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Kein steuerliches Einlagekonto bei rechtsfähiger privater Stiftung

Bei einer rechtsfähigen privaten Stiftung wird kein steuerliches Einlagekonto festgestellt. Denn eine Stiftung ist eine Vermögensmasse, und das Gesetz sieht für Vermögensmassen kein steuerliches Einlagekonto vor.

Hintergrund: Bei Kapitalgesellschaften wird ein steuerliches Einlagekonto durch Bescheid festgestellt. Hierin werden die Einlagen der Gesellschafter festgehalten, damit diese in einem Folgejahr steuerfrei im Rahmen einer sog. Einlagenrückgewähr von der Kapitalgesellschaft an die Gesellschafter zurückgezahlt werden können.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine rechtsfähige private Stiftung des bürgerlichen Rechts, die durch den X als Stifter im Jahr 2010 gegründet und mit einem Anfangsvermögen ausgestattet wurde. Es handelte sich dabei um eine Familienstiftung, deren Stiftungszweck die Förderung der Familie des X war. Nachdem X weitere Zahlungen in die Stiftung geleistet hatte, beantragte die Klägerin die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2013. Dies lehnte das Finanzamt ab.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Für die gesonderte Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen bedarf es einer gesetzlichen Grundlage. Die bloße Zweckmäßigkeit genügt nicht.
  • Nach dem Gesetz ist die gesonderte Feststellung nur für unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften sowie für andere unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften und Personenvereinigungen vorgesehen.
  • Die Klägerin war als rechtsfähige private Stiftung des bürgerlichen Rechts aber weder eine Kapitalgesellschaft noch eine Körperschaft oder Personenvereinigung, sondern eine Vermögensmasse. An einer rechtsfähigen privaten Stiftung können sich die Begünstigten (sog. Destinatäre) – im Gegensatz zu einer Kapitalgesellschaft, Körperschaft oder Personenvereinigung – weder am Vermögen beteiligen, noch können sie Mitgliedschaftsrechte haben.
  • Die Nichterwähnung von Vermögensmassen in der Regelung über das steuerliche Einlagekonto ist kein Versehen des Gesetzgebers. Denn der Wortlaut des Gesetzes, das Vermögensmassen gerade nicht erwähnt, ist eindeutig.

Hinweise: Der BFH weist darauf hin, dass ein gesondertes Feststellungsverfahren auch mit Belastungen verbunden wäre, weil z.B. Feststellungserklärungen abzugeben sind oder weil sich eine fehlerhafte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos auch zu Ungunsten der Destinatäre auswirken könnte.

Im Übrigen ist es auch ohne gesonderte Feststellung eines steuerlichen Einlagekontos nicht ausgeschlossen, dass an einen Destinatär (Begünstigten) eine steuerfreie Einlagerückgewähr erfolgen kann. Denn die Voraussetzungen einer steuerfreien Einlagerückgewähr können im Einkommensteuer-Veranlagungsverfahren des Destinatärs geklärt werden.

Quelle: BFH, Urteil vom 17.5.2023 – I R 42/19; NWB

Aufrechnung des Finanzamts mit zivilrechtlicher Forderung nach vorheriger Abtretung in sog. Bauträger-Fällen

Hat ein Bauträger zu Unrecht die Umsatzsteuer für den leistenden Bauunternehmer nach dem sog. Reverse-Charge-Verfahren an das Finanzamt abgeführt und fordert er jetzt die Umsatzsteuer vom Finanzamt zurück, kann sich das Finanzamt die zivilrechtliche Forderung des leistenden Bauunternehmers auf Zahlung des Umsatzsteuerbetrags abtreten lassen und mit dieser Forderung gegen den Erstattungsanspruch des Bauträgers aufrechnen. Soweit die zivilrechtliche Forderung des Bauunternehmers streitig ist, muss das Finanzgericht den zivilrechtlichen Streit als Vorfrage der Zulässigkeit der Aufrechnung klären.

