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Veräußerung unentgeltlich erworbener GmbH-Anteile

Zwar kann auch die Veräußerung unentgeltlich erworbener GmbH-Anteile, die sich im Privatvermögen befinden, zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen. Dies setzt jedoch voraus, dass entweder der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre wesentlich beteiligt war oder aber der vorherige Anteilsinhaber, der die Anteile unentgeltlich übertragen hatte, innerhalb der letzten fünf Jahre wesentlich beteiligt war. Die Prüfung, ob eine wesentliche Beteiligung des vorherigen Anteilsinhabers bestand, ist veranlagungszeitraumbezogen durchzuführen, so dass es auf die Wesentlichkeitsgrenze in jedem einzelnen Veranlagungszeitraum ankommt.

Hintergrund: Verkauft ein GmbH-Gesellschafter, der mit mindestens 1 % in den letzten fünf Jahren an der GmbH beteiligt war und die Beteiligung in seinem Privatvermögen hält, GmbH-Anteile mit Gewinn, führt dies zu Einkünften aus Gewerbebetrieb. Hat der Gesellschafter die Anteile unentgeltlich erworben, führt der Verkauf der Anteile mit Gewinn ebenfalls zu Einkünften aus Gewerbebetrieb, wenn der vorherige Anteilsinhaber, der die Anteile unentgeltlich übertragen hat, wesentlich beteiligt war. Die Wesentlichkeitsgrenze liegt seit 2001 bei 1 % und lag bis einschließlich 2000 bei 10 %.

Sachverhalt: Ursprünglich war M bis Dezember 2000 an der AG mit 1,04 % beteiligt. Sie übertrug im Dezember 2000 die Hälfte ihrer Beteiligung, d.h. 0,52 %, zu einem Preis von 650.000 DM an ihre Tochter T. Der Kaufpreis entsprach zu 60 % dem tatsächlichen Wert, so dass die Übertragung zu 40 % unentgeltlich erfolgte. T verkaufte ihre Beteiligung (0,52 %) im Jahr 2002 zum Preis von 2,75 Mio. €. Das Finanzamt besteuerte den Gewinn im Umfang von 40 % als gewerbliche Einkünfte, soweit T die Aktien also unentgeltlich erworben hatte. Hieraus ergab sich ein Gewinn von ca. 447.000 €. T begehrte eine Minderung des Gewinns auf ca. 425.000 €, weil sie den vom Finanzamt angesetzten gemeinen Wert für überhöht hielt.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt, weil er den Verkauf für überhaupt nicht steuerpflichtig hielt:

  • Der Verkauf durch T im Jahr 2002 war nicht steuerpflichtig. Denn T selbst war in den letzten fünf Jahren nicht wesentlich beteiligt gewesen. Sie hatte die Beteiligung erst im Jahr 2000 erlangt und war seitdem durchgängig mit lediglich 0,52 % beteiligt, nicht aber mit mindestens 1 % (in den Jahren 2001 und 2002) bzw. 10 % (im Jahr 2000).
  • Da T die Anteile im Umfang von 40 % unentgeltlich erlangt hatte, wäre die Steuerbarkeit auch dann zu bejahen, wenn M innerhalb der letzten fünf Jahre wesentlich beteiligt gewesen wäre. Die Prüfung einer wesentlichen Beteiligung der M innerhalb des Fünfjahreszeitraums muss aber veranlagungszeitraumbezogen erfolgen. Das heißt, es ist anhand der in den fünf Jahren jeweils geltenden Wesentlichkeitsgrenze zu prüfen, ob M in einem der Jahre wesentlich beteiligt war. Bis einschließlich 2000 galt eine Wesentlichkeitsgrenze von 10 %, die M nicht erreicht hat, da sie bis einschließlich 2000 nur mit 1,04 % beteiligt war. Seit 2001 galt eine Wesentlichkeitsgrenze von 1 %, die M ebenfalls nicht erreicht hat, da sie nur mit 0,52 % beteiligt war.

Hinweise: Obwohl der Verkauf nicht steuerpflichtig war, muss die T einen Gewinn von ca. 427.000 € versteuern. Denn sie hatte nur einen Klageantrag auf Minderung des Gewinns auf 427.000 € gestellt. Der BFH durfte über diesen Antrag aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht hinausgehen. Hätte T beantragt, dass kein Gewinn zu berücksichtigen ist, hätte sie in vollem Umfang gewonnen und müsste ihren Gewinn nicht versteuern.

