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Grundsatzentscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur umsatzsteuerlichen Organschaft II

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat auch in seinem zweiten Grundsatzurteil die deutschen Regelungen zur umsatzsteuerlichen Organschaft grundsätzlich bestätigt, so dass der Organträger Schuldner der Umsatzsteuer auch der Organgesellschaften ist. Weder die einzelne Organgesellschaft noch die sog. Mehrwertsteuergruppe, d.h. die Gruppe der an der Organschaft beteiligten Personen oder Gesellschaften, sind Steuerschuldner.

Hintergrund: Eine umsatzsteuerliche Organschaft liegt vor, wenn ein Unternehmen (Organgesellschaft) organisatorisch, wirtschaftlich und finanziell in ein anderes Unternehmen (Organträger) eingegliedert ist. Die Umsätze des Organträgers und seiner Organgesellschaft werden dann zusammengefasst und nur vom Organträger versteuert, der auch die Vorsteuer der Organgesellschaft geltend macht. Die Organgesellschaft tritt gegenüber dem Finanzamt also nicht auf.

Sachverhalt: Im Streitfall ging es um eine Organgesellschaft, die im Jahr 2005 Reinigungsleistungen an den Organträger gegen ein Entgelt von ca. 75.000 € erbracht hat. Der Organträger war im Umfang von ca. 7 % hoheitlich tätig, insoweit also kein Unternehmer. Das Finanzamt ging zwar von einer umsatzsteuerlichen Organschaft aus; es stufte jedoch die Reinigungsleistungen als unentgeltliche Wertabgabe ein, soweit die Reinigung auf den hoheitlichen Betrieb des Organträgers entfiel, und setzte insoweit Umsatzsteuer gegenüber dem Organträger fest. Der Bundesfinanzhof (BFH) rief den EuGH an und wollte wissen, ob der Organträger als Steuerschuldner anzusehen ist oder ob die sog. Mehrwertsteuergruppe als Steuerschuldnerin anzusehen ist.

Entscheidung: Der EuGH bestätigte im Grundsatz die umsatzsteuerliche Organschaft:

  • Der deutsche Gesetzgeber darf bei einer Gruppe von Personen bzw. Gesellschaften, die wirtschaftlich, finanziell und organisatorisch eng miteinander verbunden sind, die Umsatzsteuer allein gegenüber dem Organträger festsetzen. Die einzelnen Personen bzw. Gesellschaften des Organkreises bilden eine Mehrwertsteuergruppe, die durch den Organträger vertreten wird; der Organträger ist Steuerschuldner der Umsatzsteuer, und die Organgesellschaft haftet für die Umsatzsteuer, falls der Organträger nicht zahlt.
  • Die Reinigungsleistungen der Organgesellschaft können nicht als unentgeltliche Wertabgabe besteuert werden, da sie gegen Entgelt erbracht worden sind. Das europäische Mehrwertsteuerrecht erfasst als unentgeltliche Wertabgaben nur unentgeltliche Leistungen.

Hinweise: Auch in dieser Grundsatzentscheidung bestätigt der EuGH das deutsche Recht der umsatzsteuerlichen Organschaft.

Die eigentliche Streitfrage wird aber nicht abschließend beantwortet. Zwar kann die Reinigung, soweit sie auf den hoheitlichen Teil entfällt, nicht als unentgeltliche Wertabgabe besteuert werden. Offen bleibt aber, ob es sich um einen nicht steuerbaren Innenumsatz handelt, so dass keine Umsatzsteuer anfiele, oder ob es sich gar um eine umsatzsteuerbare entgeltliche Leistung handelt; nach der Parallelentscheidung erscheint Letzteres nicht ausgeschlossen, falls die Organgesellschaft ein wirtschaftliches Risiko getragen haben sollte. Der BFH muss dies nun entscheiden, da bei ihm das Verfahren fortgeführt wird.

Quelle: EuGH, Urteil v. 1.12.2022 – Rs. C-269/20 (auf Vorlagebeschluss des V. Senats des BFH – V R 40/19); NWB

Das ändert sich 2023 bei der Steuer

Mit dem Jahreswechsel treten eine Reihe neuer gesetzlicher Regeln in Kraft. Das Bundesfinanzministerium informiert über ausgewählte Neuregelungen im Jahr 2023.

Änderungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer:

  • Grundfreibetrag wird erhöht: Der steuerliche Grundfreibetrag sorgt dafür, dass das Existenzminimum für alle steuerfrei bleibt. Für 2023 wird er um 561 € auf 10.908 € angehoben. Für 2024 ist eine weitere Anhebung um 696 € auf 11.604 € vorgesehen.
  • Steuerlast wird an die Inflation angepasst: Damit eine Gehaltserhöhung zum Ausgleich steigender Preise nicht zu einer schleichenden Steuererhöhung führt, wird der Einkommensteuertarif an die Inflation angepasst. Das bedeutet: Löhne und Gehälter werden nicht höher besteuert, insoweit ihr Anstieg lediglich die Inflation ausgleicht.
  • Höhere Freigrenze beim Soli: Seit Anfang 2021 ist der Solidaritätszuschlag für rund 90 % derjenigen, die Lohnsteuer und veranlagte Einkommensteuer zahlen, durch die Anhebung der Freigrenzen vollständig entfallen. Die Freigrenze von bisher 16.956 € wird im Jahr 2023 auf 17.543 € angehoben, 2024 steigt sie weiter auf 18.130 €. Damit wird auch die Berechnung des Soli an die Inflation angepasst.
  • Homeoffice-Regelung wird verbessert: Gute Nachrichten für alle, die ohne eigenes Arbeitszimmer im Homeoffice arbeiten: Ab 2023 können sie an bis zu 210 statt bisher 120 Homeoffice-Tagen einen pauschalen Werbungskostenabzug bei der Einkommensteuer geltend machen. Pro Heimarbeitstag können 6 € angesetzt werden, also bis zu 1.260 € im Jahr.
  • Arbeitnehmerpauschbetrag wird erhöht: Der Pauschbetrag für Werbungskosten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wird zum 1.1.2023 weiter auf 1.230 € erhöht. Mit dem ersten Entlastungspaket war er zuvor bereits rückwirkend zum 1.1.2022 von 1.000 auf 1.200 € erhöht worden. Bis zur Höhe des Pauschbetrags können Beschäftigte ihre Werbungskosten bei der Einkommensteuererklärung pauschal geltend machen, ohne diese anhand von Belegen nachweisen zu müssen.
  • Rentenbeiträge werden voll absetzbar: Ab dem 1.1.2023 können Aufwendungen für die Altersvorsorge vollständig von der Steuer abgesetzt werden. Dadurch erhöhen sich die als Sonderausgaben abzugsfähigen Altersvorsorgeaufwendungen im Jahr 2023 um 4 Prozentpunkte. Für viele Bürgerinnen und Bürger bedeutet das eine Entlastung bei der Einkommensteuer.

Änderungen für Eltern

  • Mehr Geld für Kinder: Das Kindergeld wird ab dem 1.1.2023 einheitlich auf 250 € pro Kind erhöht. Für das 1. und 2. Kind bedeutet dies jeweils ein Plus von monatlich 31 €, für das 3. Kind von 25 €. Der Kinderfreibetrag (einschließlich des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes) wird rückwirkend zum 1.1.2022 um 160 € auf 8.548 € erhöht. Zum 1.1.2023 steigt er um weitere 404 € auf 8.952 € und zum 1.1.2024 um weitere 360 € auf 9.312 €. Der Höchstbetrag für den steuerlichen Abzug von Unterhaltsleistungen, dessen Höhe an den Grundfreibetrag angelehnt ist, wird ebenfalls angehoben.
  • Der Ausbildungsfreibetrag wird angehoben: Viele Eltern unterstützen ihre Kinder während der Berufsausbildung finanziell. Ist der Nachwuchs zum Beispiel volljährig und wohnt nicht mehr zu Hause, so kann der Freibetrag zur Abgeltung des Sonderbedarfs eines auswärtig untergebrachten volljährigen Kindes in Berufsausbildung (so genannter „Ausbildungsfreibetrag“) geltend gemacht werden. Dieser wird ab dem 1.1.2023 von 924 € auf 1.200 € je Kalenderjahr angehoben.
  • Alleinerziehende werden unterstützt: Alleinerziehende werden bei der Lohn- und Einkommensteuer mit einem besonderen Freibetrag entlastet. Dieser Entlastungsbetrag wurde für die Jahre 2020 und 2021 mehr als verdoppelt und gilt seit dem Jahr 2022 unbefristet. In Anerkennung der Situation von Alleinerziehenden wird der Entlastungsbetrag zum 1.1.2023 um weitere 252 € auf 4.260 € angehoben.

