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Rechtsanwaltskosten eines Berufssoldaten für ein Wehrdisziplinarverfahren

Beauftragt ein Berufssoldat in einem gegen ihn geführten Wehrdisziplinarverfahren einen Rechtsanwalt, kann er die Rechtsanwaltskosten als Werbungskosten abziehen. Denn ein Wehrdisziplinarverfahren ist beruflich veranlasst, da es an eine Verletzung der Dienstpflicht anknüpft.

Hintergrund: Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen sind als Werbungskosten steuerlich abziehbar.

Sachverhalt: Der Kläger war Berufssoldat. Aufgrund eines auf Facebook veröffentlichten Kommentars wurde er vom Amtsgericht schuldig gesprochen und kostenpflichtig verwarnt. Anschließend wurde gegen ihn ein Wehrdisziplinarverfahren eingeleitet und ein mehrfacher Verstoß gegen Dienstpflichten vorgeworfen, z.B. gegen das Zurückhaltungsgebot außerhalb des Diensts oder gegen das Gebot, die dienstliche Stellung des Vorgesetzten in seiner Person auch außerhalb des Diensts zu achten. Der Kläger beauftragte einen Rechtsanwalt und machte die Anwaltskosten in Höhe von rund 1.700 € als Werbungskosten geltend.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) erkannte die Werbungskosten an und gab der Klage statt:

  • Die Rechtsanwaltskosten waren beruflich veranlasst, da das Wehrdisziplinarverfahren die berufliche Sphäre des Klägers betraf. Wehrdisziplinarverfahren werden nämlich nur wegen dienstlichen Verfehlungen eingeleitet.
  • Zwar kann ein Wehrdisziplinarverfahren an ein außerdienstliches Verhalten anknüpfen. Der Vorwurf hat aber immer einen dienstlichen Bezug, weil dem Soldaten bei einem Wehrdisziplinarverfahren eine Verletzung seiner Dienstpflicht vorgeworfen wird., z.B. das Zurückhaltungsgebot.
  • Außerdem drohte aufgrund des Disziplinarverfahrens eine Disziplinarmaßnahme, die zu einer Minderung der Dienstbezüge geführt hätte, etwa eine Kürzung der Bezüge, eine Degradierung oder aber die Entfernung aus dem Dienst.

Hinweise: Ein Wehrdisziplinarverfahren unterscheidet sich damit steuerlich von einem Strafverfahren. Denn die Prozesskosten für ein Strafverfahren sind nur dann als Werbungskosten absetzbar, wenn die Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen wurde und nicht nur – wie etwa bei einem Diebstahl von Waren des Arbeitgebers – bei Gelegenheit der Berufsausübung.

Ein Abzug von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen statt Werbungskosten scheitert in der Regel am Gesetz, das einen Abzug als außergewöhnliche Belastung nur dann zulässt, wenn der Steuerpflichtige ohne den Prozess seine Existenzgrundlage verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen könnte.

Quelle: BFH, Urteil vom 10.1.2024 – VI R 16/21; NWB

Widerruf eines Immobilienkreditvertrags

Widerruft ein Kreditnehmer, der einen privaten Immobilienkredit aufgenommen hat, nach mehreren Jahren wirksam den Kreditvertrag, sodass es zu einer wechselseitigen Rückgewähr der gezahlten Leistungen kommt, stellt der Nutzungsersatz, der dem Kreditnehmer zufließt, keine steuerbaren Einkünfte dar.

Hintergrund: Vor einigen Jahren stellte sich heraus, dass die Sparkassen unwirksame Widerrufsbelehrungen in ihren Kreditverträgen verwendeten. Dies ermöglichte es den Kreditnehmern, einen Widerruf noch nach vielen Jahren zu erklären und so die Rückabwicklung des Kredits herbeizuführen. Auf diese Weise konnte die Zinsbelastung nachträglich reduziert werden.

