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Kein Vorsteuerabzug für bürgerliche Kleidung

Ein Unternehmer, der für seine unternehmerische Tätigkeit bürgerliche Kleidung wie z.B. schwarze Anzüge nutzt, kann aus der Anschaffung und Reinigung der Kleidung keinen Vorsteuerabzug vornehmen. Stellt er seinem Arbeitnehmer bürgerliche Kleidung für die berufliche Tätigkeit zur Verfügung, ist ein Vorsteuerabzug ebenfalls nicht möglich, wenn die Überlassung kein Entgelt für die erbrachte Arbeitsleistung ist.

Hintergrund: Der Vorsteuerabzug ist nach dem Gesetz für Aufwendungen für die private Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Unternehmers mit sich bringt, ausgeschlossen. Gleiches gilt für Aufwendungen, die für den privaten Bedarf des Personals verwendet werden.

Sachverhalt: Der Kläger war in den Streitjahren 2008 bis 2010 selbständiger Trauerredner und schaffte schwarze Anzüge an, die er nutzte. Seine Ehefrau, die Klägerin, war im Jahr 2008 ebenfalls selbständig als Trauerrednerin tätig. In den Jahren 2009 und 2010 war sie bei ihrem Ehemann angestellt, der ihr schwarze Kleidung zur Verfügung stellte. Die Vorsteuer aus der Anschaffung der schwarzen Kleidung sowie aus den Reinigungskosten erkannte das Finanzamt nicht an.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) erkannte die Vorsteuer ebenfalls nicht an und wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Bei der schwarzen Kleidung für den Kläger handelte es sich um bürgerliche Kleidung, für die der Vorsteuerabzug nach dem Gesetz ausgeschlossen ist; denn es handelt sich bei bürgerlicher Kleidung um Aufwendungen für die private Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Unternehmers mit sich bringt. Schwarze Anzüge können nämlich auch privat getragen werden.
  • Der Vorsteuerabzug ist auch insoweit ausgeschlossen, als der Kläger in den Jahren 2009 und 2010 seiner angestellten Ehefrau schwarze Kleidung zur Verfügung gestellt hat. Da es sich um bürgerliche Kleidung handelte, wurde diese für den privaten Bedarf des Personals verwendet, so dass auch insoweit der Vorsteuerabzug nicht möglich war.
  • Etwas anderes würde hinsichtlich der an die Ehefrau überlassenen Kleidung nur dann gelten, wenn die Überlassung der Kleidung ein Entgelt für die Arbeitsleistung der Ehefrau gewesen wäre. Es hätte dann ein sog. tauschähnlicher Umsatz vorgelegen, der zum Vorsteuerabzug berechtigt hätte. Allerdings sprach gegen ein Entgelt, dass die Kleidung ohne Bezug zum Umfang der von der Ehefrau erbrachten Arbeitsleistung und unabhängig vom Gehalt überlassen wurde.

Hinweise: Der Kläger hatte auch den Betriebsausgabenabzug für die Anschaffung der Reinigung der Kleidung bei der Einkommensteuer geltend gemacht. Hierüber hat vor kurzem ein anderer Senat des BFH entschieden und den Betriebsausgabenabzug für die Anschaffung und Reinigung der Kleidung des Klägers abgelehnt, weil die private Lebensführung des Klägers berührt war. Hinsichtlich der Kleidung für die angestellte Ehefrau hat der BFH die Sache aber an das FG zurückverwiesen. Denn insoweit kommt ein Betriebsausgabenabzug als Lohnaufwand in Betracht, wenn es eine klare und eindeutige Vereinbarung über die Überlassung der Kleidung gab und wenn der Arbeitsvertrag fremdüblich war.

Zwar ist das Abzugsverbot für die Vorsteuer europarechtlich nicht unumstritten. Der BFH konnte aber offenlassen, ob das Abzugsverbot mit dem europäischen Umsatzsteuerrecht vereinbar ist; denn die Kläger haben sich nicht auf das europäische Umsatzsteuerrecht berufen.