Hintergrund: Bei Bauleistungen unter Unternehmern gilt grundsätzlich das sog. Reverse-Charge-Verfahren, d. h. Umsatzsteuerschuldner ist der Leistungsempfänger (Auftraggeber). Nach Auffassung der Finanzverwaltung galt dies ursprünglich auch bei Bauleistungen an einen Bauträger, der unbebaute Grundstücke bebaut und anschließend verkauft. Im Jahr 2013 entschied der Bundesfinanzhof (BFH) aber, dass das Reverse-Charge-Verfahren bei Bauleistungen an einen Bauträger nicht gilt, weil der Bauträger selbst keine Bauleistungen erbringt, sondern nur Grundstücke verkauft. Daraufhin beantragten viele Bauträger die Erstattung der von ihnen zu Unrecht entrichteten Umsatzsteuer. Die Finanzämter versuchten in diesen Fällen, die Umsatzsteuer von den Bauunternehmern zu erhalten. Der Gesetzgeber hat die Rückabwicklung dieser Fälle gesetzlich geregelt und u.a. eine Abtretung des zivilrechtlichen Anspruchs des Bauunternehmers gegen den Bauträger auf Zahlung des Umsatzsteuerbetrags, der für die Bauleistungen entsteht, vorgesehen.

Sachverhalt: Eine Bauträgerin ließ im Jahr 2013 von Bauunternehmern Bauleistungen für ihre Bauprojekte ausführen. Sie ging einvernehmlich mit den Bauunternehmern davon aus, dass das sog. Reverse-Charge-Verfahren anzuwenden sei, so dass die Bauträgerin die Umsatzsteuer für die Bauunternehmer an das Finanzamt abführte. Der BFH entschied noch im Jahr 2013, dass das Reverse-Charge-Verfahren bei Bauleistungen an Bauträger grundsätzlich nicht gilt. Daraufhin beantragte die Bauträgerin im Jahr 2014 die Erstattung der von ihr für die Bauunternehmer entrichteten Umsatzsteuer. Das Finanzamt ließ sich nun von den Bauunternehmern deren zivilrechtlichen Ansprüche auf Zahlung des jeweiligen Umsatzsteuerbetrags auf die Bauleistungen abtreten. Anschließend rechnete das Finanzamt mit den abgetretenen zivilrechtlichen Ansprüchen gegen den Erstattungsanspruch der Bauträgerin aus der Umsatzsteuer 2013 auf. Die Bauträgerin war damit nicht einverstanden und beantragte die Aussetzung der Vollziehung des von ihr beantragten Abrechnungsbescheids. Das Finanzgericht gab diesem Antrag gegen Sicherheitsleistung statt. Gegen den stattgebenden Beschluss legten sowohl die Bauträgerin als auch das Finanzamt Beschwerde beim Bundesfinanzhof (BFH) ein.

Entscheidung: Der BFH gab beiden Beschwerden statt und verwies die Sache an das FG zurück:

  • Das FG durfte dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nicht mit der Begründung stattgegeben, dass es bislang ungeklärt sei, ob ein Finanzgericht bei Aufrechnungen des Finanzamts mit zivilrechtlichen Forderungen auch über die zivilrechtlichen Vorfragen entscheiden dürfe. Denn tatsächlich ist es bereits vom BFH geklärt, dass ein Finanzgericht auch die zivilrechtlichen Vorfragen im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Aufrechnung mitprüfen muss. So muss das Finanzgericht etwa prüfen, ob die Forderung des Bauunternehmers bereits verjährt ist oder ob der Bauträger ein Zurückbehaltungsrecht ausüben kann.
  • Das FG muss im zweiten Rechtsgang nun diese zivilrechtlichen Vorfragen klären. Sollte es Bedenken haben, dass der Bauunternehmer einen fälligen Anspruch gegen die Bauträgerin auf Zahlung des noch ausstehenden Umsatzsteuerbetrags hat, wird es dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung stattgeben und über die Anordnung einer Sicherheitsleistung entscheiden müssen.

Hinweise: Der Bundesgerichtshof hat in den sog. Bauträger-Fällen dem Grunde nach einen zivilrechtlichen Anspruch des Bauunternehmers auf Zahlung des Umsatzsteuerbetrags bejaht. Hat der Bauunternehmer also eine Bauleistung für ein Entgelt von 10.000 € zuzüglich 1.900 € Umsatzsteuer erbracht und der Bauträger zunächst die Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt, die er nun aber wieder vom Finanzamt zurückfordert, kann der Bauunternehmer jetzt die 1.900 € vom Bauträger verlangen. Allerdings setzt dieser Anspruch voraus, dass auch die übrigen Voraussetzungen eines zivilrechtlichen Anspruchs bestehen und der Bauträger weder die Einrede der Verjährung erheben noch ein Zurückbehaltungsrecht ausüben kann.

