs erfüllt sind. Eine originär gewerbliche Tätigkeit ist z.B. der Verkauf von Waren. Neben der originär gewerblichen Tätigkeit gibt es auch eine fingierte bzw. fiktive gewerbliche Tätigkeit, wenn z.B. eine vermögensverwaltende (z.B. vermietende) GmbH & Co. KG als Komplementärin eine beschränkt haftende GmbH oder AG hat und nur diese geschäftsführungsbefugt ist; man spricht dann von einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG.

Streitfall: Die Klägerin war eine KG, deren Komplementärin eine AG war, die auch geschäftsführungsbefugt war. Die KG wurde im Januar 2011 gegründet und war im Grundstückshandel tätig. Außerdem war im Gesellschaftsvertrag geregelt, dass die Klägerin zur Finanzierung ihres Gesellschaftszwecks Genussrechtskapital in einer bestimmten Höhe aufnimmt. Die Klägerin hatte ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1.6. bis zum 31.5. eines Jahres. Im Juni 2012 schloss die Klägerin ihren ersten Grundstückskaufvertrag ab. Hierfür war sie bereits seit März 2012 aktiv geworden und hatte sich im März 2012 von einem beauftragten Maklerbüro Exposés zusenden lassen, im April 2012 das Grundstück besichtigt und im Mai 2012 den notariellen Kaufvertragsentwurf erhalten. In ihrer Gewerbesteuererklärung für das Wirtschaftsjahr vom 1.6.2011 bis zum 31.5.2012 erklärte die Klägerin einen Verlust in Höhe von ca. 1 Mio. €. Der Verlust war insbesondere durch die Emission von Genussrechten entstanden, z.B. durch Druck- und Prospektkosten sowie Vertriebskosten. Das Finanzamt erkannte den Verlust nicht an und begründete dies damit, dass die Gewerbesteuerpflicht erst im Wirtschaftsjahr 2012/2013 (vom 1.6.2012 bis 31.5.2013) begonnen habe.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Die sachliche Gewerbesteuerpflicht beginnt mit der Aufnahme der sog. werbenden Tätigkeit. Der Unternehmer muss also seine Leistungen am Markt anbieten, z.B. sein Ladenlokal öffnen und die Waren verkaufen.
  • Hingegen genügen Vorbereitungshandlungen noch nicht für die Gewerbesteuerpflicht. Denn sie ermöglichen dem Steuerpflichtigen nicht, seine Leistung am Markt anzubieten. Zu den Vorbereitungshandlungen gehören etwa die Beauftragung des Maklers oder die Besichtigung des Objekts.
  • Die Klägerin ist im Wirtschaftsjahr vom 1.6.2011 bis zum 31.5.2012 lediglich vorbereitend tätig geworden, da sie das erste Grundstück erst im Juni 2012 gekauft hat. Damit begann ihre sachliche Gewerbesteuerpflicht erst im Juni 2012. Im Wirtschaftsjahr vom 1.6.2011 bis 31.5.2012 hat sie lediglich Vorbereitungshandlungen durchgeführt, z. B. den Makler beauftragt oder das Grundstück besichtigt. Auch die Ausgabe von Genussrechten war keine werbende Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Verkauf von Grundstücken. Zwar war die Aufnahme von Genussrechtskapital im Gesellschaftsvertrag geregelt, aber es war nicht der Gesellschaftszweck.

Hinweise: Das Urteil hat zur Folge, dass der von der Klägerin erzielte Verlust des Wirtschaftsjahres 2011/2012 gewerbesteuerlich verloren ist und nicht mit künftigen Gewinnen verrechnet werden kann. Vorteilhaft wäre das Urteil des BFH für die Klägerin aber dann gewesen, wenn sie im Wirtschaftsjahr 2011/2012 einen Gewinn erzielt hätte; denn dieser wäre dann nicht gewerbesteuerpflichtig gewesen. In der Praxis ist allerdings zu berücksichtigen, dass aus Vorbereitungshandlungen regelmäßig Verluste und nicht Gewinne entstehen.