Zu beachten ist aber, dass seit 2009 auch ein Gewinn aus Anteilsverkäufen im Fall einer nicht wesentlichen Beteiligung versteuert werden muss, und zwar als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Der Streitfall betraf jedoch das Jahr 2002. Der Fall hatte beim BFH lange geruht, weil der BFH eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit der Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze abgewartet hat.

Befindet sich die Beteiligung an einer GmbH im Betriebsvermögen, ist ein Gewinn aus dem Verkauf in jedem Fall steuerpflichtig, weil es dann nicht auf die Beteiligungshöhe ankommt. Der Gewinn ist dann entweder zu 40 % steuerfrei, wenn der Verkäufer ein Einzelunternehmer oder eine Personengesellschaft ist, oder aber zu 95 % steuerfrei, wenn der Verkäufer eine Kapitalgesellschaft ist.

Quelle: BFH, Urteil vom 12.3.2024 – IX R 9/23; NWB

Beteiligung eines Kommanditisten an der Komplementär-GmbH als funktional wesentliche Betriebsgrundlage

Ist ein Kommanditist einer GmbH & Co. KG zugleich auch an der Komplementär-GmbH beteiligt, gehört die Beteiligung an der Komplementär-GmbH steuerlich nicht zu seinem Mitunternehmeranteil, wenn er aufgrund eines gesondert abgeschlossenen Konsortialvertrags in der Lage ist, die laufende Geschäftsführung der KG zu bestimmen. Für eine steuerneutrale Einbringung seines Mitunternehmeranteils an der GmbH & Co. KG ist es daher nicht erforderlich, dass er auch seine Beteiligung an der Komplementär-GmbH einbringt.

Hintergrund: Bei bestimmten Umwandlungsvorgängen kann eine Aufdeckung der stillen Reserven vermieden werden, indem der Buchwert angesetzt wird; eine Steuerbelastung entsteht also nicht. Geht es um eine Einbringung eines Anteils an einer unternehmerisch tätigen Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft), setzt die Buchwertfortführung jedoch voraus, dass der gesamte Mitunternehmeranteil eingebracht wird. Bei Einbringung eines KG-Anteils durch einen Kommanditisten, der zugleich auch an der Komplementär-GmbH beteiligt ist, stellt sich dann die Frage, ob auch der Anteil an der Komplementär-GmbH als sog. funktional wesentliche Betriebsgrundlage steuerlich zum Kommanditanteil gehört und daher ebenfalls eingebracht werden muss.

Sachverhalt: Der Kläger war Kommanditist der T-GmbH & Co. KG und an dieser zu 100 % beteiligt. Außerdem hielt er 44,75 % an der T-GmbH, der Komplementärin der T-GmbH & Co. KG. Allerdings hielt die T-GmbH 50 % ihrer Anteile selbst; die verbleibenden 5,25 % an der T-GmbH hielt die T-KG. Der Kläger und die T-KG schlossen als Gesellschafter der T-GmbH am 1.1.2011 einen Konsortialvertrag. Hierin verpflichteten sie sich, ihre Stimmen einheitlich abzugeben; dabei sollte die T-KG Konsortialführer sein, für die der Kläger in seiner Eigenschaft als Kommanditist handeln sollte. Der Kläger brachte am 3.6.2011 seine Kommanditbeteiligung an der T-GmbH & Co. KG zum Buchwert in die B-GmbH & Co. KG ein, deren alleiniger Kommanditist er war, ohne aber auch seine Beteiligung an der T-GmbH in die B-GmbH & Co. KG einzubringen. Das Finanzamt erkannte die Einbringung zum Buchwert nicht an, weil der Kläger nicht auch seine Beteiligung an der T-GmbH eingebracht hatte.

