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Finanzverwaltung lehnt Einlagenrückgewähr bei Stiftungen ab

Das Bundesfinanzministerium (BMF) lehnt eine steuerfreie Einlagenrückgewähr bei Stiftungen ab und widerspricht damit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH).

Hintergrund: Bei Kapitalgesellschaften wird ein steuerliches Einlagekonto durch Bescheid festgestellt. Hierin werden die Einlagen der Gesellschafter festgehalten, damit diese in einem Folgejahr steuerfrei als sog. Einlagenrückgewähr von der Kapitalgesellschaft an die Gesellschafter zurückgezahlt werden können. Im Jahr 2023 hat der BFH entschieden, dass bei einer rechtsfähigen privaten Stiftung kein steuerliches Einlagekonto festgestellt wird, weil eine Stiftung eine Vermögensmasse ist und das Gesetz für Vermögensmassen kein steuerliches Einlagekonto vorsieht. Allerdings hat der BFH eine steuerfreie Einlagerückgewähr gleichwohl nicht ausgeschlossen (s. unten).

Inhalt des BMF-Schreibens:

  • Das BMF verweist auf das BFH-Urteil, in dem der BFH die Feststellung eines steuerlichen Einlagekontos, das grundsätzlich eine Voraussetzung für eine spätere steuerfreie Einlagenrückgewähr ist, für eine rechtsfähige private Stiftung des bürgerlichen Rechts abgelehnt hat.
  • Das BMF folgt dem Urteil des BFH hinsichtlich der Unzulässigkeit einer Feststellung eines steuerlichen Einlagekontos und zieht daraus die Schlussfolgerung, dass mangels Feststellung eines steuerlichen Einlagekontos auch eine steuerfreie Einlagenrückgewähr scheitert.
  • Soweit der BFH eine steuerfreie Einlagenrückgewähr dennoch für möglich gehalten und darauf verwiesen hat, dass die Voraussetzungen einer steuerfreien Einlagenrückgewähr im Einkommensteuer-Veranlagungsverfahren des Begünstigten der Stiftung (Destinärs) geklärt werden könnten, hält das BMF diese Aussage des BFH nicht für entscheidungserheblich. Das BMF schließt daher eine spätere steuerfreie Einlagenrückgewähr aus, weil hierfür ein steuerliches Einlagekonto hätte festgestellt werden müssen; eben dies ist aber bei Stiftungen nicht möglich.

Hinweise: Auch wenn das BMF dem BFH in der Frage der Feststellung eines steuerlichen Einlagekontos für Stiftungen folgt und die Feststellung für unzulässig hält, widerspricht das BMF in der eigentlichen Streitfrage dem BFH. Denn während der BFH eine steuerfreie Einlagenrückgewähr trotz fehlender Feststellung eines steuerlichen Einlagekontos für möglich hält und die Prüfung der Voraussetzungen einer steuerfreien Einlagenrückgewähr auf das Einkommensteuer-Veranlagungsverfahren des Destinärs verlagert, schließt das BMF eine steuerfreie Einlagenrückgewähr aus.

Das BMF-Schreiben ist für die Finanzämter verbindlich, nicht aber für die Finanzgerichte. Daher können Destinäre, die eine Einlagenrückgewähr von ihrer Stiftung erhalten und diese als steuerfrei ansehen, weil sie die übrigen Voraussetzungen einer steuerfreien Einlagenrückgewähr als erfüllt ansehen, die Steuerfreiheit geltend machen und sich dabei auf den BFH berufen. Sollte das Finanzamt die Steuerfreiheit unter Hinweis auf das aktuelle BMF-Schreiben verneinen, muss das Finanzgericht über die Steuerfreiheit entscheiden. Es dürfte sich erfahrungsgemäß der BFH-Rechtsprechung anschließen.

Quelle: BMF-Schreiben vom 24.4.2024 – IV C 2 – S 2204/24/10001 :001; NWB

Steuerliche Behandlung des Betriebs von Photovoltaikanlagen

Das Thüringer Finanzministerium hat Informationen zur steuerlichen Behandlung des Betriebs von Photovoltaikanlagen veröffentlicht.