Die hier dargestellten Grundsätze zum Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht gelten für Einzelgewerbetreibende wie auch für originär gewerblich tätige Personengesellschaften. Anders ist dies bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, die nur eine vermögensverwaltende Tätigkeit wie z.B. eine Vermietung ausübt. Hier kommt es für den Beginn des Gewerbebetriebs grundsätzlich auf die Aufnahme der vermögensverwaltenden Tätigkeit, also z.B. die Vermietung, an. Die Klägerin war zwar auch gewerblich geprägt; sie war aber als Grundstückshändlerin in erster Linie originär gewerblich tätig, so dass es auf ihre gewerbliche Prägung nicht ankam.

Quelle: BFH, Urteil v. 1.9.2022 – IV R 13/20; NWB

Keine anschaffungsnahen Aufwendungen nach Entnahme einer Immobilie

Die Entnahme einer Immobilie ist keine Anschaffung und kann daher keine sog. anschaffungsnahen Aufwendungen auslösen. Sanierungsaufwendungen, die nach der Entnahme getätigt werden, um die Immobilie zu vermieten, sind also nicht unter dem Gesichtspunkt anschaffungsnaher Aufwendungen zu aktivieren, sondern grundsätzlich sofort abziehbar.

Hintergrund: Anschaffungs- und Herstellungskosten sind zu aktivieren und über die Nutzungsdauer abzuschreiben. Laufende Instandhaltungskosten, Modernisierungs- oder Sanierungskosten sind grundsätzlich sofort abziehbar. Allerdings hat der Gesetzgeber eine Ausnahme für sog. anschaffungsnahe Aufwendungen eingeführt: Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung der Immobilie durchgeführt werden, können nur über die Nutzungsdauer des Gebäudes abgeschrieben werden, wenn die Aufwendungen ohne Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen.

Streitfall: Der Kläger entnahm im Jahr 2011 eine Wohnung aus seinem Betriebsvermögen in sein Privatvermögen; der für die Entnahme anzusetzende Teilwert der Wohnung belief sich auf ca. 50.000 €. Nach der Entnahme sanierte der Kläger die vermietete Wohnung. Die Sanierung dauerte bis 2013 und verursachte Kosten in Höhe von mehr als 80.000 €. Der Kläger machte die Sanierungskosten als Werbungskosten zum Teil in voller Höhe geltend (Kosten für 2011) bzw. wollte den Aufwand auf fünf Jahre verteilen (Kosten für 2012 und 2013). Das Finanzamt nahm hingegen anschaffungsnahe Aufwendungen an und erkannte nur eine Abschreibung in Höhe von 2 % an.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) folgte der Auffassung des Klägers und gab der Klage statt:

  • Die Annahme anschaffungsnaher Aufwendungen setzt eine Anschaffung voraus. Eine Anschaffung ist im Jahr 2011 aber nicht erfolgt.
  • Zum einen ist für eine Anschaffung ein Rechtsträgerwechsel erforderlich, d.h. ein Wechsel des Eigentümers. Der Kläger war aber vor der Entnahme sowie nach der Entnahme Eigentümer der Wohnung.
  • Zum anderen stellt eine Anschaffung einen entgeltlichen Erwerb dar, der bei einer Entnahme fehlt. Zwar war für die Entnahme ein Teilwert anzusetzen; der Teilwert ist aber kein Entgelt.
  • Eine gesetzliche Regelung, nach der eine Entnahme wie eine Anschaffung zu behandeln ist, fehlt. Eine derartige Regelung gibt es nur bei Spekulationsgeschäften, wonach eine Entnahme als Anschaffung behandelt wird und eine neue Spekulationsfrist auslöst.

Hinweise: Das Urteil des BFH ist erfreulich für Unternehmer, die eine Immobilie aus ihrem Betriebsvermögen entnehmen und anschließend sanieren. Dieser Sanierungsaufwand kann nicht als anschaffungsnahe Aufwendungen behandelt werden.

Daraus folgt aber nicht, dass Aufwendungen nach der Entnahme stets sofort abziehbar sind, wenn die Wohnung vermietet wird. Denn der Sanierungsaufwand kann nach allgemeinen Grundsätzen als nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu behandeln sein, wenn die Wohnung z.B. erweitert wird, indem die Wohnfläche durch einen Ausbau oder Anbau vergrößert wird.

Quelle: BFH, Urteil v. 3.5.2022 – IX R 7/21; NWB