Entscheidung: Der BFH gab der Klage im Grundsatz statt, hat die Sache aber an das Finanzgericht (FG) zur weiteren Aufklärung zurückgewiesen:

  • Der Kläger hat seine Kommanditbeteiligung an der T-GmbH & Co. KG als Mitunternehmeranteil in die B-GmbH & Co. KG eingebracht. Bei Einbringung eines Mitunternehmeranteils (Kommanditbeteiligung) ist der Buchwertansatz grundsätzlich möglich, so dass die stillen Reserven nicht aufgedeckt und damit auch nicht versteuert werden müssen.
  • Die Beteiligung an der T-GmbH gehörte nicht zum Mitunternehmeranteil des Klägers. Sie stellte nämlich keine funktional wesentliche Betriebsgrundlage seines Mitunternehmeranteils dar, selbst wenn sie zum Sonderbetriebsvermögen II gehört haben sollte. Zwar gehört eine Beteiligung an der Komplementär-GmbH zum Sonderbetriebsvermögen II und damit auch zum Mitunternehmeranteil des Kommanditisten, wenn sie seinen Einfluss auf die Geschäftsführung der KG nachhaltig stärkt; diese Voraussetzung war im Streitfall aber nicht erfüllt. Denn es war nicht seine Beteiligung an der T-GmbH, die dem Kläger den Einfluss auf die Geschäftsführung der T-GmbH & Co. KG gab, sondern der Konsortialvertrag, den er mit der T-KG abgeschlossen hatte und aufgrund dessen er als Mehrheitsgesellschafter der T-KG das Sagen hatte.
  • Auch wenn eine Einbringung zum Buchwert, d.h. ohne Aufdeckung der stillen Reserven, danach möglich war, muss das FG nun aufklären, ob die Einbringung tatsächlich gewinnneutral erfolgt war oder aber gewinnwirksam. Die gewinnneutrale Buchwertfortführung hängt davon ab, dass die Gutschrift für die Einbringung des Kommanditanteils ganz oder teilweise auf dem sog. Kapitalkonto I des Klägers bei der B-GmbH & Co. KG erfolgt ist.

Hinweise: Die Beteiligung an der Komplementär-GmbH gehört zum Sonderbetriebsvermögen II und damit auch zum Mitunternehmeranteil an der GmbH & Co. KG, wenn sie den Einfluss des Kommanditisten auf die Geschäftsführung der KG nachhaltig stärkt. Im Streitfall wurde dieser Einfluss durch den Konsortialvertrag überlagert.

Zwar kann auch die Zweigliedrigkeit der Struktur der KG, die aus einem Komplementär und einem Kommanditisten besteht, dazu führen, dass man die Beteiligung an der Komplementär-GmbH als funktional wesentliche Betriebsgrundlage der Kommanditbeteiligung ansieht. Dies gilt allerdings nur dann, wenn es sich um eine Ein-Personen-GmbH & Co. KG handelt, weil der alleinige Kommanditist auch der Alleingesellschafter der Komplementär-GmbH ist. Im Streitfall gab es aber noch die T-KG selbst als weiteren Gesellschafter der T-GmbH.

Quelle: BFH, Urteil vom 1.2.2024 – IV R 9/20; NWB

Option eines GmbH-Gesellschafters zum Teileinkünfteverfahren

Optiert ein GmbH-Gesellschafter hinsichtlich seiner Dividenden zum Teileinkünfteverfahren, müssen die Voraussetzungen für die Option nur im Jahr, für das erstmals die Option gestellt wird, vorliegen. In den folgenden vier Veranlagungszeiträumen, in denen die Option kraft Gesetzes ebenfalls gilt, können die Voraussetzungen unterstellt werden. Fallen die Voraussetzungen in den folgenden vier Veranlagungszeiträumen weg, führt dies also nicht zum Wegfall der Option.

Hintergrund: Für Dividenden gilt ebenso wie für andere Kapitaleinkünfte (z.B. Zinsen) grundsätzlich die Abgeltungsteuer von 25 %. Der Abzug von Werbungskosten ist damit ausgeschlossen. Allerdings können GmbH-Gesellschafter, die zu mindestens 1 % an der GmbH beteiligt sind und für die GmbH in einer bestimmten Weise beruflich tätig sind oder die zu mindestens 25 % an der GmbH beteiligt sind, zum Teileinkünfteverfahren optieren: Die Dividenden sind dann zu 60 % steuerpflichtig, und Werbungskosten können im Umfang von 60 % abgezogen werden. Der Antrag gilt nach dem Gesetz auch für die folgenden vier Veranlagungszeiträume, ohne dass die Antragsvoraussetzungen erneut zu belegen sind.