Änderungen für Sparerinnen und Sparer

  • Sparen und Investieren lohnt sich mehr: Der Sparer-Pauschbetrag ist ein pauschaler Ausgleich dafür, dass ein Abzug der tatsächlichen Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeschlossen ist. Er wird ab dem Veranlagungszeitraum 2023 von 801 € auf 1.000 € für Alleinstehende und von 1.602 € auf 2.000 € für Ehegatten/Lebenspartner erhöht.

Änderungen für Hausbauerinnen und Hausbauer

  • Klimagerechtes Bauen wird gefördert: Mit steuerlichen Anreizen wird der klimagerechte Wohnungsbau unterstützt. Zum 1.1.2023 wird der jährliche lineare AfA-Satz für die Abschreibung von Wohngebäuden von 2 auf 3 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten angehoben.

    Durch die Neuauflage einer zeitlich befristeten Sonder-AfA können innerhalb von vier Jahren 5 % der Herstellungskosten für neu geschaffene Mietwohnungen steuerlich abgesetzt werden. Zukünftig kann die Eigenheimrenten-Förderung („Wohn-Riester“) auch für Aufwendungen für energetische Maßnahmen genutzt werden (z. B. für Wärmedämmungen oder die Erneuerung von Fenstern oder Heizungsanlagen).

  • Energiewende voranbringen: Rückwirkend ab dem 1.1.2022 wird für Einnahmen aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen bis zu einer Bruttonennleistung von 30 Kilowatt eine Ertragssteuerbefreiung eingeführt. Für diese Photovoltaikanlagen ist kein Gewinn mehr zu ermitteln und damit sind in den Einkommensteuererklärungen keine Angaben mehr erforderlich.

    Für die Lieferung und Installation von Photovoltaikanlagen und Stromspeichern gilt in Zukunft ein umsatzsteuerlicher Nullsteuersatz. Im Zusammenhang mit der Steuerbefreiung für Photovoltaikanlagen wird die Beratungsbefugnis von Lohnsteuerhilfevereinen erweitert.

Änderungen für die Wirtschaft

  • Hilfe für energieintensive Unternehmen: Mit der Verlängerung des so genannten Spitzenausgleichs werden ca. 9.000 energieintensive Unternehmen des Produzierenden Gewerbes angesichts der hohen Energiepreise unterstützt und die Sicherung einer bezahlbaren Energieversorgung gewährleistet. Für die Zeit ab 2024 sollen diese Begünstigungen reformiert werden, um zur Erreichung der Klimaschutzziele beizutragen.
  • Kleine Brauereien werden gestärkt: Zur Förderung des Erhalts kleiner und mittelständischer Brauereien wurden die eigentlich bis Ende 2022 befristet geltenden ermäßigten Steuersätze der Biersteuermengenstaffel entfristet und dauerhaft beibehalten. Diese Regelung tritt mit Wirkung vom 1.1.2023 in Kraft.
  • Die Gastronomie wird unterstützt: 2020 wurde im Zuge der Corona-Pandemie der Umsatzsteuersatz auf Speisen für die Gastronomie auf 7 % gesenkt. Diese Stützungsmaßnahme wurde über den 31.12.2022 hinaus befristet bis zum 31.12.2023 verlängert.
  • Für die Landwirtschaft: Um EU-rechtlichen Vorgaben im Umsatzsteuerrecht Rechnung zu tragen, wurde für 2022 der Durchschnittssatz für Pauschallandwirte auf 9,5 % angepasst und die Berechnungsmethode im Gesetz verankert. Für das Jahr 2023 wurde der Durchschnittssatz auf 9,0 % gesenkt. Ziel ist es, Rechtsstreitigkeiten auf EU-Ebene zu vermeiden.