Sachverhalt: Die Kläger waren Eheleute, die im Jahr 2007 zwei Darlehen für eine vermietete Wohnung, sowie für eine selbstgenutzte Wohnung aufgenommen hatten. Nachdem sie festgestellt hatten, dass die von der Sparkasse verwendeten Widerrufsbelehrungen unwirksam waren, widerriefen sie im August 2014 mit Erfolg ihre Willenserklärungen zum Abschluss der Darlehensverträge. Beide Darlehensverträge wurden daraufhin rückabgewickelt, und die Kläger erhielten per Saldo einen Nutzungsersatz in Höhe von ca. 3.500 € aus dem Darlehen für die selbstgenutzte Wohnung sowie einen Nutzungsersatz in Höhe von ca. 4.000 € aus dem Darlehen für die vermietete Wohnung. Das Finanzamt erfasste den Nutzungsersatz aus dem Darlehen für die selbstgenutzte Wohnung als Kapitaleinkünfte und den Nutzungsersatz aus dem Darlehen für die vermietete Wohnung als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Kläger wehrten sich gegen die Erfassung des Nutzungsersatzes in Höhe von 3.500 € als Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:

  • Wird ein Kreditvertrag widerrufen, wandelt sich der Kreditvertrag in ein gegenseitiges Rückgewährschuldverhältnis um. Es werden dann die geleisteten Zahlungen wieder rückgängig gemacht und jeweils ein Wertvorteil für die Gebrauchsvorteile ermittelt, der zu zahlen ist.
  • Der Nutzungsersatz, den die Sparkasse an die Kläger zahlen musste, fiel nicht innerhalb der steuerbaren Erwerbssphäre an und bleibt daher steuerlich irrelevant. Das Rückgewährschuldverhältnis ist nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Einheit zu behandeln. Aus dieser Einheit und dem sich ergebenden Saldo kann nicht isoliert ein Zinsanspruch herausgelöst und besteuert werden.

Hinweise: Der BFH stellt klar, dass die Rückabwicklung von Immobilienkrediten aufgrund fehlerhafter Widerrufsbelehrungen nicht zu steuerbaren Einkünften aus Kapitalvermögen führt.

Offen gelassen hat der BFH die Frage, ob die Rückabwicklung des Darlehensvertrags über die vermietete Immobilie zu steuerbaren Vermietungseinkünften führt; denn die Kläger hatten sich hiergegen nicht gewehrt. Nach der Begründung des BFH, der den Nutzungsersatz nicht der steuerbaren Erwerbssphäre zuordnet, dürfte aber auch hier eine Steuerpflicht zu verneinen sein.

Die Rechtslage für den Nutzungsersatz aufgrund eines Widerrufs hat sich mittlerweile zuungunsten der Kreditnehmer geändert, da der Darlehensnehmer keinen Anspruch mehr auf Nutzungsersatz hat.

Quelle: BFH, Urteil vom 7.11.2023 – VIII R 16/22; NWB

Nichtigkeit eines Schenkungsteuerbescheids

Ein Schenkungsteuerbescheid ist nichtig, wenn sich die festgesetzte Steuer nicht hinreichend bestimmt aus dem Bescheid ergibt.

Hintergrund: Ein Bescheid wird mit seiner Bekanntgabe wirksam. Die Wirksamkeit besteht auch im Fall der Rechtswidrigkeit, sodass ein rechtswidriger Bescheid wirksam ist und bleibt, wenn er nicht angefochten wird. Ein nichtiger Bescheid ist hingegen nicht wirksam und entfaltet keine Rechtswirkung.

Sachverhalt: Ein Vater schenkte seinem Sohn mehrere Beteiligungen an Personen- sowie an Kapitalgesellschaften, an denen der Vater jeweils zu 15 % beteiligt war; der Vater behielt sich den Nießbrauch vor. Der Vater übernahm im Schenkungsvertrag die Schenkungsteuer. Das Finanzamt setzte gegenüber dem Vater mit Bescheid vom 9.10.2009 Schenkungsteuer fest und gewährte dabei die schenkungsteuerlichen Begünstigungen für das Betriebsvermögen. Der Vater zahlte die Schenkungsteuer, der Bescheid wurde bestandskräftig. Am 26.10.2010 änderte das Finanzamt die Festsetzung und berücksichtigte die schenkungsteuerlichen Begünstigungen nur noch für die Kapitalgesellschaftsbeteiligungen, weil der Sohn nicht Mitunternehmer bei den Personengesellschaften geworden sei. Der Vater entrichtete die Nachzahlung, legte allerdings Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren erkannte das Finanzamt nun auch die schenkungsteuerlichen Begünstigungen für die Kapitalgesellschaftsbeteiligungen nicht mehr an, weil der Vater nicht mit mindestens 25 % beteiligt gewesen war. Vater und Sohn erhoben anschließend Klage. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Der Sohn legte nun Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) ein. Im Revisionsverfahren hob das Finanzamt nach einem entsprechenden richterlichen Hinweis am 10.5.2023 alle bisherigen Bescheide auf und erließ gegenüber dem Sohn einen neuen Bescheid, mit dem es die Steuer auf 15.800.340 € festsetzte. Von diesem Betrag zog das Finanzamt verschiedene Beträge, u. a. die bereits vom Vater gezahlten Steuern ab, und nannte dann in der Begründung des Bescheids eine „festgesetzte Steuer“ in Höhe von 6.829.463,31.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Revision des Sohns statt:

  • Der während des Revisionsverfahrens am 10.5.2023 ergangene Bescheid wurde zum Gegenstand des Revisionsverfahrens.
  • Der Bescheid vom 10.5.2023 ist nichtig, da aus ihm nicht eindeutig hervorgeht, in welcher Höhe Schenkungsteuer gegen den Sohn festgesetzt worden ist. Ein Bescheid leidet an schweren und offenkundigen Mängeln und ist deshalb nichtig, wenn er inhaltlich nicht so bestimmt ist, dass ihm hinreichend sicher entnommen werden kann, was vom Steuerschuldner verlangt wird.
  • Der sog. Tenor des Bescheids, der die Hauptaussage trifft, steht im Widerspruch zur Begründung des Bescheids. Denn im Tenor wurde eine Schenkungsteuer von 15.800.340 € gegen den Kläger festgesetzt, während in der Begründung eine „festgesetzte Steuer“ in Höhe von 6.829.463,31 € genannt wurde. Für den Sohn war damit nicht erkennbar, in welcher Höhe Schenkungsteuer gegen ihn festgesetzt worden ist.
  • Zudem ließ der Bescheid nicht erkennen, dass die festgesetzte Schenkungsteuer durch die Zahlungen des Vaters materiell erloschen ist. Vater und Sohn waren Gesamtschuldner, so dass die Zahlungen des Vaters an das Finanzamt zum Erlöschen der Schenkungsteuer führten und dies auch zugunsten des Sohns wirkte. In dem Bescheid wurden zwar die Steuerzahlungen des Vaters abgezogen; hierdurch wurde aber nicht hinreichend deutlich, dass dies zum Erlöschen der gegen den Sohn festgesetzten Steuerschuld geführt hat.

Hinweise: Der nichtige Bescheid war zwar nicht wirksam, wurde aber aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit aufgehoben. Der BFH brauchte nicht zu entscheiden, ob die schenkungsteuerlichen Begünstigungen zu gewähren waren. Da auch die vorherigen Bescheide aufgehoben worden waren – und zwar vom Finanzamt während des Revisionsverfahrens –, wurde im Ergebnis keine Schenkungsteuer festgesetzt.

Die Nichtigkeit eines Bescheids kann auch noch nach Ablauf der Einspruchsfrist geltend gemacht werden. Ist der Bescheid jedoch nicht nichtig, sondern nur rechtswidrig, bleibt der rechtswidrige Bescheid bestehen und ist wirksam, wenn der Steuerpflichtige nicht innerhalb der Einspruchsfrist Einspruch eingelegt hat. Im Zweifel sollte daher bei einem Bescheid, der nichtig sein könnte, auch rechtzeitig Einspruch eingelegt werden, um so im Fall der bloßen Rechtswidrigkeit eine Änderung zugunsten herbeiführen zu können.

BFH, Urteil vom 8.11.2023 – II R 22/20; NWB

Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags für 2000

Der Bundesfinanzhof (BFH) hält den Solidaritätszuschlag auch hinsichtlich des Jahres 2000 für verfassungsgemäß und bestätigt damit seine bisherige Rechtsprechung zur Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags.

Hintergrund: Seit 1995 wird ein Solidaritätszuschlag in Höhe von 5,5 % der festgesetzten Einkommensteuer erhoben, der den Finanzbedarf, der sich aus der Wiedervereinigung ergibt, abdecken soll. Der Solidaritätszuschlag ist keine Steuer, sondern eine sog. Ergänzungsabgabe, deren Aufkommen dem Bund zusteht.

Sachverhalt: Die Kläger wehrten sich gegen die Festsetzung des Solidaritätszuschlags für die Jahre 1999 bis 2002.