Sachverhalt: Der Kläger war an der X-GmbH zu 12,5 % beteiligt und bis 2011 als Gesellschafter-Geschäftsführer für die X-GmbH tätig. Anschließend war er bis 31.3.2013 als Arbeitnehmer für die X-GmbH tätig. Der Kläger stellte für den Veranlagungszeitraum 2013 einen Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens für seine Dividenden, dem das Finanzamt entsprach. In den Streitjahren 2014 und 2015 war der Kläger zwar immer noch zu 12,5 % an der X-GmbH beteiligt, aber nicht mehr für die X-GmbH tätig. Der Kläger erhielt im Jahr 2014 Dividenden in Höhe von ca. 100.000 € und im Jahr 2015 in Höhe von ca. 71.000 €. Ihm waren insoweit Werbungskosten in Höhe von ca. 1.200 € für 2014 und ca. 1.400 € für 2015 entstanden. In den Streitjahren 2014 und 2015 wandte das Finanzamt das Teileinkünfteverfahren nicht an, weil der Kläger nicht mehr beruflich für die GmbH tätig war.

Entscheidung: Der BFH gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Der Kläger hatte für den Veranlagungszeitraum 2013 einen wirksamen Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens gestellt. Die Voraussetzungen für den Antrag waren zu diesem Zeitpunkt erfüllt, da der Kläger zu mindestens 1 % an der X-GmbH beteiligt war und er bis 2013 für die X-GmbH beruflich tätig war.
  • Das Teileinkünfteverfahren galt aufgrund des Antrags auch für die folgenden vier Veranlagungszeiträume 2014 bis 2017. Es ist nicht erforderlich, dass in den Veranlagungszeiträumen 2014 bis 2017 ebenfalls die Voraussetzungen für den Antrag vorliegen und der Kläger ebenfalls noch für die X-GmbH beruflich tätig ist; denn die Voraussetzungen werden für den Zeitraum 2014 bis 2017 aufgrund des wirksamen Antrags für 2013 kraft Gesetzes unterstellt.
  • Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass die Voraussetzungen für den Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens auch in den nächsten vier Veranlagungszeiträumen erfüllt sein müssen, hätte er dies regeln müssen, z.B. durch eine Anzeige des Wegfalls der Antragsvoraussetzungen durch den GmbH-Gesellschafter.

Hinweise: Aufgrund des danach anwendbaren Teileinkünfteverfahrens waren die Dividenden nur zu 60 % steuerpflichtig und zu 40 % steuerfrei. Die Werbungskosten konnten entsprechend zu 60 % abgezogen werden.

Wäre der Kläger in den Streitjahren zu mindestens 25 % an der X-GmbH beteiligt gewesen, hätte es keinen Streit gegeben, weil bei dieser Beteiligungshöhe das Teileinkünfteverfahren für Dividenden beantragt werden kann, ohne dass es einer beruflichen Tätigkeit für die GmbH bedarf. Nur bei einer Beteiligung von mindestens 1 % bedarf es zusätzlich einer beruflichen Tätigkeit, die der Kläger ab 2014 nicht mehr ausübte. Seit dem Veranlagungszeitraum 2017 verlangt der Gesetzgeber, dass die berufliche Tätigkeit dem Gesellschafter einen maßgeblichen unternehmerischen Einfluss auf die wirtschaftliche Tätigkeit der GmbH vermitteln muss.

Der BFH widerspricht mit seinem Urteil der Finanzverwaltung, die nur von einer Nachweiserleichterung für die Prüfung der Antragsvoraussetzungen in den vier Folgejahren ausgeht.

Quelle: BFH, Urteil vom 12.12.2023 – VIII R 2/21; NWB

Irrtümliche Zuwendung einer GmbH als verdeckte Gewinnausschüttung

Eine Vermögenszuwendung einer GmbH an ihren Gesellschafter ist keine verdeckte Gewinnausschüttung, wenn dem Gesellschafter-Geschäftsführer ein Irrtum unterlaufen ist. Für die Prüfung, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt, ist es irrelevant, ob der Irrtum auch einem ordentlich und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiter unterlaufen wäre.

Hintergrund: Eine Vermögensminderung bzw. verhinderte Vermögensmehrung einer Kapitalgesellschaft, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist und nicht zu einer offenen Gewinnausschüttung gehört, stellt eine verdeckte Gewinnausschüttung dar und erhöht das Einkommen der Kapitalgesellschaft. Ein typisches Beispiel für eine verdeckte Gewinnausschüttung ist ein überhöhtes Gehalt für den Gesellschafter-Geschäftsführer oder die Gewährung eines zinslosen Darlehens an den Gesellschafter.