Quelle: BMF online, Meldung v. 23.12.2022; NWB

Grundsatzentscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur umsatzsteuerlichen Organschaft I

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat zwei Grundsatzentscheidungen zur umsatzsteuerlichen Organschaft gefällt. In der ersten Entscheidung bestätigt er im Grundsatz die deutschen Regelungen zur umsatzsteuerlichen Organschaft und die Besteuerung nur des Organträgers. Für eine finanzielle Eingliederung genügt eine Mehrheitsbeteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft, ohne dass es einer Stimmrechtsmehrheit bedarf. Jedoch bleibt unklar, ob der EuGH Leistungen einer Organgesellschaft an den Organträger als umsatzsteuerbar ansieht und nicht umsatzsteuerbare Innenumsätze ablehnt.

Hintergrund: Eine umsatzsteuerliche Organschaft liegt vor, wenn ein Unternehmen (Organgesellschaft) organisatorisch, wirtschaftlich und finanziell in ein anderes Unternehmen (Organträger) eingegliedert ist. Die Umsätze des Organträgers und seiner Organgesellschaft(en) werden dann zusammengefasst und nur vom Organträger versteuert, der auch die Vorsteuer der Organgesellschaften geltend macht. Die Organgesellschaft(en) treten gegenüber dem Finanzamt also nicht auf, weil der Organträger ihre Umsätze versteuert und ihre Vorsteuern abzieht.

Sachverhalt: Die Klägerin war die Norddeutsche Gesellschaft für Diakonie GmbH, die zwei Gesellschafter hatte: zum einen die A, die im Streitjahr 2005 Anteile im Umfang von 51 % hielt und sieben Stimmrechte hatte, sowie den C-Verein, der 49 % hielt und ebenfalls sieben Stimmrechte hatte. Das Finanzamt verneinte mangels Stimmenmehrheit der A eine finanzielle Eingliederung der Klägerin in das Unternehmen der A und verneinte damit auch eine umsatzsteuerliche Organschaft zwischen der Klägerin und der A. Es unterwarf deshalb die von der Klägerin an A sowie an Dritte erbrachten Leistungen der Umsatzsteuer. Der Fall kam zum Bundesfinanzhof (BFH), der ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH richtete und wissen wollte, ob bei einer Organschaft zu Recht nur der Organträger in Anspruch genommen wird oder ob stattdessen die sog. Mehrwertsteuergruppe, d.h. die Personen und Gesellschaften der Organschaft, die Umsatzsteuer abführen muss.

Entscheidung: Der EuGH bestätigte im Grundsatz die umsatzsteuerliche Organschaft:

  • Der deutsche Gesetzgeber darf bei einer Gruppe von Personen bzw. Gesellschaften, die wirtschaftlich, finanziell und organisatorisch eng miteinander verbunden sind, die Umsatzsteuer allein gegenüber dem Organträger festsetzen. Gerechtfertigt ist dies jedenfalls dann, wenn der Organträger in der Lage ist, seinen Willen bei den Organgesellschaften durchzusetzen. Die Organschaft darf auch nicht zur Gefahr von Steuerverlusten führen.
  • Die finanzielle Eingliederung der Klägerin in das Unternehmen der A dürfte zu bejahen sein. Denn für eine finanzielle Eingliederung ist eine Mehrheitsbeteiligung an der Organschaft ausreichend, und die A hielt 51 % der Anteile. Die finanzielle Eingliederung verlangt nicht, dass der Organträger zusätzlich zur Mehrheitsbeteiligung noch eine Stimmenrechtsmehrheit hat. Daher steht es der Organschaft nicht entgegen, dass die A nur sieben von 14 Stimmrechten hatte, also lediglich die Hälfte.
  • Es erscheint allerdings nicht zwingend, dass die Leistungen der Klägerin an die A nicht umsatzsteuerbare Innenumsätze sind. Trägt die Organgesellschaft die wirtschaftlichen Risiken, die sich aus ihrer Tätigkeit ergeben, selbst, spricht dies für eine Selbständigkeit, so dass es auch gerechtfertigt sein kann, dass die Organgesellschaft dann auch Umsatzsteuer abführen muss.

Hinweise: Im Grundsatz hat der EuGH die deutschen Regelungen zur umsatzsteuerlichen Organschaft bestätigt: Der Organträger schuldet die Umsatzsteuer, während die Organgesellschaften bzw. die Mehrwertsteuergruppe nicht Steuerschuldner sind. Außerdem haftet der Organträger für die Umsatzsteuern, die durch die Leistungen der Organgesellschaften verursacht werden.