Hintergrund: In den Finanzämtern häufen sich die Anfragen zur steuerlichen Behandlung von Photovoltaikanlagen. Viele Steuerpflichtige sind unsicher, ob sie ihre Anlage komplett steuerfrei betreiben können, oder sich die Steuerfreiheit nur auf die Einkommensteuer oder die Umsatzsteuer erstreckt. Die Finanzverwaltung des Landes Thüringen hat daher die steuerlichen Regeln zum Betrieb von Photovoltaikanlagen noch einmal zusammengefasst.

I. Umsatzsteuer

Betreiber, die die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen und ihre Photovoltaikanlage zum sog. Nullsteuersatz, also ohne Umsatzsteuer erworben haben, können auf die Anzeige ihrer seit dem 1.1.2023 aufgenommenen Tätigkeit beim Finanzamt verzichten. Voraussetzung hierfür ist, dass die Photovoltaikanlage nach dem Einkommensteuergesetz begünstigt ist und keine weitere unternehmerische Tätigkeit ausgeübt wird.

Seit dem 1.1.2023 gilt für den Kauf und die Installation bestimmter kleiner Photovoltaikanlagen und für dazugehörige Stromspeicher eine Umsatzsteuer von null Prozent, wenn:

  • die Anlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen/Wohnungen/Wohngebäuden,
  • auf öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden oder
  • an Wohnwagen, wenn sie nicht oder nur gelegentlich fortbewegt werden, installiert sind.

Ist die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage kleiner oder gleich 30 kW(p), dann entfällt ein Nachweis der Belegenheit. Für den Erwerb dieser kleinen Anlagen greift dann automatisch der Nullsteuersatz.

Aus Gründen des Bürokratieabbaus kann auf die steuerliche Erfassung beim Finanzamt und die Vergabe einer Steuernummer verzichtet werden, wenn:

  • das Unternehmen ausschließlich den Betrieb einer Photovoltaikanlage i.S.d. § 3 Nr. 72 EStG und § 12 Abs. 3 Nr. 1 UStG (+ steuerfreie Vermietung) umfasst,
  • die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG angewendet wird und
  • die Erwerbstätigkeit ab dem 1.1.2023 aufgenommen wurde.

Werden die Voraussetzungen erfüllt, wird keine Steuernummer vergeben. Gegenüber den Netzbetreibern ist in diesen Fällen die Marktstammdatenregisternummer der Photovoltaikanlage mitzuteilen. Die Information an den Netzbetreiber bezüglich der Inanspruchnahme der Vereinfachung ist jedoch zwingend erforderlich, da anderenfalls die (vom Netzbetreiber ausgewiesene) Umsatzsteuer für den eingespeisten Strom von den Betreiberinnen oder Betreibern der Anlage geschuldet werden würde.

Erfüllt der Unternehmer hingegen eine der o.g. Voraussetzungen nicht, bedarf es bei erstmaliger unternehmerischer Betätigung einer elektronischen Abgabe des Fragebogens zur steuerlichen Erfassung an das zuständige Finanzamt.

Für Anlagen, die vor 2023 installiert wurden, gelten die alten Steuerregeln.

II. Einkommensteuer

Bereits rückwirkend seit dem 1.1.2022 werden Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Photovoltaikanlage von der Einkommensteuer befreit. Für die Anwendung der Steuerbefreiung muss die Photovoltaikanlage bestimmte Voraussetzungen hinsichtlich der Anlagenleistung und des Standortes erfüllen:

  • Die installierte Bruttoleistung darf bis zu 30 kW(p) betragen, wenn die Anlage auf einem Einfamilienhaus (einschließlich Nebengebäuden, Garagen oder Carports), oder auf Gebäuden, die nicht Wohnzwecken dienen (z.B. Gewerbeimmobilien, Garagenhof), installiert ist. Die Anlage kann auch einkommensteuerfrei betrieben werden, wenn sie auf Mehrfamilienhäusern oder sonstigen Gebäuden (z.B. gemischt genutzte Immobilien, Vermietungsobjekte, Gewerbeimmobilien mit mehreren Gewerbeeinheiten) installiert ist und die installierte Leistung 15 kW(p) nicht überschreitet.
  • Für den Betrieb einer oder mehrerer Photovoltaikanlagen gilt insgesamt eine Höchstgrenze von 100 kW(p) pro Steuerpflichtigen. Bei Überschreiten der 100 kW(p)-Grenze entfällt die Steuerbefreiung für alle Photovoltaikanlagen.
  • Auch dachintegrierte Photovoltaikanlagen sowie sog. Fassadenphotovoltaikanlagen sind begünstigt. Freiflächen-Photovoltaikanlagen sind hingegen unabhängig von ihrer Größe nicht begünstigt.