Beide Beschwerden hatten Erfolg, da der BFH den stattgebenden Beschluss mit Anordnung einer Sicherheitsleistung aufgehoben hat. Das Finanzamt hatte sich gegen die Stattgabe gewandt und die Bauträgerin gegen die Sicherheitsleistung.

Quelle: BFH, Beschluss vom 26.9.2023 – V B 23/22 (AdV); NWB

Bildung und Auflösung einer Rücklage für ausgeschiedenen Mitunternehmer

Verkauft ein Gesellschafter einer unternehmerisch tätigen Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) seinen Mitunternehmeranteil, kann er seinen Veräußerungsgewinn durch eine Rücklage neutralisieren, soweit der Gewinn auf Immobilien entfällt. Ob diese Rücklage zulässig ist, entscheidet das für die Gewinnfeststellung der Mitunternehmerschaft zuständige Finanzamt. Tätigt der ausgeschiedene Mitunternehmer innerhalb der vierjährigen Reinvestitionsfrist keine begünstigte Investition (z.B. in seinem Einzelunternehmen), muss die Rücklage gewinnerhöhend unter Erhöhung eines sog. Gewinnzuschlags aufgelöst werden; über die gewinnerhöhende Auflösung entscheidet das für die Einkommensteuer des ausgeschiedenen Mitunternehmers zuständige Finanzamt.

Hintergrund: Bestimmte Veräußerungsgewinne, z.B. aus dem Verkauf von Immobilien, können durch eine Rücklage zunächst neutralisiert werden. Der Steuerpflichtige hat dann grundsätzlich vier Jahre Zeit, eine begünstigte Investition zu tätigen, z.B. eine neue Immobilie anzuschaffen. Er kann dann die Rücklage von den Anschaffungskosten des neuen Wirtschaftsguts abziehen, so dass sich die Abschreibungen auf das neue Wirtschaftsgut mindern. Unterbleibt die Investition, wird die Rücklage gewinnerhöhend aufgelöst und um einen sog. Gewinnzuschlag von 6 % für jedes Jahr, in dem die Rücklage bestand, erhöht.

Sachverhalt: Der Kläger war Mitunternehmer der A-KG. Er veräußerte am 30.6.2006 seinen Mitunternehmeranteil an der A-KG. Der Veräußerungsgewinn entfiel in vollem Umfang auf Immobilien, so dass der Kläger seinen Veräußerungsgewinn durch eine Rücklage neutralisieren konnte. Allerdings geriet er mit der A-KG in Streit, die keine Rücklage für den Kläger bilden wollte. Der Kläger legte daher gegen den Gewinnfeststellungsbescheid für die A-KG für 2006 Einspruch ein und hatte Erfolg; allerdings dauerte dies bis zum Jahr 2017, so dass erst im November 2017 ein geänderter Gewinnfeststellungsbescheid für 2006 erging, in dem die Rücklage berücksichtigt wurde. Der Kläger hatte im vierjährigen Reinvestitionszeitraum 2007 bis 2010 keine Investition getätigt, so dass die Rücklage im Jahr 2010 gewinnerhöhend aufgelöst werden musste. Das für die A-KG zuständige Finanzamt informierte das Wohnsitzfinanzamt des Klägers, das im Oktober 2018 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2010 erließ, in dem es die Rücklage gewinnerhöhend auflöste und um einen Gewinnzuschlag von 6 % jährlich erhöhte. Der Kläger wehrte sich gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Der Kläger durfte im Feststellungszeitraum 2006 seinen Gewinn aus der Veräußerung seines KG-Anteils durch eine Rücklage neutralisieren; denn der Gewinn beruhte ausschließlich auf den stillen Reserven der Immobilien der A-KG. Die Rücklage war in der Sonderbilanz des Klägers bei der A-KG zu bilden.
  • Die Entscheidung, ob eine Rücklage nach § 6b EStG zulässig ist, war von dem für die Gewinnfeststellung der A-KG zuständigen Finanzamt zu treffen. Diese Entscheidung hat das für die A-KG zuständige Finanzamt aufgrund des Einspruchs des Klägers im November 2017 getroffen.
  • Die Rücklage war im Jahr 2010 gewinnerhöhend aufzulösen, da der Kläger die Reinvestition nicht innerhalb der Reinvestitionsfrist durchgeführt hat. Die Entscheidung über die Auflösung der Rücklage war von dem für die Einkommensteuer des Klägers zuständigen Finanzamt zu treffen. Die Entscheidung über die Auflösung der Rücklage konnte nicht im Gewinnfeststellungsverfahren der Personengesellschaft für 2010 getroffen werden, weil der Kläger im Jahr 2010 nicht mehr an der A-KG beteiligt war.
  • Das für den Kläger zuständige Finanzamt durfte daher den Einkommensteuerbescheid des Klägers für 2010 ändern und nachträgliche gewerbliche Einkünfte aufgrund der Auflösung der Rücklage und des Gewinnzuschlags ansetzen.