Sachverhalt: B war Alleingesellschafterin der Klägerin, einer GmbH. Das Stammkapital wollte B durch Einbringung eines 100%igen Geschäftsanteils an der A-GmbH erbringen. Anlässlich der Einbringung sollte eine Kapitalerhöhung bei der A-GmbH durchgeführt werden. Nach entsprechender Beratung entschied sich B dafür, die Kapitalerhöhung erst nach der Einbringung des Geschäftsanteils an der A-GmbH in die Klägerin durchzuführen und nicht umgekehrt; die Kapitalerhöhung sollte also von der Klägerin als neue Gesellschafterin vorgenommen werden. Bei der Beurkundung vor dem Notar wurde aber von diesem Plan abgewichen, weil dem Notar ein vom ursprünglichen Entwurf abweichender Beschluss übermittelt wurde. B nahm nun selbst an der Kapitalerhöhung teil und erwarb den aufgrund der Kapitalerhöhung entstandenen Geschäftsanteil an der A-GmbH selbst, nicht jedoch die Klägerin. Das Finanzamt setzte eine verdeckte Gewinnausschüttung bei der Klägerin an und begründete dies damit, dass sie auf eine Teilnahme auf ihr Bezugsrecht unentgeltlich zugunsten des B verzichtet habe.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt den Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht für zwingend geboten und verwies die Sache an das Finanzgericht (FG) zur weiteren Sachaufklärung zurück:

  • Eine verdeckte Gewinnausschüttung verlangt u.a. eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensminderung bzw. verhinderte Vermögensmehrung.
  • Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis kann aber nur gegeben sein, wenn die Kapitalgesellschaft einen Zuwendungswillen hatte. Ein Irrtum über die Vermögenszuwendung schließt eine verdeckte Gewinnausschüttung aus.
  • Bei der Prüfung, ob ein Irrtum vorlag, kommt es darauf an, ob konkret dem Gesellschafter-Geschäftsführer ein Irrtum unterlaufen ist, hier also dem B als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin. Es ist nicht entscheidend, ob einem ordentlich und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiter der Irrtum gleichfalls unterlaufen wäre.

Hinweise: Das FG muss nun im zweiten Rechtsgang ermitteln, ob sich B als Geschäftsführer der B-GmbH bei dem Beschluss tatsächlich geirrt hat und versehentlich die Reihenfolge von Einbringung und Kapitalerhöhung vertauscht hat.

Zwar wird bei der Prüfung einer verdeckten Gewinnausschüttung grds. ein Vergleich mit dem Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers angestellt, z.B. wenn es um den sog. Fremdvergleich geht und damit um die Frage, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer einen derartigen Vertrag abgeschlossen hätte. Bei einer Prüfung, ob ein Irrtum vorgelegen hat, ist dieser Vergleich jedoch nicht möglich. Denn der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsführer ist eine idealtypische Denkfigur, der alle Gegebenheiten des Geschäftsvorfalls kennt; er kann sich deshalb nicht in einem Irrtum befinden.

Quelle: BFH, Urteil vom 22.11.2023 – I R 9/20; NWB

Änderungen durch das Wachstumschancengesetz

Nach langem Hin und Her wurde das sog. Wachstumschancengesetz nun doch noch Ende März 2024 verkündet. Nachfolgend haben wir die wichtigsten Änderungen für Sie zusammengefasst:

I. Änderungen für Unternehmer

1. Befristete Wiedereinführung der degressiven Abschreibung

Bisher war eine degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nur dann möglich, wenn das Wirtschaftsgut bis zum 31.12.2022 angeschafft oder hergestellt worden ist. Die degressive Abschreibung beträgt das Zweieinhalbfache der linearen Abschreibung, die auf der Nutzungsdauer beruht; die degressive Abschreibung darf höchstens 25 % betragen.

Der Gesetzgeber lässt die degressive Abschreibung nun auch für solche beweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu, die nach dem 31.3.2024 und vor dem 1.1.2025 angeschafft oder hergestellt worden sind. In diesem Fall beträgt die degressive Abschreibung maximal das Doppelte der sog. linearen Abschreibung, die sich nach der Nutzungsdauer bemisst, und darf 20 % nicht übersteigen.

