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Gesetzgeber ändert Bewertungsregelungen für Immobilien

Der Gesetzgeber hat Ende des Jahres mit Wirkung zum 1.1.2023 die Bewertungsregelungen für Immobilien geändert. Es hängt vom jeweiligen Einzelfall ab, ob und ggf. in welchem Umfang dies zu höheren Werten für Grundbesitz bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie bei der Grunderwerbsteuer führt.

Hintergrund: Für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer müssen Grundstücke, die verschenkt oder vererbt werden, bewertet werden. Gleiches gilt für die Grunderwerbsteuer, wenn Anteile an einer Grundstücksgesellschaft übertragen werden und dabei die grunderwerbsteuerliche Grenze von 90 % überschritten wird. Die Bewertung von Grundstücken richtet sich nach dem Bewertungsgesetz, das durch das sog. Jahressteuergesetz 2022 geändert worden ist.

Wesentlicher Inhalt der neuen Regelungen:

  • Die Gesamtnutzungsdauer für Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke, Mehrfamilienhäuser, Eigentumswohnungen und gemischt-genutzte Grundstücke (Wohnstücke mit Mischnutzung) wird von 70 auf 80 Jahre erhöht. Dies kann zu höheren Werten führen.

    Hinweis: Einkommensteuerlich hat dies keine Bedeutung, da diese Erhöhung nur die Bewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie der Grunderwerbsteuer betrifft.

  • Die von den Gutachterausschüssen ermittelten Daten gewinnen bei der Wertermittlung an Bedeutung, wenn die Daten hierfür geeignet sind. Hat der Gutachterausschuss die Daten stichtagsbezogen ermittelt, kommt es steuerlich auf den letzten Stichtag vor dem Bewertungsstichtag an, sofern der Stichtag nicht mehr als drei Jahre zurückliegt.
  • Weitere Änderungen gibt es bei den einzelnen Wertermittlungsmethoden, insbesondere beim Sachwert- und Ertragswertverfahren:

    Beim Ertragswertverfahren wird die bisherige Vereinfachungsregelung der Finanzverwaltung zur Ermittlung des Gebäudealters in das Gesetz aufgenommen. Das Alter des Gebäudes kann danach durch Abzug des Jahres der Bezugsfertigkeit des Gebäudes vom Jahr des Bewertungsstichtags bestimmt werden. Haben Baumaßnahmen zu einer wesentlichen Verlängerung der Restnutzungsdauer des Gebäudes geführt, ist die entsprechend verlängerte Restnutzungsdauer zugrunde zu legen. Die Bewirtschaftungskosten des Gebäudes, d. h. die Verwaltungs- und Instandhaltungskosten sowie das Mietausfallwagnis, sind künftig aus einer Anlage zum Gesetz abzuleiten; es kommt also nicht mehr – wie bisher – auf Erfahrungssätze an. Die Bewirtschaftungskosten sollen künftig auf der Grundlage des Verbraucherpreisindex jährlich angepasst werden. Schließlich werden die Zinssätze für den Liegenschaftszinssatz gesenkt, falls die Gutachterausschüsse keine Zinssätze zur Verfügung stellen können.

    Beim Sachwertverfahren wird künftig der Unterschied zwischen dem durchschnittlichen Baukostenniveau im Bundesgebiet und dem regionalen Baukostenniveau durch sog. Regionalfaktoren berücksichtigt. Diese Regionalfaktoren sollen von den Gutachterausschüssen zur Verfügung gestellt werden; ist dies nicht möglich, gilt ein Regionalfaktor von 1,0.

Hinweise: Der Nachweis eines niedrigeren Wertes durch ein Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses oder durch ein Gutachten eines amtlich bestellten Bausachverständigen ist auch künftig möglich.

Inwieweit die neuen gesetzlichen Regelungen zu Erhöhungen der steuerlichen Werte führen, kann pauschal nicht beantwortet werden. Die neuen Liegenschaftszinssätze dürften bei Anwendung des Ertragswertverfahrens durchaus zu höheren Werten führen; sie sind allerdings nur anwendbar, wenn die Gutachterausschüsse keine Liegenschaftszinssätze zur Verfügung stellen können.