Hinweise: Die Änderung des Einkommensteuerbescheids konnte aufgrund einer sog. widerstreitenden Steuerfestsetzung erfolgen. Denn infolge der Änderung des Gewinnfeststellungsbescheids der A-KG für 2006, in dem nun eine Rücklage in der Sonderbilanz des Klägers angesetzt wurde, ergab sich ein Widerstreit, d.h. Widerspruch, zum Einkommensteuerbescheid 2010, weil in diesem eine Rücklage nicht aufgelöst worden war. Das Gesetz sieht in einem solchen Fall eine Änderungsmöglichkeit vor, die zudem eine eigenständige Verjährungsregelung enthält.

Hätte sich der Kläger im Jahr 2006 gegen die Bildung einer Rücklage entschieden, wäre zwar im Jahr 2006 ein Veräußerungsgewinn entstanden; dieser Veräußerungsgewinn wäre aber tarifbegünstigt gewesen, so dass die steuerliche Belastung etwas niedriger ausgefallen wäre. Von dieser Tarifermäßigung konnte der Kläger im Jahr 2010 bei seinem Gewinn aus der Auflösung der Rücklage nicht mehr profitieren.

Quelle: BFH, Urteil vom 12.7.2023 – X R 14/21; NWB

Passivierung erhaltener Zahlungen bei einer Immobilienentwicklungsgesellschaft

Erhält eine Immobilienentwicklungsgesellschaft für ihre Tätigkeit ein pauschales Tätigkeitshonorar, das sich an der Höhe der Gesamtinvestition orientiert und das in monatlichen Raten ausgezahlt wird, dürfen die monatlichen Zahlungen nur insoweit durch einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten gewinnneutral erfasst werden, als die Zahlungen Ertrag für eine bestimmte Zeit nach dem Bilanzstichtag darstellen. Dies setzt voraus, dass die Zuordnung der Zahlungen zu einer bestimmten Zeit auf allgemein-gültigen Maßstäben beruht; eine bloße Schätzung der zeitlichen Komponente durch die Immobilienentwicklungsgesellschaft genügt nicht.