Die jeweilige Verwendung des erzeugten Stroms ist für die Steuerbefreiung unerheblich. Es spielt also keine Rolle, ob der erzeugte Strom z.B. vollständig in das öffentliche Stromnetz eingespeist wird oder für das Aufladen eines privaten Elektrofahrzeugs verbraucht wird.

Hinweis: Die Thüringer Finanzverwaltung hat zum Thema ein Informationsblatt veröffentlicht. Dieses können Sie hier herunterladen.

Quelle: Thüringer Finanzministerium, Pressemitteilung v. 24.4.2024; NWB

Änderungen durch das Wachstumschancengesetz

Nach langem Hin und Her wurde das sog. Wachstumschancengesetz nun doch noch Ende März 2024 verkündet. Nachfolgend haben wir die wichtigsten Änderungen für Sie zusammengefasst:

I. Änderungen für Unternehmer

1. Befristete Wiedereinführung der degressiven Abschreibung

Bisher war eine degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nur dann möglich, wenn das Wirtschaftsgut bis zum 31.12.2022 angeschafft oder hergestellt worden ist. Die degressive Abschreibung beträgt das Zweieinhalbfache der linearen Abschreibung, die auf der Nutzungsdauer beruht; die degressive Abschreibung darf höchstens 25 % betragen.

Der Gesetzgeber lässt die degressive Abschreibung nun auch für solche beweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu, die nach dem 31.3.2024 und vor dem 1.1.2025 angeschafft oder hergestellt worden sind. In diesem Fall beträgt die degressive Abschreibung maximal das Doppelte der sog. linearen Abschreibung, die sich nach der Nutzungsdauer bemisst, und darf 20 % nicht übersteigen.

Hinweis: Die degressive Abschreibung ist nicht zulässig, wenn das Wirtschaftsgut nach dem 31.12.2022 und vor dem 1.4.2024 angeschafft oder hergestellt worden ist.

2. Sonderabschreibung für kleine und mittlere Unternehmen

Unternehmer, deren Gewinn 200.000 € nicht übersteigt, können bislang unter bestimmten Voraussetzungen eine einmalige Sonderabschreibung von 20 % auf abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wie z. B. Maschinen vornehmen, und zwar zusätzlich zur regulären Abschreibung, die von der Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts abhängig ist. Für Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.12.2023 angeschafft oder hergestellt werden, wird die Sonderabschreibung von 20 % auf 40 % nun verdoppelt.

Zu beachten ist ferner die geänderte Abschreibung für neu gebaute Mietwohnungen, die auch für Unternehmer gilt, wenn sich die Wohnungen im Betriebsvermögen befinden, weil sie z. B. an Arbeitnehmer vermietet werden (zu den Einzelheiten s. unten unter „Vermieter“).

3. Verbesserung bei der sog. Thesaurierungsbesteuerung

Einzelunternehmen und Personengesellschaften haben die Möglichkeit, eine sog. Thesaurierungsbesteuerung zu wählen. Der nicht entnommene, also thesaurierte Gewinn wird dann mit 28,25 % besteuert. Allerdings kommt es zu einer Nachversteuerung mit einem Steuersatz von 25 %, sobald der Gewinn entnommen wird.

Ab 2024 wird das begünstigt besteuerte Thesaurierungsvolumen dadurch erhöht, dass der begünstigungsfähige Gewinn um die steuerlich nicht als Betriebsausgabe abziehbare Gewerbesteuer und um die nicht absetzbare Einkommensteuer, die entnommen wird, damit die „Thesaurierungssteuer“ an das Finanzamt gezahlt werden kann, erhöht wird.

4. Änderung bei der Dienstwagenbesteuerung

Werden betriebliche Elektrofahrzeuge privat genutzt, muss für die Privatnutzung eine Entnahme versteuert werden. Bei einer betrieblichen Nutzung von mehr als 50 % kann die Entnahme mit 0,25 % des Bruttolistenpreises (zzgl. Kosten der Sonderausstattung und einschließlich Umsatzsteuer) monatlich bewertet werden.