Entscheidung: Der BFH wies die Klage ab:

  • Die Klage bezüglich der Festsetzung des Solidaritätszuschlags für das Jahr 1999 sowie für 2001 und 2002 war bereits unzulässig, da sich die Kläger gegen Änderungsbescheide gewehrt hatten, in denen der Solidaritätszuschlag für 1999 sowie 2001 und 2002 herabgesetzt worden war. Da die vorherige Festsetzung bereits bestandskräftig geworden war, bestand keine Klagebefugnis mehr gegen die Änderungsbescheide.
  • Die Klage gegen die Festsetzung des Solidaritätszuschlags für das Jahr 2000 war hingegen zulässig, aber unbegründet. Denn der Solidaritätszuschlag ist verfassungsgemäß.
  • Der Solidaritätszuschlag verstößt weder gegen den Gleichheitsgrundsatz noch gegen die allgemeine Eigentumsgarantie des Grundgesetzes.
  • Der Solidaritätszuschlag ist auch nicht unverhältnismäßig, da seine Höhe lediglich 5,5 % der festgesetzten Einkommensteuer beträgt.

Hinweise: Der BFH verweist auf seine bisherige Rechtsprechung, die die Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags für 2005, 2007, 2011 und bis 2021 betrifft.

Auch wenn der BFH bislang alle Klagen gegen den Solidaritätszuschlag abgewiesen hat, besteht durchaus Hoffnung, dass der Solidaritätszuschlag nicht mehr allzu lange Bestand haben wird. Denn der BFH macht – wie in einer vorherigen Entscheidung, die das Jahr 2021 betraf – erneut deutlich, dass der Solidaritätszuschlag als sog. Ergänzungsabgabe kein dauerhaftes Instrument der Steuerumverteilung sein darf. Da der Solidaritätszuschlag 1995 eingeführt wurde, könnte jedenfalls nach 30 Jahren, d.h. ab 2025, eine Aufhebung in Betracht kommen; in einer früheren Entscheidung hat der BFH nämlich ausgeführt, dass ein Zeitraum von bis zu 30 Jahren als ausreichend für die Bewältigung der historischen Aufgabe der Wiedervereinigung erscheint.

Beim Bundesverfassungsgericht ist derzeit noch ein Verfahren zur Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags anhängig, das im Jahr 2020 von Bundestagsabgeordneten der FDP eingeleitet worden ist, die den Solidaritätszuschlag für verfassungswidrig halten.

Quelle: BFH, Urteil vom 20.2.2024 – IX R 27/23 (II R 27/15); NWB

Werbungskostenabzug von Prozesskosten zwecks nachehelichen Unterhalts

Prozesskosten, die getätigt werden, um einen höheren nachehelichen Unterhalt zu erlangen, sind nicht als Werbungskosten absetzbar, wenn der Unterhaltsverpflichtete für das Unterhaltsjahr noch keinen wirksamen Antrag auf Abzug der Unterhaltszahlungen als Sonderausgaben gestellt hat. Denn erst wenn dieser Antrag wirksam gestellt worden ist und der Unterhaltsberechtigte dem Antrag zugestimmt hat, werden die Unterhaltszahlungen steuerlich relevant und gehören nicht mehr zur privaten Lebensführung; dies gilt dann auch für die Prozesskosten.

Hintergrund: Unterhaltszahlungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten sind als Sonderausgaben bis zu 13.805 € jährlich als Sonderausgaben abziehbar, wenn der Unterhaltsberechtigte zustimmt. Der Unterhaltsberechtigte muss dann die Unterhaltszahlungen entsprechend als sonstige Einkünfte versteuern, maximal bis zu einem Betrag von 13.805 €.

Sachverhalt: Der E wurde 2014 von der Klägerin geschieden und verpflichtet, einen monatlichen Unterhalt von 582,50 € zu zahlen. Die Klägerin begehrte anschließend höheren Unterhalt. Im März 2015 kam ein gerichtlicher Vergleich zustande, nach dem E nun 900 € Unterhalt monatlich zahlen musste. Der Klägerin entstanden aufgrund dieses Vergleichs Anwalts- und Gerichtskosten im Jahr 2015, die sie als außergewöhnliche Belastungen geltend machte. Die Einnahmen aus dem Unterhalt in Höhe von 10.800 € (12 x 900 €) erklärte die Klägerin als sonstige Einkünfte und zog hiervon die Werbungskostenpauschale für Versorgungsbezüge von 102 € ab. Das Finanzgericht (FG) erkannte in der ersten Instanz die Aufwendungen teilweise als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften an, soweit sie den Pauschbetrag von 102 € überstiegen. Hiergegen legte das Finanzamt Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) ein.