Quelle: BFH, Urteil vom 24.8.2022 – XI R 3/22; NWB

Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Mieten für Mehrwegbehälter

Bei der Gewerbesteuer werden Aufwendungen eines Großhändlers für die Nutzung von Mehrwegbehältern, die für den Transport der Produkte vom Produzenten zum Einzelhändler verwendet werden, nur dann dem Gewinn hinzugerechnet, wenn es sich um einen Mietvertrag handelt. Enthält der Mietvertrag neben dem Mietelement noch weitere Elemente aus dem Werkvertrags-, Transportvertrags- oder Dienstleistungsvertragsrecht, handelt es sich nicht mehr um einen Mietvertrag, sondern um einen gemischten Vertrag, bei dem eine Hinzurechnung unterbleibt.

Hintergrund: Gewerbesteuerlich werden bestimmte Aufwendungen dem Gewinn wieder hinzugerechnet. So wird z. B. ein Fünftel der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern hinzugerechnet. Allerdings wird seit 2020 ein Freibetrag von 200.000 € gewährt (bis einschließlich 2019: 100.000 €).

Sachverhalt: Die Klägerin vertrieb landwirtschaftliche Produkte einer Erzeugerorganisation. Für den Transport der Produkte benötigte sie mehrfach verwendbare Gemüsekisten (sog. Mehrwegsteigen), die sie bei H und bei L anmietete. Die beiden Verträge waren unterschiedlich ausgestaltet:

  • Bei L mietete die Klägerin lediglich Standardkisten an, holte diese bei L ab, befüllte sie und gab sie L wieder zurück.
  • Der Vertrag mit H sah zum einen die Überlassung unterschiedlicher Mehrwegbehälter vor. Zum anderen war H verpflichtet, die Kisten zu den Produzenten zu bringen, die die Kisten mit Gemüse und Obst befüllten. Von dort aus wurden sie von einem von der Klägerin beauftragten Spediteur abgeholt, um zu den Einzelhändlern transportiert zu werden. Dort holte H die Behälter wieder ab, sortierte und reinigte sie, bevor er sie zur erneuten Verwendung bereitstellte.
  • Das Finanzamt rechnete sowohl die an L als auch die an H gezahlten Entgelte dem Gewinn hinzu.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt, soweit es um die an H gezahlten Mieten ging:

  • Die an H gezahlten Entgelte können nicht hinzugerechnet werden, weil der mit H geschlossene Vertrag kein Mietvertrag war. Vielmehr handelte es sich bei dem Vertrag um einen gemischten Überlassungsvertrag, der neben den Elementen eines Mietvertrags auch umfangreiche Elemente eines Werkvertrags, Dienstleistungsvertrags und Transportvertrags enthielt. Das Mietvertragselement gab dem Gesamtvertrag nicht das Gepräge. Gegen einen Mietvertrag sprach auch, dass der Mietanteil nur ca. 14 % des Gesamtentgelts ausmachte. Zudem wurden die Mehrwegkisten nicht für einen bestimmten Zeitraum, sondern für einen „Umlauf“ bzw. „Zyklus“ vom Produzenten bis zum Einzelhändler überlassen. Auch dies sprach gegen einen Mietvertrag.
  • Hingegen war das an L gezahlte Entgelt als Mietaufwand dem Gewinn hinzuzurechnen. Der Vertrag mit L war ein typischer Mietvertrag, der keine weiteren Elemente außer dem Mietelement enthielt. Zwar setzt die Hinzurechnung von Mietaufwendungen zusätzlich voraus, dass das angemietete Wirtschaftsgut zum Anlagevermögen gehören würde, wenn es im Eigentum des Unternehmers stünde. Diese Voraussetzung ist aber erfüllt, weil die Klägerin die Mehrwegkisten dauerhaft für den Transport nutzen würde, wenn sie das Eigentum an ihnen erwerben würde.

Hinweise: Der BFH macht deutlich, dass nicht jeder als Mietvertrag bezeichnete Vertrag auch gewerbesteuerlich als Mietvertrag einzuordnen ist. Je mehr mietfremde Elemente der Vertrag enthält, desto eher kann ein gemischter Vertrag vorliegen, so dass das Entgelt auch nicht als Mietaufwand anzusehen ist.