Hintergrund: Ein bilanzierender Kaufmann muss Einnahmen, die ihm vor dem Bilanzstichtag zufließen, und die aber Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen, passivisch abgrenzen und einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten bilden. Dieser Posten wird dann im nächsten Wirtschaftsjahr, dem der Ertrag zuzuordnen ist, gewinnerhöhend aufgelöst. Ein typisches Beispiel hierfür ist eine Mieteinnahme, die dem Kaufmann, der einen Teil seiner Geschäftsräume vermietet, im Dezember für den Januar des Folgejahres zufließt.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine Immobilienentwicklungsgesellschaft, die zu einem Konzern gehörte und für andere Konzerngesellschaften Bauprojekte entwickelte. Hierfür erhielt sie Tätigkeitshonorar in Höhe von 6 % der Gesamtinvestitionskosten, das in monatlichen Raten auf der Grundlage der voraussichtlichen Bauzeit ausgezahlt wurde. Je nach Projekt erhielt die Klägerin zwischen 12 und 30 Raten. Die Klägerin unterteilte ihre Entwicklungsleistung in fünf Phasen und ordnete diesen Phasen jeweils einen Zeitraum und einen Anteil am Gesamthonorar zu (z.B. 15 % für die Projektinitiierung, 35 % für die Vorbereitungsphase). Dem sich danach ergebenden Anteil und Zeitraum für die jeweilige Phase stellte sie die monatlichen Raten gegenüber; soweit die gezahlten Raten höher waren, bildete die Klägerin zum 31.12.2008 einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten, der zum 31.12.2008 ca. 5 Mio. € betrug und den Gewinn für 2008 nicht erhöhte. Das Finanzamt erkannte den Rechnungsabgrenzungsposten ebenso wenig an wie eine hilfsweise passivierte erhaltene Anzahlung. Allerdings berücksichtigte das Finanzamt eine Rückstellung aufgrund eines sog. Erfüllungsrückstands in Höhe von 2,5 Mio. €.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab, die auf eine gewinnneutrale Passivierung von insgesamt 5 Mio. € gerichtet war:

  • Die Klägerin durfte einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten nicht bilden. Denn dieser setzt voraus, dass die monatlich geleisteten Zahlungen ein Entgelt für eine „bestimmte Zeit“ darstellten. Ob sich die Leistung des Unternehmers, und damit auch das Entgelt des Vertragspartners auf eine bestimmte Zeit nach dem Bilanzstichtag bezieht, richtet sich nach allgemein-gültigen Maßstäben, die objektiv kontrollierbar sind. Schätzungen des Unternehmers genügen hingegen nicht.
  • Tatsächlich hat die Klägerin die „bestimmte Zeit“ nur geschätzt, indem sie ihre Gesamtleistungen in fünf Phasen aufgeteilt, die Dauer der einzelnen Phasen geschätzt und das Entgelt auf die einzelnen Phasen im Schätzungswege aufgeteilt hat. Die Schätzungen waren jedoch nicht kontrollierbar und stimmten auch nicht, weil die geschätzten Laufzeiten im Nachhinein tatsächlich länger waren.
  • Eine Passivierung als erhaltene Anzahlung war ebenfalls nicht möglich, weil dies nur bei zeitpunktbezogenen Leistungen des Unternehmers (z.B. einem Warenverkauf) möglich ist, nicht aber bei einer zeitraumbezogenen Leistung wie im Streitfall, die sich auf eine Bauphase bezieht. Hier war nur ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten zulässig, der im Streitfall aber an dem Kriterium der bestimmten Zeit scheiterte.
  • Eine Rückstellung wegen Erfüllungsrückstands auf der Passivseite ist zwar zulässig, soweit sich der Unternehmer mit seiner Leistung im Rückstand befindet. Hierzu hätte die Klägerin aber konkret vortragen müssen, inwieweit ihr Vertragspartner bereits in Vorleistung getreten ist und sie sich mit ihren Leistungen im Rückstand befand. Ein derartiger konkreter Vortrag ist seitens der Klägerin nicht erfolgt.

Hinweise: Es blieb aber bei der vom Finanzamt anerkannten Rückstellung in Höhe von 2,5 Mio. €, weil der BFH nicht verbösern durfte.

Das Urteil ist wichtig für Unternehmer, die zeitraumbezogene Leistungen z.B. im Bereich der Beratung oder Betreuung erbringen. Die vor Abschluss der Leistung erhaltenen Zahlungen können nur dann passivisch abgegrenzt werden, wenn sich ein bestimmter Zeitraum nach dem Bilanzstichtag objektiv bestimmen lässt. Ist dies nicht möglich, ist im Ergebnis nur eine Rückstellung wegen Erfüllungsrückstands zulässig, für die jedoch konkrete Aufzeichnungen zu führen sind und aus denen sich ergibt, inwieweit die bis zum Bilanzstichtag erhaltenen Zahlungen höher sind als die vom Unternehmer bis zum Bilanzstichtag erbrachten Leistungen.

Bei Einnahmen bis zur Höhe von 800 € hat der Unternehmer ein Wahlrecht, einen Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden.

Quelle: BFH, Urteil vom 26.7.2023 – IV R 22/20; NWB