Diese günstige Bewertung setzte bislang voraus, dass der Bruttolistenpreis des Fahrzeugs 60.000 € nicht übersteigt. Diese Grenze wird für reine Elektrofahrzeuge, die nach dem 31.12.2023 angeschafft werden, auf 70.000 € erhöht (ursprünglich war eine Erhöhung auf 80.000 € geplant).

Hinweis: Entscheidet sich der Unternehmer für die Bewertung der Entnahme nach der sog. Fahrtenbuchmethode, wirkt sich die Erhöhung der zulässigen Anschaffungskosten bei reinen Elektrofahrzeugen ebenfalls günstig aus, weil dann nur 25 % der Anschaffungskosten bei den Kfz-Kosten berücksichtigt werden.

5. Betriebsausgabenabzug für Geschenke

Geschenke an Geschäftsfreunde waren bislang bis zur Höhe von 35 € / Empfänger im Wirtschaftsjahr abziehbar. Diese Freigrenze wird ab 2024 auf 50 € angehoben. Wie bisher gilt: Ist das Geschenk auch nur geringfügig teurer, sind die kompletten Ausgaben nicht abziehbar.

6. Erhöhung der Buchführungsgrenzen

Gewerbliche Unternehmer sowie Land- und Forstwirte sind steuerrechtlich zur Buchführung verpflichtet, wenn sie bestimmte Buchführungsgrenzen überschreiten. Der Gesetzgeber erhöht für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen, die bisherige Umsatzgrenze von 600.000 € auf 800.000 € und die bisherige Gewinngrenze von 60.000 € auf 80.000 €.

In gleicher Höhe werden auch die Grenzen für die handelsrechtliche Buchführungspflicht von Einzelkaufleuten angepasst. Steuerpflichtige Einzelkaufleute können dann unterhalb dieser Grenze auf eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung und vereinfachte Buchführung zurückgreifen. Diese Änderungen greifen ebenfalls für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen.

7. Erweiterung der umsatzsteuerlichen Ist-Versteuerung

Ab 2024 wird die Umsatzgrenze für die Anwendbarkeit der sog. Ist-Versteuerung von 600.000 € um 200.000 € auf 800.000 € erhöht.

8. Erleichterung für Kleinunternehmer

Ab 2024 sind Kleinunternehmer grundsätzlich nicht mehr zur Abgabe einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung verpflichtet. Sie können allerdings – wie bisher auch – vom Finanzamt zur Abgabe einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung aufgefordert werden. Auch besteht die Abgabepflicht z. B. weiterhin bei innergemeinschaftlichen Erwerben.

Hinweis: Kleinunternehmer sind Unternehmer, deren Umsatz im Vorjahr 22.000 € nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 € voraussichtlich nicht übersteigen wird. Sie müssen keine Umsatzsteuer abführen, können dann aber auch keine Vorsteuer gelten machen.

9. Option zur Körperschaftsteuer

Personenhandelsgesellschaften wie z. B. die OHG oder KG können auf Antrag zur Körperschaftsbesteuerung optieren und unterliegen dann lediglich einem Körperschaftsteuersatz von 15 % zuzüglich Gewerbesteuer, die bei Körperschaften grundsätzlich anfällt. Der Gesetzgeber erstreckt ab dem 28.3.2024 den Anwendungsbereich dieser Option auf alle Personengesellschaften, also insbesondere auch auf Gesellschaften bürgerlichen Rechts, wenn diese in einem Gesellschaftsregister eingetragen sind (sog. eGbR).

Die Option, die bis zum 30.11. für das Folgejahr zu beantragen ist, ist ab dem 28.3.2024 auch für neu gegründete Personengesellschaften möglich, die den Antrag dann innerhalb eines Monats nach Abschluss des Gesellschaftsvertrags stellen müssen, so dass die Option bereits für das laufende Wirtschaftsjahr gilt. Gleiches gilt für Personengesellschaften, die durch einen umwandlungsrechtlichen Formwechsel aus einer Körperschaft hervorgegangen sind und die für die Option einen Monat Zeit nach Anmeldung des Formwechsels beim Handelsregister haben, damit die Option bereits für das laufende Wirtschaftsjahr gilt.

10. Befreiung von der Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen ab 2025

Nach bisheriger Rechtslage kann das Finanzamt den Unternehmer von der Verpflichtung zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen und Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen befreien, wenn die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1.000 € betragen hat. Dieser Betrag wird ab dem Besteuerungszeitraum 2025 auf 2.000 € erhöht. Ursprünglich sollte diese Regelung bereits für das Jahr 2024 gelten.