Hinweis: Die degressive Abschreibung ist nicht zulässig, wenn das Wirtschaftsgut nach dem 31.12.2022 und vor dem 1.4.2024 angeschafft oder hergestellt worden ist.

2. Sonderabschreibung für kleine und mittlere Unternehmen

Unternehmer, deren Gewinn 200.000 € nicht übersteigt, können bislang unter bestimmten Voraussetzungen eine einmalige Sonderabschreibung von 20 % auf abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wie z. B. Maschinen vornehmen, und zwar zusätzlich zur regulären Abschreibung, die von der Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts abhängig ist. Für Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.12.2023 angeschafft oder hergestellt werden, wird die Sonderabschreibung von 20 % auf 40 % nun verdoppelt.

Zu beachten ist ferner die geänderte Abschreibung für neu gebaute Mietwohnungen, die auch für Unternehmer gilt, wenn sich die Wohnungen im Betriebsvermögen befinden, weil sie z. B. an Arbeitnehmer vermietet werden (zu den Einzelheiten s. unten unter „Vermieter“).

3. Verbesserung bei der sog. Thesaurierungsbesteuerung

Einzelunternehmen und Personengesellschaften haben die Möglichkeit, eine sog. Thesaurierungsbesteuerung zu wählen. Der nicht entnommene, also thesaurierte Gewinn wird dann mit 28,25 % besteuert. Allerdings kommt es zu einer Nachversteuerung mit einem Steuersatz von 25 %, sobald der Gewinn entnommen wird.

Ab 2024 wird das begünstigt besteuerte Thesaurierungsvolumen dadurch erhöht, dass der begünstigungsfähige Gewinn um die steuerlich nicht als Betriebsausgabe abziehbare Gewerbesteuer und um die nicht absetzbare Einkommensteuer, die entnommen wird, damit die „Thesaurierungssteuer“ an das Finanzamt gezahlt werden kann, erhöht wird.

4. Änderung bei der Dienstwagenbesteuerung

Werden betriebliche Elektrofahrzeuge privat genutzt, muss für die Privatnutzung eine Entnahme versteuert werden. Bei einer betrieblichen Nutzung von mehr als 50 % kann die Entnahme mit 0,25 % des Bruttolistenpreises (zzgl. Kosten der Sonderausstattung und einschließlich Umsatzsteuer) monatlich bewertet werden.

Diese günstige Bewertung setzte bislang voraus, dass der Bruttolistenpreis des Fahrzeugs 60.000 € nicht übersteigt. Diese Grenze wird für reine Elektrofahrzeuge, die nach dem 31.12.2023 angeschafft werden, auf 70.000 € erhöht (ursprünglich war eine Erhöhung auf 80.000 € geplant).

Hinweis: Entscheidet sich der Unternehmer für die Bewertung der Entnahme nach der sog. Fahrtenbuchmethode, wirkt sich die Erhöhung der zulässigen Anschaffungskosten bei reinen Elektrofahrzeugen ebenfalls günstig aus, weil dann nur 25 % der Anschaffungskosten bei den Kfz-Kosten berücksichtigt werden.

5. Betriebsausgabenabzug für Geschenke

Geschenke an Geschäftsfreunde waren bislang bis zur Höhe von 35 € / Empfänger im Wirtschaftsjahr abziehbar. Diese Freigrenze wird ab 2024 auf 50 € angehoben. Wie bisher gilt: Ist das Geschenk auch nur geringfügig teurer, sind die kompletten Ausgaben nicht abziehbar.

6. Erhöhung der Buchführungsgrenzen

Gewerbliche Unternehmer sowie Land- und Forstwirte sind steuerrechtlich zur Buchführung verpflichtet, wenn sie bestimmte Buchführungsgrenzen überschreiten. Der Gesetzgeber erhöht für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen, die bisherige Umsatzgrenze von 600.000 € auf 800.000 € und die bisherige Gewinngrenze von 60.000 € auf 80.000 €.

In gleicher Höhe werden auch die Grenzen für die handelsrechtliche Buchführungspflicht von Einzelkaufleuten angepasst. Steuerpflichtige Einzelkaufleute können dann unterhalb dieser Grenze auf eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung und vereinfachte Buchführung zurückgreifen. Diese Änderungen greifen ebenfalls für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen.

7. Erweiterung der umsatzsteuerlichen Ist-Versteuerung

Ab 2024 wird die Umsatzgrenze für die Anwendbarkeit der sog. Ist-Versteuerung von 600.000 € um 200.000 € auf 800.000 € erhöht.