Präzisiert hat der EuGH das Kriterium der finanziellen Eingliederung, indem es nicht auf die Stimmenmehrheit ankommt, sondern eine Mehrheitsbeteiligung genügt.

Nicht deutlich sind jedoch die Ausführungen zur möglichen Umsatzsteuerschuld der Klägerin, soweit sie ein wirtschaftliches Risiko getragen hat. Bislang geht man nach deutschem Recht davon aus, dass die Organgesellschaft in keinem Fall Umsatzsteuer schuldet: Die Leistungen der Organgesellschaft an Dritte werden vom Organträger versteuert, und die Leistungen der Organgesellschaft an den Organträger werden als nicht umsatzsteuerbare Innenumsätze behandelt. Hier muss man nun auf die Entscheidung des BFH warten, der das Verfahren fortführen muss.

Quelle: EuGH, Urteil v. 1.12.2022 – Rs. C-141/20 (Vorlagebeschluss des XI. Senats des BFH – XI R 16/18); NWB

Bundesrat stimmt Jahressteuergesetz 2022 zu

Der Bundesrat hat am 16.12.2022 dem Jahressteuergesetz 2022 zugestimmt.

Das Jahressteuergesetz 2022 vereint zahlreiche Einzeländerungen im Steuerrecht, die teilweise zu Entlastungen als auch Erhöhungen führen. Steuervorteile ergeben sich unter anderem für den Mietwohnungsbau, den Betrieb kleiner Solarstromanlagen und das Arbeiten im Homeoffice. Änderungen im Bewertungsgesetz könnten hingegen zu höheren Steuerbeträgen bei der Übertragung von Immobilienvermögen führen. Für Unternehmen in der Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriewirtschaft sieht das Gesetz eine Übergewinnabgabe vor.

Noch einmal kurz zusammengefasst die wesentlichen Regelungen (s. hierzu auch unsere Nachricht vom 5.12.2022):

  • Fortführung und Verbesserung der Homeoffice-Pauschale: Steuerpflichtige können dauerhaft für jeden Kalendertag, an dem sie ausschließlich zuhause arbeiten, einen Betrag von 6 € geltend machen – ab 2023 maximal 1.260 statt bisher 600 €. Damit sind künftig 210 statt 120 Homeoffice-Tage begünstigt. Die Regelung gilt auch, wenn kein häusliches Arbeitszimmer zur Verfügung steht.
  • Volle steuerliche Berücksichtigung von Rentenbeiträgen ab 2023 statt ab 2025. Dies ist der erste Schritt, um die sogenannte Doppelbesteuerung von Renten zu vermeiden. Der zweite Schritt – die zeitliche Streckung bei der Besteuerung der Renten – ist in Arbeit. Diese Regelung wird etwas später umgesetzt, jedoch ebenfalls ab 2023 gelten.
  • Nochmalige Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrages um 30 € ab 2023. Beschäftigte können so ihre Werbungskosten bei der Einkommensteuererklärung pauschal in Höhe von 1.230 € geltend machen.
  • Erhöhung des Sparer-Pauschbetrags von 801 auf 1.000 € pro Jahr und des Ausbildungsfreibetrags von 924 auf 1.200 € ab 2023.
  • Anhebung des steuerlichen Entlastungsbetrags für Alleinerziehende um 252 € auf nun 4.260 €.
  • Verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten im Wohnungsneubau. Dazu wird der AfA-Satz für Fertigstellungen ab 1.1.2023 von 2 auf 3 % erhöht. Außerdem wird die Möglichkeit zur Sonderabschreibung im Mietwohnungsneubau reaktiviert und an besonderen Effizienzkriterien ausgerichtet.
  • Verbesserter steuerlicher Rahmen bei der Anschaffung privater Photovoltaik – Kleinanlagen. Das betrifft die Freistellung von der Einkommen- und von Mehrwertsteuer.
  • Schaffung einer Rechtsgrundlage für direkte Zahlungen öffentlicher Leistungen wie das Klimageld.
  • Anpassung des Ertrags- und das Sachwertverfahren zur Bewertung bebauter Grundstücke an die geänderte Immobilienwertermittlungsverordnung. Dies kann zu höheren Steuerbeträgen bei der Übertragung von Immobilienvermögen führen.
  • Umsetzung einer EU-Verordnung zur Einführung eines Energiekrisenbeitrags. Dadurch können in den Jahren 2022 und 2023 entstandene Übergewinne von Unternehmen der Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriewirtschaft besteuert werden.
  • Regelungen zur Besteuerung der Dezember-Soforthilfe für Gas- und Fernwärmekundinnen und -kunden.