11. Elektronische Rechnung ab 2025

Der Gesetzgeber schreibt ab 2025 die Pflicht zur elektronischen Rechnung in einem sog. strukturiertem Format innerhalb von sechs Monaten nach Leistungserbringung vor, wenn die Leistung an einen anderen Unternehmer im Inland ausgeführt wird. Allerdings gibt es eine Übergangsregelung für Umsätze, die nach dem 31.12.2024 und vor dem 1.1.2027 ausgeführt werden, so dass bis zum 31.12.2026 eine Rechnung auf Papier und – bei Zustimmung des Rechnungsempfängers – auch in einem anderen elektronischen Format ausgestellt werden kann. Unternehmer, deren Gesamtumsatz im Jahr 2026 800.000 € nicht überschreitet, können sogar bis zum 31.12.2027 ihre Rechnungen auf Papier oder – mit Zustimmung des Rechnungsempfängers – in einem anderen elektronischen Format ausstellen.

II. Änderungen für Arbeitnehmer

Zum 1.1.2024 wird der Pauschbetrag für Berufskraftfahrer, die im Fahrzeug übernachten, von 8 € auf 9 € pro Tag erhöht. Dieser Betrag kann zusätzlich zur den Verpflegungspauschalen geltend gemacht werden.

III. Änderungen für Vermieter

Für Vermieter ergeben sich durch das Wachstumschancengesetz folgende wichtige Änderungen:

1. Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau

Der Anwendungsbereich der Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau wurde verlängert. Danach können die Sonderabschreibungen – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – in Anspruch genommen werden, wenn durch Baumaßnahmen aufgrund eines nach dem 31.8.2018 und vor dem 1.1.2022 oder nach dem 31.12.2022 und vor dem 1.10.2029 (bisher 1.1.2027) gestellten Bauantrags oder einer in diesem Zeitraum getätigten Bauanzeige neue, bisher nicht vorhandene Wohnungen hergestellt werden

Für aufgrund eines nach dem 31.12.2022 und vor dem 1.10.2029 gestellten Bauantrags oder einer in diesem Zeitraum getätigten Bauanzeige hergestellte Wohnungen sind darüber hinaus auch die Baukostenobergrenze und die maximale Bemessungsgrundlage angehoben worden. Die maximalen Anschaffungs- oder Herstellungskosten betragen nunmehr 5.200 € (bislang 4.800 €) je qm Wohnfläche, die Bemessungsgrundlage beträgt nunmehr maximal 4.000 € (bisher 2.500 €) je qm Wohnfläche.

Hinweis: Die Sonderabschreibung ist rückgängig zu machen, wenn die Wohnung nicht zehn Jahre lang vermietet oder vorher verkauft oder die Baukostenobergrenze durch nachträgliche Baumaßnahmen überschritten wird.

2. Befristete Einführung einer degressiven AfA für Wohngebäude

Außerdem hat der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1.1.2023 eine degressive Abschreibung für Wohngebäude i. H. v. 5 % eingeführt. Dies gilt für Wohngebäude in Deutschland oder in der EU bzw. im EWR (Island, Liechtenstein und Norwegen). Voraussetzung ist, dass mit der Herstellung des Gebäudes nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 begonnen wird oder dass das Gebäude nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 gekauft wird und der Nutzen- und Lastenwechsel bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung erfolgt ist. Bei einem Kauf muss die Fertigstellung also im selben Jahr wie der Nutzen- und Lastenwechsel erfolgen. Für den Beginn der Herstellung kommt es auf die Anzeige des Baubeginns an.

IV. Alle Steuerzahler

Mit Wirkung zum 1.1.2024 wird mit dem Wachstumschancengesetz die Freigrenze für private Veräußerungsgeschäfte von bislang 600 € auf 1.000 € angehoben. Bei zusammenveranlagten Ehegatten steht jedem Ehegatten die Freigrenze einzeln zu, sofern jeder von ihnen Veräußerungsgewinne erzielt hat. Bei einem auch nur geringfügig höheren Gewinn kommt die Freigrenze nicht zum Ansatz.