8. Erleichterung für Kleinunternehmer

Ab 2024 sind Kleinunternehmer grundsätzlich nicht mehr zur Abgabe einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung verpflichtet. Sie können allerdings – wie bisher auch – vom Finanzamt zur Abgabe einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung aufgefordert werden. Auch besteht die Abgabepflicht z. B. weiterhin bei innergemeinschaftlichen Erwerben.

Hinweis: Kleinunternehmer sind Unternehmer, deren Umsatz im Vorjahr 22.000 € nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 € voraussichtlich nicht übersteigen wird. Sie müssen keine Umsatzsteuer abführen, können dann aber auch keine Vorsteuer gelten machen.

9. Option zur Körperschaftsteuer

Personenhandelsgesellschaften wie z. B. die OHG oder KG können auf Antrag zur Körperschaftsbesteuerung optieren und unterliegen dann lediglich einem Körperschaftsteuersatz von 15 % zuzüglich Gewerbesteuer, die bei Körperschaften grundsätzlich anfällt. Der Gesetzgeber erstreckt ab dem 28.3.2024 den Anwendungsbereich dieser Option auf alle Personengesellschaften, also insbesondere auch auf Gesellschaften bürgerlichen Rechts, wenn diese in einem Gesellschaftsregister eingetragen sind (sog. eGbR).

Die Option, die bis zum 30.11. für das Folgejahr zu beantragen ist, ist ab dem 28.3.2024 auch für neu gegründete Personengesellschaften möglich, die den Antrag dann innerhalb eines Monats nach Abschluss des Gesellschaftsvertrags stellen müssen, so dass die Option bereits für das laufende Wirtschaftsjahr gilt. Gleiches gilt für Personengesellschaften, die durch einen umwandlungsrechtlichen Formwechsel aus einer Körperschaft hervorgegangen sind und die für die Option einen Monat Zeit nach Anmeldung des Formwechsels beim Handelsregister haben, damit die Option bereits für das laufende Wirtschaftsjahr gilt.

10. Befreiung von der Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen ab 2025

Nach bisheriger Rechtslage kann das Finanzamt den Unternehmer von der Verpflichtung zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen und Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen befreien, wenn die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1.000 € betragen hat. Dieser Betrag wird ab dem Besteuerungszeitraum 2025 auf 2.000 € erhöht. Ursprünglich sollte diese Regelung bereits für das Jahr 2024 gelten.

11. Elektronische Rechnung ab 2025

Der Gesetzgeber schreibt ab 2025 die Pflicht zur elektronischen Rechnung in einem sog. strukturiertem Format innerhalb von sechs Monaten nach Leistungserbringung vor, wenn die Leistung an einen anderen Unternehmer im Inland ausgeführt wird. Allerdings gibt es eine Übergangsregelung für Umsätze, die nach dem 31.12.2024 und vor dem 1.1.2027 ausgeführt werden, so dass bis zum 31.12.2026 eine Rechnung auf Papier und – bei Zustimmung des Rechnungsempfängers – auch in einem anderen elektronischen Format ausgestellt werden kann. Unternehmer, deren Gesamtumsatz im Jahr 2026 800.000 € nicht überschreitet, können sogar bis zum 31.12.2027 ihre Rechnungen auf Papier oder – mit Zustimmung des Rechnungsempfängers – in einem anderen elektronischen Format ausstellen.

II. Änderungen für Arbeitnehmer

Zum 1.1.2024 wird der Pauschbetrag für Berufskraftfahrer, die im Fahrzeug übernachten, von 8 € auf 9 € pro Tag erhöht. Dieser Betrag kann zusätzlich zur den Verpflegungspauschalen geltend gemacht werden.