Quelle: BundesratKOMPAKT, Meldung v. 16.12.2022 sowie Bundesregierung online, Meldung v. 2.12.2022; NWB

Umsatzsteuerfreiheit von Supervisionsleistungen

Supervisionsleistungen eines Unternehmers sind nach europäischem Recht umsatzsteuerfrei, wenn die Supervision der Ausbildung, Fortbildung oder beruflichen Umschulung dient. Es ist nicht erforderlich, dass es sich bei der Supervision um Unterricht handelt, der ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen vermittelt.

Hintergrund: Nach deutschem Recht sind Unterrichtsleistungen unter bestimmten Voraussetzungen umsatzsteuerfrei. Die Umsatzsteuerfreiheit gilt z.B. für private Schulen und andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen, deren Leistungen unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass die Schule auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Nach dem europäischen Recht ist hingegen der von Privatlehrern erteilte Schul- und Hochschulunterricht umsatzsteuerfrei.

Sachverhalt: Die Klägerin erbrachte selbständig Supervisionsleistungen. Sie schloss mit Arbeitgebern Verträge und führte die Supervision bei deren Arbeitnehmern durch. Gegenstand der Supervision war die Bewältigung des beruflichen Alltags, nicht aber die Lösung persönlicher Probleme. Die Klägerin erzielte in den Streitjahren 2012 bis 2014 neben ihren Honoraren aus der Supervision noch Honorare aus einer Hochschultätigkeit in Höhe von ca. 2.500 € bis ca. 5.000 €. Sie behandelte ihre Umsätze aus der Supervision als umsatzsteuerfrei und ging davon aus, dass sie hinsichtlich ihrer Hochschulumsätze Kleinunternehmerin sei, da sie die in den Streitjahren geltende Umsatzgrenze von 17.500 €, die für steuerpflichtige Umsätze der jeweiligen Vorjahre galt, nicht überschritten habe. Das Finanzamt setzte hingegen Umsatzsteuer fest.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Zwar kann sich die Klägerin nicht auf eine Umsatzsteuerbefreiung nach deutschem Recht berufen. Denn sie erfüllte nicht die gesetzlichen Voraussetzungen, weil sie z.B. keine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde vorweisen konnte.
  • Jedoch gilt für die Klägerin die Umsatzsteuerbefreiung nach europäischem Recht. Die Klägerin war nämlich Privatlehrerin und erteilte Unterricht, der die weitere Voraussetzung, die von der Rechtsprechung aufgestellt worden ist, erfüllte: Der Unterricht diente nämlich der Ausbildung, Fortbildung oder beruflichen Umschulung. Dies umfasst auch die Supervision der Klägerin; denn die Supervisionssitzungen sollten Kompetenzen vermitteln, die im beruflichen Alltag erforderlich waren.
  • Zwar verlangt der Europäische Gerichtshof für die Umsatzsteuerfreiheit von Schul- und Hochschulunterricht, dass ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen vermittelt wird, wie es für Schul- bzw. Hochschulunterricht typisch ist. Dieses Erfordernis gilt aber nicht im Bereich der Aus- und Fortbildung wie im Streitfall.

Hinweise: Da die Supervisionshonorare umsatzsteuerfrei waren, blieben sie bei der Prüfung der Umsatzgrenze für Kleinunternehmer außer Ansatz. Die verbleibenden Honorare aus der Hochschultätigkeit lagen unter der in den Streitjahren gültigen Umsatzgrenze von 17.500 €, so dass die Klägerin als Kleinunternehmerin keine Umsatzsteuer schuldete.

Aktuell beträgt die Umsatzgrenze für Kleinunternehmer 22.000 €. Die meisten umsatzsteuerfreien Umsätze gehen in die Ermittlung der Überschreitung der Umsatzgrenze nicht ein.

Quelle: BFH, Beschluss v. 22.6.2022 – XI R 32/21 (XI R 6/19); NWB