Quelle: BFH, Urteil vom 1.6.2022 – III R 56/20; NWB

Umsatzsteuer bei Fußballverein in der Oberliga

Der Verkauf von Eintrittskarten für die Oberligaspiele eines Fußballvereins unterliegt nur dann dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %, wenn die Spiele einen sog. Zweckbetrieb darstellen. Dies setzt voraus, dass entweder die Bruttoeinnahmen jährlich 45.000 € (im Streitjahr 2016: 35.000 €) nicht übersteigen oder dass die den Fußballern gezahlte Aufwandsentschädigung nur deren tatsächlich entstandenen Aufwand ersetzt. Letzteres muss der Verein anhand konkreter Aufzeichnungen nachweisen.

Hintergrund: Die Umsätze eines gemeinnützigen Vereins unterliegen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %. Dies gilt auch dann, soweit der Verein einen Zweckbetrieb unterhält, d.h. einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, mit dem die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke des Vereins verwirklicht werden. Der Gesetzgeber sieht sportliche Veranstaltungen grundsätzlich als Zweckbetrieb an, wenn die jährlichen Bruttoeinnahmen aus dem Verkauf von Eintrittskarten nicht höher sind als 45.000 € (im Streitjahr waren dies noch 35.000 €). Der Verein kann auf diese Regelung auch verzichten; er gilt bei einem Verzicht dann als Zweckbetrieb, wenn die Sportler nur eine Aufwandsentschädigung erhalten.

Sachverhalt: Der Kläger war ein gemeinnütziger Fußballverein, dessen 1. Mannschaft in der Oberliga spielte. Seine jährlichen Bruttoeinnahmen aus dem Kartenverkauf lagen über der im Streitjahr geltenden Grenze von 35.000 € (aktuell: 45.000 €). Der Kläger zahlte seinen Spielern eine pauschale Aufwandsentschädigung von teilweise über 1.000 € monatlich. Der Kläger unterwarf seine Umsätze aus dem Kartenverkauf dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %. Das Finanzamt sah die Spiele der Oberligamannschaft nicht als Zweckbetrieb an und setzte die Umsatzsteuer auf der Grundlage eines Steuersatzes von 19 % an. Der Kläger verzichtete auf die Zweckbetriebsgrenze von 35.000 € und machte geltend, dass er seinen Spielern lediglich eine Aufwandsentschädigung gezahlt habe.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Der Kläger unterhielt mit der Oberligamannschaft keinen Zweckbetrieb, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorlagen. Die Zweckbetriebsgrenze von 35.000 € war nicht anwendbar, da der Kläger auf die Zweckbetriebsgrenze verzichtet hatte.
  • Der Kläger hat seinen Spielern auch nicht nur eine Aufwandsentschädigung gezahlt, sondern ihnen mehr als den Aufwand bezahlt, und damit bezahlte Sportler beschäftigt. Eine Aufwandsentschädigung im Sinne der Gemeinnützigkeitsregelungen liegt nur dann vor, wenn die Entschädigung nicht über den tatsächlichen Aufwand des einzelnen Sportlers hinausgeht. Eine pauschale Abrechnung von Aufwendungsersatz genügt nicht.
  • Der Kläger hat keine Aufzeichnungen vorgelegt, aus denen sich der konkrete Aufwand der einzelnen Spieler ergab. Der Kläger hat lediglich auf die weiten Fahrten zu vier oder fünf Trainingseinheiten pro Woche sowie auf den allgemeinen Aufwand für Schuhe und Sportbekleidung hingewiesen. Es geht zulasten des Klägers, dass er keine Aufzeichnungen zur Teilnahme der Spieler am Trainings- und Spielbetrieb vorlegen konnte.

Hinweise: Kann ein Verein auch nur für einen einzigen Spieler nicht nachweisen, dass nur der tatsächlich entstandene Aufwand ersetzt wird, ist dieser Spieler als sog. bezahlter Spieler anzusehen mit der Folge, dass alle Spiele, an denen dieser Spieler teilnimmt, als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb und nicht als Zweckbetrieb anzusehen sind; der Umsatzsteuersatz würde dann 19 % betragen.