Entscheidung: Der BFH erkannte die Prozesskosten nicht als Werbungskosten an, hat die Sache aber zur weiteren Aufklärung an das FG zurückverwiesen:

  • Werbungskosten sind Aufwendungen, die durch die Erzielung von Einkünften veranlasst sind. Unterhaltszahlungen sind beim Unterhaltsberechtigten sonstige Einkünfte, soweit der Unterhaltsverpflichtete sie als Sonderausgaben bis zur Höhe von maximal 13.805 € jährlich geltend macht und der Unterhaltsberechtigte dem zustimmt.
  • Zwar könnten die Prozesskosten durch die Unterhaltsleistungen veranlasst sein, weil der Prozess dazu diente, höhere Unterhaltsleistungen zu erhalten. Jedoch gehören Unterhaltszahlungen grundsätzlich zum Privatbereich. Erst durch den Antrag des Unterhaltsverpflichteten, der den Antrag stellt, die Unterhaltszahlungen als Sonderausgaben geltend zu machen, und durch die Zustimmung des Unterhaltsberechtigten, der die Unterhaltszahlungen im Gegenzug als sonstige Einkünfte versteuern muss, werden die Unterhaltszahlungen in den steuerlichen Bereich überführt. Sobald also der Unterhaltsverpflichtete seine Einkommensteuererklärung einreicht und die Zustimmung des Unterhaltsberechtigten auf dem entsprechenden Formular beifügt, kommt es zu einer rechtsgestaltenden Umqualifizierung der Unterhaltszahlungen, die nun steuerbar werden. Bis zu diesem Zeitpunkt sind Unterhaltszahlungen steuerlich irrelevant.
  • Solange der unterhaltsverpflichtete E seine Einkommensteuererklärung für 2015, in der er die Unterhaltszahlungen als Sonderausgaben mit Zustimmung der Klägerin steuerlich geltend macht, noch nicht abgegeben hat, können Prozesskosten daher keine Werbungskosten sein. Die Einkommensteuererklärung des E für 2015 kann erst im Jahr 2016 abgegeben worden sein; hingegen sind die Prozesskosten der Klägerin bereits im Jahr 2015 entstanden und betrafen zu diesem Zeitpunkt die private Lebensführung der Klägerin.
  • Der BFH hat den Werbungskostenabzug zwar abgelehnt. Das FG muss nun aber prüfen, ob die Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden können; dies hängt nach dem Gesetz insbesondere davon ab, ob die Klägerin ohne den Unterhaltsprozess Gefahr gelaufen wäre, ihre Existenzgrundlage zu verlieren und ihre lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

Hinweise: Eine nachträgliche Umqualifizierung der Prozesskosten, die im Jahr 2015 die private Lebensführung betrafen, in vorweggenommene Werbungskosten, nachdem der E die Unterhaltszahlungen mit Zustimmung der Klägerin als Sonderausgaben geltend gemacht hat, wird vom BFH abgelehnt.

Unbeachtlich war, dass der E seine Unterhaltszahlungen an die Klägerin in den Vorjahren als Sonderausgaben geltend gemacht hat. Zwar kann die Zustimmung der Klägerin zum Sonderausgabenabzug des E über mehrere Jahre hinweg gültig sein; der Antrag des E kann aber jeweils nur für ein Kalenderjahr gestellt und nicht zurückgenommen werden. Daher wirkte der für das Vorjahr 2014 gestellte Antrag im Streitjahr 2015 nicht fort.

Der Abzug von Unterhaltsleistungen und die gleichzeitige Versteuerung durch den Empfänger nennt man Realsplitting. Der Empfänger erleidet zwar einen steuerlichen Nachteil; dieser Nachteil wird jedoch durch eine entsprechend höhere Unterhaltszahlung ausgeglichen. Für den Unterhaltsverpflichteten kann sich hieraus ein Vorteil ergeben, wenn sein Steuersatz höher ist als der Steuersatz des Unterhaltsempfängers.

Quelle: BFH, Urteil vom 18.10.2023 – X R 7/20; NWB