Verbesserung des Verlustausgleichs: Trotz Verlustvortrags droht eine Mindestbesteuerung, wenn ein Verlust von mehr als 1 Mio. € in ein Folgejahr vorgetragen und dort mit positiven Einkünften von mehr als 1 Mio. € verrechnet werden soll. Der Gesetzgeber sieht bislang nämlich eine Besteuerung von 40 % des Betrags, der 1 Mio. € übersteigt, vor. Dieser Mindestbesteuerungssatz wird nun bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer in den Jahren 2024 bis 2027 auf 30 % gesenkt.

V. Nicht umgesetzte Maßnahmen

U.a. die folgenden ursprünglich mit dem Wachstumschancengesetz geplanten Änderungen wurden nicht umgesetzt:

  • Erhöhung der Betragsgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) von 800 € pro Wirtschaftsgut auf 1.000 €;
  • Abschaffung des Sammelpostens für GWG sowie – alternativ – die Abschreibung des Sammelpostens auf drei anstatt auf fünf Jahre;
  • Einführung einer Klimaschutzprämie, die gewährt werden sollte, wenn der Unternehmer bis zum 31.12.2029 Wirtschaftsgüter anschafft, die Teil eines sog. Einsparkonzepts sind und zur Verbesserung der Energieeffizienz dienen;
  • Erhöhung der Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen;
  • Erhöhung des Freibetrags für Betriebsveranstaltungen auf 150 €;
  • die Einführung einer Freigrenze von 1.000 € für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung;
  • Anhebung des Höchstbetrags, der im Wege des Verlustrücktrags in einem Vorjahr abgezogen werden kann, auf 10 Mio. € (20 Mio. €. bei zusammenveranlagten Ehegatten).

Ebenfalls nicht umgesetzt wurde eine ursprünglich geplante Meldepflicht für Steuergestaltungen im Inland sowie die Senkung des Durchschnittssatzes auf landwirtschaftliche Erzeugnisse auf 8,4 %; hier bleibt es nach derzeitigem Stand in diesem Jahr beim Durchschnittssatz von 9,0 %.

Quelle: Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz), BGBl. 2024 I Nr. 108; NWB

Rechtsanwaltskosten eines Berufssoldaten für ein Wehrdisziplinarverfahren

Beauftragt ein Berufssoldat in einem gegen ihn geführten Wehrdisziplinarverfahren einen Rechtsanwalt, kann er die Rechtsanwaltskosten als Werbungskosten abziehen. Denn ein Wehrdisziplinarverfahren ist beruflich veranlasst, da es an eine Verletzung der Dienstpflicht anknüpft.

Hintergrund: Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen sind als Werbungskosten steuerlich abziehbar.

Sachverhalt: Der Kläger war Berufssoldat. Aufgrund eines auf Facebook veröffentlichten Kommentars wurde er vom Amtsgericht schuldig gesprochen und kostenpflichtig verwarnt. Anschließend wurde gegen ihn ein Wehrdisziplinarverfahren eingeleitet und ein mehrfacher Verstoß gegen Dienstpflichten vorgeworfen, z.B. gegen das Zurückhaltungsgebot außerhalb des Diensts oder gegen das Gebot, die dienstliche Stellung des Vorgesetzten in seiner Person auch außerhalb des Diensts zu achten. Der Kläger beauftragte einen Rechtsanwalt und machte die Anwaltskosten in Höhe von rund 1.700 € als Werbungskosten geltend.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) erkannte die Werbungskosten an und gab der Klage statt:

  • Die Rechtsanwaltskosten waren beruflich veranlasst, da das Wehrdisziplinarverfahren die berufliche Sphäre des Klägers betraf. Wehrdisziplinarverfahren werden nämlich nur wegen dienstlichen Verfehlungen eingeleitet.
  • Zwar kann ein Wehrdisziplinarverfahren an ein außerdienstliches Verhalten anknüpfen. Der Vorwurf hat aber immer einen dienstlichen Bezug, weil dem Soldaten bei einem Wehrdisziplinarverfahren eine Verletzung seiner Dienstpflicht vorgeworfen wird., z.B. das Zurückhaltungsgebot.
  • Außerdem drohte aufgrund des Disziplinarverfahrens eine Disziplinarmaßnahme, die zu einer Minderung der Dienstbezüge geführt hätte, etwa eine Kürzung der Bezüge, eine Degradierung oder aber die Entfernung aus dem Dienst.