III. Änderungen für Vermieter

Für Vermieter ergeben sich durch das Wachstumschancengesetz folgende wichtige Änderungen:

1. Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau

Der Anwendungsbereich der Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau wurde verlängert. Danach können die Sonderabschreibungen – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – in Anspruch genommen werden, wenn durch Baumaßnahmen aufgrund eines nach dem 31.8.2018 und vor dem 1.1.2022 oder nach dem 31.12.2022 und vor dem 1.10.2029 (bisher 1.1.2027) gestellten Bauantrags oder einer in diesem Zeitraum getätigten Bauanzeige neue, bisher nicht vorhandene Wohnungen hergestellt werden

Für aufgrund eines nach dem 31.12.2022 und vor dem 1.10.2029 gestellten Bauantrags oder einer in diesem Zeitraum getätigten Bauanzeige hergestellte Wohnungen sind darüber hinaus auch die Baukostenobergrenze und die maximale Bemessungsgrundlage angehoben worden. Die maximalen Anschaffungs- oder Herstellungskosten betragen nunmehr 5.200 € (bislang 4.800 €) je qm Wohnfläche, die Bemessungsgrundlage beträgt nunmehr maximal 4.000 € (bisher 2.500 €) je qm Wohnfläche.

Hinweis: Die Sonderabschreibung ist rückgängig zu machen, wenn die Wohnung nicht zehn Jahre lang vermietet oder vorher verkauft oder die Baukostenobergrenze durch nachträgliche Baumaßnahmen überschritten wird.

2. Befristete Einführung einer degressiven AfA für Wohngebäude

Außerdem hat der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1.1.2023 eine degressive Abschreibung für Wohngebäude i. H. v. 5 % eingeführt. Dies gilt für Wohngebäude in Deutschland oder in der EU bzw. im EWR (Island, Liechtenstein und Norwegen). Voraussetzung ist, dass mit der Herstellung des Gebäudes nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 begonnen wird oder dass das Gebäude nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 gekauft wird und der Nutzen- und Lastenwechsel bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung erfolgt ist. Bei einem Kauf muss die Fertigstellung also im selben Jahr wie der Nutzen- und Lastenwechsel erfolgen. Für den Beginn der Herstellung kommt es auf die Anzeige des Baubeginns an.

IV. Alle Steuerzahler

Mit Wirkung zum 1.1.2024 wird mit dem Wachstumschancengesetz die Freigrenze für private Veräußerungsgeschäfte von bislang 600 € auf 1.000 € angehoben. Bei zusammenveranlagten Ehegatten steht jedem Ehegatten die Freigrenze einzeln zu, sofern jeder von ihnen Veräußerungsgewinne erzielt hat. Bei einem auch nur geringfügig höheren Gewinn kommt die Freigrenze nicht zum Ansatz.

Verbesserung des Verlustausgleichs: Trotz Verlustvortrags droht eine Mindestbesteuerung, wenn ein Verlust von mehr als 1 Mio. € in ein Folgejahr vorgetragen und dort mit positiven Einkünften von mehr als 1 Mio. € verrechnet werden soll. Der Gesetzgeber sieht bislang nämlich eine Besteuerung von 40 % des Betrags, der 1 Mio. € übersteigt, vor. Dieser Mindestbesteuerungssatz wird nun bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer in den Jahren 2024 bis 2027 auf 30 % gesenkt.

V. Nicht umgesetzte Maßnahmen

U.a. die folgenden ursprünglich mit dem Wachstumschancengesetz geplanten Änderungen wurden nicht umgesetzt:

  • Erhöhung der Betragsgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) von 800 € pro Wirtschaftsgut auf 1.000 €;
  • Abschaffung des Sammelpostens für GWG sowie – alternativ – die Abschreibung des Sammelpostens auf drei anstatt auf fünf Jahre;
  • Einführung einer Klimaschutzprämie, die gewährt werden sollte, wenn der Unternehmer bis zum 31.12.2029 Wirtschaftsgüter anschafft, die Teil eines sog. Einsparkonzepts sind und zur Verbesserung der Energieeffizienz dienen;
  • Erhöhung der Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen;
  • Erhöhung des Freibetrags für Betriebsveranstaltungen auf 150 €;
  • die Einführung einer Freigrenze von 1.000 € für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung;
  • Anhebung des Höchstbetrags, der im Wege des Verlustrücktrags in einem Vorjahr abgezogen werden kann, auf 10 Mio. € (20 Mio. €. bei zusammenveranlagten Ehegatten).

Ebenfalls nicht umgesetzt wurde eine ursprünglich geplante Meldepflicht für Steuergestaltungen im Inland sowie die Senkung des Durchschnittssatzes auf landwirtschaftliche Erzeugnisse auf 8,4 %; hier bleibt es nach derzeitigem Stand in diesem Jahr beim Durchschnittssatz von 9,0 %.

Quelle: Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz), BGBl. 2024 I Nr. 108; NWB