Selbst wenn der Kläger den Nachweis eines Zweckbetriebs geführt hätte, würde der Verkauf von Speisen und Getränken sowie der Umsatz aus der Werbung nicht zur sportlichen Veranstaltung gehören, sondern der Umsatzsteuersatz würde sich nach den allgemeinen Grundsätzen richten.

Quelle: BFH, Beschluss v. 3.8.2022 – XI R 11/19; NWB

Umsatzsteuerfreiheit für Krankentransporte

Der Transport von kranken, verletzten oder behinderten Menschen ist umsatzsteuerfrei. Die Umsatzsteuerfreiheit ergibt sich aus dem europäischen Umsatzsteuerrecht. Die Umsatzsteuerfreiheit gilt jedoch nicht für Essens- oder Medikamententransporte.

Hintergrund: Nach deutschem Umsatzsteuerrecht ist die Beförderung von kranken und verletzten Personen mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind, umsatzsteuerfrei. Nach europäischem Umsatzsteuerrecht sind Dienstleistungen umsatzsteuerfrei, die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden sind und entweder durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder aber durch Einrichtungen, die als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannt sind, erbracht werden.

Sachverhalt: Es ging um eine GmbH, die überwiegend kranke, verletzte und behinderte Personen transportierte. Hierzu verwendete sie Fahrzeuge, die teilweise als Krankenwagen eingerichtet waren, teilweise bei Bedarf für die Beförderung von kranken und verletzten Personen eingerichtet werden konnten und die teilweise nur über eine seitlich ausfahrbare Trittstufe verfügten. In geringem Umfang beförderte die GmbH auch Essenscontainer und Medikamente. Das Finanzamt gewährte die Umsatzsteuerfreiheit nach deutschem Recht nur insoweit, als die Fahrten mit den Krankenwagen durchgeführt wurden. Die GmbH begehrte eine vollständige Umsatzsteuerfreiheit.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gewährte grundsätzlich die Umsatzsteuerfreiheit für die Transporte kranker, verletzter oder behinderter Menschen und verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück:

  • Auf die Umsatzsteuerfreiheit nach deutschem Recht kommt es nicht an, da sich die GmbH auf die Umsatzsteuerfreiheit nach europäischem Recht berufen kann. Diese Voraussetzungen liegen vor.
  • Die Beförderung kranker, verletzter oder behinderter Menschen ist eine Dienstleistung, die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden ist. Die GmbH verfügte über eine Genehmigung zur Beförderung ausschließlich kranker, verletzter oder behinderter Menschen. In den Fahrzeugen befanden sich Notfallkästen, und die Fahrgäste wurden bei Bedarf auch bis zur Krankenstation des Krankenhauses begleitet oder einer Vertrauensperson übergeben.
  • Die GmbH war auch eine Einrichtung, deren sozialer Charakter anerkannt war. Der Begriff der Einrichtung ist weit auszulegen, so dass zu den Einrichtungen auch natürliche Personen sowie Kapitalgesellschaften gehören. Die Anerkennung als soziale Einrichtung folgt daraus, dass Krankenfahrten von Krankenkassen bezahlt werden.
  • Allerdings muss das FG nun aufklären, in welchem Umfang auch Essenscontainer und Medikamente transportiert wurden; denn insoweit greift weder eine Befreiung nach deutschem noch nach europäischem Umsatzsteuerrecht.

Hinweise: Der BFH hat das FG außerdem aufgefordert, eine mögliche Privatnutzung der Fahrzeuge und auch der Telefone zu überprüfen.

Die Umsatzsteuerfreiheit nach europäischem Recht ist zwar nicht zu gewähren, wenn hierdurch der Wettbewerb beeinflusst und damit die steuerliche Neutralität verletzt wird. Der BFH verneint aber eine Beeinflussung des Wettbewerbs zwischen der GmbH einerseits und Taxi- und Mietwagenunternehmen andererseits. Denn die GmbH erbrachte aufgrund der Betreuung der beförderten Personen Dienstleistungen, die über die bloße Beförderung hinausgingen.

Quelle: BFH, Urteil v. 24.8.2022 – XI R 25/20; NWB