Quelle: JStG 2022 vom 16.12.2022, BGBl 2022 I S. 2294; NWB

Umsatzsteuer bei Fußballverein in der Oberliga

Der Verkauf von Eintrittskarten für die Oberligaspiele eines Fußballvereins unterliegt nur dann dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %, wenn die Spiele einen sog. Zweckbetrieb darstellen. Dies setzt voraus, dass entweder die Bruttoeinnahmen jährlich 45.000 € (im Streitjahr 2016: 35.000 €) nicht übersteigen oder dass die den Fußballern gezahlte Aufwandsentschädigung nur deren tatsächlich entstandenen Aufwand ersetzt. Letzteres muss der Verein anhand konkreter Aufzeichnungen nachweisen.

Hintergrund: Die Umsätze eines gemeinnützigen Vereins unterliegen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %. Dies gilt auch dann, soweit der Verein einen Zweckbetrieb unterhält, d.h. einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, mit dem die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke des Vereins verwirklicht werden. Der Gesetzgeber sieht sportliche Veranstaltungen grundsätzlich als Zweckbetrieb an, wenn die jährlichen Bruttoeinnahmen aus dem Verkauf von Eintrittskarten nicht höher sind als 45.000 € (im Streitjahr waren dies noch 35.000 €). Der Verein kann auf diese Regelung auch verzichten; er gilt bei einem Verzicht dann als Zweckbetrieb, wenn die Sportler nur eine Aufwandsentschädigung erhalten.

Sachverhalt: Der Kläger war ein gemeinnütziger Fußballverein, dessen 1. Mannschaft in der Oberliga spielte. Seine jährlichen Bruttoeinnahmen aus dem Kartenverkauf lagen über der im Streitjahr geltenden Grenze von 35.000 € (aktuell: 45.000 €). Der Kläger zahlte seinen Spielern eine pauschale Aufwandsentschädigung von teilweise über 1.000 € monatlich. Der Kläger unterwarf seine Umsätze aus dem Kartenverkauf dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %. Das Finanzamt sah die Spiele der Oberligamannschaft nicht als Zweckbetrieb an und setzte die Umsatzsteuer auf der Grundlage eines Steuersatzes von 19 % an. Der Kläger verzichtete auf die Zweckbetriebsgrenze von 35.000 € und machte geltend, dass er seinen Spielern lediglich eine Aufwandsentschädigung gezahlt habe.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Der Kläger unterhielt mit der Oberligamannschaft keinen Zweckbetrieb, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorlagen. Die Zweckbetriebsgrenze von 35.000 € war nicht anwendbar, da der Kläger auf die Zweckbetriebsgrenze verzichtet hatte.
  • Der Kläger hat seinen Spielern auch nicht nur eine Aufwandsentschädigung gezahlt, sondern ihnen mehr als den Aufwand bezahlt, und damit bezahlte Sportler beschäftigt. Eine Aufwandsentschädigung im Sinne der Gemeinnützigkeitsregelungen liegt nur dann vor, wenn die Entschädigung nicht über den tatsächlichen Aufwand des einzelnen Sportlers hinausgeht. Eine pauschale Abrechnung von Aufwendungsersatz genügt nicht.
  • Der Kläger hat keine Aufzeichnungen vorgelegt, aus denen sich der konkrete Aufwand der einzelnen Spieler ergab. Der Kläger hat lediglich auf die weiten Fahrten zu vier oder fünf Trainingseinheiten pro Woche sowie auf den allgemeinen Aufwand für Schuhe und Sportbekleidung hingewiesen. Es geht zulasten des Klägers, dass er keine Aufzeichnungen zur Teilnahme der Spieler am Trainings- und Spielbetrieb vorlegen konnte.

Hinweise: Kann ein Verein auch nur für einen einzigen Spieler nicht nachweisen, dass nur der tatsächlich entstandene Aufwand ersetzt wird, ist dieser Spieler als sog. bezahlter Spieler anzusehen mit der Folge, dass alle Spiele, an denen dieser Spieler teilnimmt, als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb und nicht als Zweckbetrieb anzusehen sind; der Umsatzsteuersatz würde dann 19 % betragen.

Selbst wenn der Kläger den Nachweis eines Zweckbetriebs geführt hätte, würde der Verkauf von Speisen und Getränken sowie der Umsatz aus der Werbung nicht zur sportlichen Veranstaltung gehören, sondern der Umsatzsteuersatz würde sich nach den allgemeinen Grundsätzen richten.