Hinweise: Ein Wehrdisziplinarverfahren unterscheidet sich damit steuerlich von einem Strafverfahren. Denn die Prozesskosten für ein Strafverfahren sind nur dann als Werbungskosten absetzbar, wenn die Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen wurde und nicht nur – wie etwa bei einem Diebstahl von Waren des Arbeitgebers – bei Gelegenheit der Berufsausübung.

Ein Abzug von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen statt Werbungskosten scheitert in der Regel am Gesetz, das einen Abzug als außergewöhnliche Belastung nur dann zulässt, wenn der Steuerpflichtige ohne den Prozess seine Existenzgrundlage verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen könnte.

Quelle: BFH, Urteil vom 10.1.2024 – VI R 16/21; NWB

Widerruf eines Immobilienkreditvertrags

Widerruft ein Kreditnehmer, der einen privaten Immobilienkredit aufgenommen hat, nach mehreren Jahren wirksam den Kreditvertrag, sodass es zu einer wechselseitigen Rückgewähr der gezahlten Leistungen kommt, stellt der Nutzungsersatz, der dem Kreditnehmer zufließt, keine steuerbaren Einkünfte dar.

Hintergrund: Vor einigen Jahren stellte sich heraus, dass die Sparkassen unwirksame Widerrufsbelehrungen in ihren Kreditverträgen verwendeten. Dies ermöglichte es den Kreditnehmern, einen Widerruf noch nach vielen Jahren zu erklären und so die Rückabwicklung des Kredits herbeizuführen. Auf diese Weise konnte die Zinsbelastung nachträglich reduziert werden.

Sachverhalt: Die Kläger waren Eheleute, die im Jahr 2007 zwei Darlehen für eine vermietete Wohnung, sowie für eine selbstgenutzte Wohnung aufgenommen hatten. Nachdem sie festgestellt hatten, dass die von der Sparkasse verwendeten Widerrufsbelehrungen unwirksam waren, widerriefen sie im August 2014 mit Erfolg ihre Willenserklärungen zum Abschluss der Darlehensverträge. Beide Darlehensverträge wurden daraufhin rückabgewickelt, und die Kläger erhielten per Saldo einen Nutzungsersatz in Höhe von ca. 3.500 € aus dem Darlehen für die selbstgenutzte Wohnung sowie einen Nutzungsersatz in Höhe von ca. 4.000 € aus dem Darlehen für die vermietete Wohnung. Das Finanzamt erfasste den Nutzungsersatz aus dem Darlehen für die selbstgenutzte Wohnung als Kapitaleinkünfte und den Nutzungsersatz aus dem Darlehen für die vermietete Wohnung als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Kläger wehrten sich gegen die Erfassung des Nutzungsersatzes in Höhe von 3.500 € als Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:

  • Wird ein Kreditvertrag widerrufen, wandelt sich der Kreditvertrag in ein gegenseitiges Rückgewährschuldverhältnis um. Es werden dann die geleisteten Zahlungen wieder rückgängig gemacht und jeweils ein Wertvorteil für die Gebrauchsvorteile ermittelt, der zu zahlen ist.
  • Der Nutzungsersatz, den die Sparkasse an die Kläger zahlen musste, fiel nicht innerhalb der steuerbaren Erwerbssphäre an und bleibt daher steuerlich irrelevant. Das Rückgewährschuldverhältnis ist nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Einheit zu behandeln. Aus dieser Einheit und dem sich ergebenden Saldo kann nicht isoliert ein Zinsanspruch herausgelöst und besteuert werden.

Hinweise: Der BFH stellt klar, dass die Rückabwicklung von Immobilienkrediten aufgrund fehlerhafter Widerrufsbelehrungen nicht zu steuerbaren Einkünften aus Kapitalvermögen führt.

Offen gelassen hat der BFH die Frage, ob die Rückabwicklung des Darlehensvertrags über die vermietete Immobilie zu steuerbaren Vermietungseinkünften führt; denn die Kläger hatten sich hiergegen nicht gewehrt. Nach der Begründung des BFH, der den Nutzungsersatz nicht der steuerbaren Erwerbssphäre zuordnet, dürfte aber auch hier eine Steuerpflicht zu verneinen sein.

Die Rechtslage für den Nutzungsersatz aufgrund eines Widerrufs hat sich mittlerweile zuungunsten der Kreditnehmer geändert, da der Darlehensnehmer keinen Anspruch mehr auf Nutzungsersatz hat.

Quelle: BFH, Urteil vom 7.11.2023 – VIII R 16/22; NWB