Quelle: BFH, Beschluss v. 3.8.2022 – XI R 11/19; NWB

Energiepreispauschale für Studenten

Wegen der stark gestiegenen Lebenshaltungskosten und Energiepreise sollen nun auch Studenten sowie Fachschüler eine einmalige Energiepreispauschale erhalten.

Hintergrund: Im letzten Jahr haben alle einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen sowie Rentner und Pensionäre wegen der gestiegenen Energiepreise eine sozialversicherungsfreie, jedoch steuerpflichtige Energiepreispauschale in Höhe von 300 € erhalten. Nun hat die Bundesregierung nachgelegt und eine steuerfreie Einmalzahlung für Studenten und Fachschüler in Höhe von 200 € beschlossen.

Die Einzelheiten:

  • Anspruchsberechtigt sind alle Studenten, die zum 1.12.2022 an einer Hochschule in Deutschland immatrikuliert sind. Darüber hinaus anspruchsberechtigt sind Fachschüler sowie Berufsfachschüler in Bildungsgängen mit dem Ziel eines mindestens zweijährigen berufsqualifizierenden Abschlusses, wenn sie zum Stichtag 1.12.2022 an einer Ausbildungsstätte in Deutschland angemeldet sind.
  • Die Einmalzahlung muss beantragt werden. Zurzeit wird an einer digitalen Antragsplattform gearbeitet. Diese war zum jetzigen Zeitpunkt (24.1.2023) noch nicht online. Der Antrag muss bis zum 30.9.2023 gestellt werden.
  • Die Einmalzahlung wird nicht der Besteuerung unterliegen. Sie soll weder bei einkommensabhängigen Leistungen und Sozialleistungen noch bei Sozialversicherungsbeiträgen zu berücksichtigen sein. Sie soll darüber hinaus keine Berücksichtigung bei der Kostenheranziehung in der Kinder- und Jugendhilfe finden und unpfändbar sein.

Hinweis: Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat einen Fragen-Antworten-Katalog zur Energiepreispauschale für Studenten und Fachschüler veröffentlicht. Zu der Seite gelangen Sie hier.

Quelle: Studierenden-Energiepreispauschalengesetz – EPPSG, BGBl 2022 I S. 2357; NWB

Anschlussprüfung darf von einem Prüfungsjahr auf drei Prüfungsjahre erweitert werden

Das Finanzamt darf im Anschluss an eine Außenprüfung eine weitere Außenprüfung als sog. Anschlussprüfung anordnen und muss dies nicht besonders begründen. Wird die Außenprüfung nur für ein Prüfungsjahr angeordnet, kann diese Anordnung ohne weitere Begründung auf bis zu drei Prüfungsjahre erweitert werden, da ein Prüfungszeitraum von drei Jahren der Regelfall ist.

Hintergrund: Das Finanzamt darf bei Unternehmern Außenprüfungen durchführen, die im Regelfall drei Prüfungsjahre umfassen. Wird anschließend eine weitere Prüfung durchgeführt, spricht man von einer Anschlussprüfung.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, die kein Großbetrieb war und daher nicht durchgängig vom Finanzamt geprüft wurde. Das Finanzamt führte für die Jahre 2002 bis 2004 eine Außenprüfung durch. Im Jahr 2013 ordnete das Finanzamt eine Außenprüfung für die Jahre 2008 und 2009 an. Während die Außenprüfung für 2008 und 2009 noch lief, ordnete das Finanzamt im Dezember 2015 eine Anschlussprüfung für die Jahre 2010 bis 2012 an. Hiergegen wehrte sich die Klägerin und hatte hinsichtlich der Anordnung für 2011 und 2012 beim Finanzgericht Erfolg, das die Prüfungsanordnung für 2011 und 2012 wegen fehlender Begründung für die Erweiterung auf insgesamt fünf Prüfungsjahre im Februar 2017 aufhob. Im Dezember 2017 erweiterte das Finanzamt die für 2010 erlassene Prüfungsanordnung auf die Prüfungsjahre 2011 und 2012; es begründete die Erweiterung mit den bei der Prüfung für 2008 und 2009 festgestellten Buchführungsmängeln. Die Klägerin wehrte sich gegen die Prüfungserweiterung auf die Jahre 2011 und 2012 zunächst durch einen Einspruch und dann durch Klage. Während des Einspruchsverfahrens schloss das Finanzamt die Außenprüfung für 2008 und 2009 ab.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die gegen die Erweiterung auf die Jahre 2011 und 2012 gerichtete Klage ab:

  • Die Prüfungsanordnung für 2010 betraf eine erste Anschlussprüfung. Denn das Finanzamt hatte bereits für die Jahre 2008 und 2009 eine Außenprüfung durchgeführt. Es handelte sich hingegen nicht um eine zweite Anschlussprüfung, da zwischen der Außenprüfung für die Jahre 2002 bis 2004 und der Außenprüfung für 2008 und 2009 mehrere Jahre lagen.
  • Für eine Anschlussprüfung ist keine besondere Begründung erforderlich. Denn Anschlussprüfungen sind grundsätzlich zulässig, ohne dass bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Insbesondere ist das Finanzamt nicht verpflichtet, eine Anschlussprüfung nur in einem bestimmten Turnus oder nach einem zeitlichen Abstand durchzuführen.
  • Die Anschlussprüfung für 2010 durfte auf die Jahre 2011 und 2012 zeitlich erweitert werden. Denn aufgrund der Erweiterung kam es zu einem Prüfungszeitraum von drei Jahren (2010 bis 2012), der allgemein zulässig ist und dem Regelfall entspricht.
  • Die Erweiterung um die Jahre 2011 und 2012 führte nicht zu einer Umgehung des Grundsatzes, dass der Prüfungszeitraum drei Jahre nicht überschreiten soll. Zwar war die Außenprüfung für 2008 und 2009 bei Erlass der Prüfungsanordnung für 2011 und 2012 noch nicht abgeschlossen, so dass es zunächst zu einem Prüfungszeitraum von fünf Jahren (2008 bis 2012) kam. Entscheidend ist aber der Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung; im Zeitpunkt ihres Erlasses war die Prüfung für 2008 und 2009 bereits abgeschlossen.

Hinweise: Das Urteil macht deutlich, dass das Finanzamt beim Erlass einer Prüfungsanordnung für eine Anschlussprüfung keine besonderen Voraussetzungen beachten muss. Dies dient der Unvorhersehbarkeit von Außenprüfungen.

Eine zeitliche Erweiterung einer bereits angeordneten Außenprüfung ist hingegen so lange unproblematisch möglich, wie der Gesamtprüfungszeitraum drei Jahre nicht übersteigt.

Das Finanzamt durfte die zeitliche Erweiterung auf 2011 und 2012 vornehmen, obwohl das Finanzgericht die vorherige Prüfungsanordnung für 2010 bis 2012 insoweit, d. h. für 2011 und 2012, aufgehoben hatte. Denn die Aufhebung war wegen der fehlenden Begründung erfolgt, so dass das Finanzamt nicht gehindert war, eine erneute Prüfungsanordnung, nun aber mit Begründung, zu erlassen.

Quelle: BFH, Beschluss v. 3.8.2022 – XI R 32/19; NWB

Keine Pflicht zur elektronischen Klageerhebung einer Steuerberatungs-GmbH bis 31.12.2022

Eine Steuerberatungs-GmbH konnte im Jahr 2022 eine Klage oder Revision bei einem Finanzgericht bzw. dem Bundesfinanzhof (BFH) noch in Schriftform oder per Telefax wirksam erheben. Sie war – anders als ein Rechtsanwalt – nicht verpflichtet, den Schriftsatz als elektronisches Dokument einzureichen. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerberatungs-GmbH durch einen Geschäftsführer, der Rechtsanwalt und Steuerberater ist, vertreten wurde.

Hintergrund: Seit dem 1.1.2022 müssen Rechtsanwälte Klagen und Anträge und sonstige Schriftsätze bei einem Finanzgericht oder BFH als elektronisches Dokument übermitteln. Hierzu müssen sie das sog. besondere elektronische Anwaltspostfach, das sog. beA, verwenden.

Sachverhalt: Der Kläger klagte zunächst beim Finanzgericht und wurde dort durch die X-Steuerberatungs-GmbH vertreten, deren Geschäftsführer der Steuerberater und Rechtsanwalt A war. Im Klageverfahren trat für den Kläger der bei der X-Steuerberatungsgesellschaft angestellte Rechtsanwalt B auf, in dessen beA auch die Ladung zum Termin beim FG übermittelt wurde und der über sein beA auch die Übermittlung des klageabweisenden Urteils mittels elektronischen Empfangsbekenntnisses bestätigte. Gegen dieses Urteil erhob die X-Steuerberatungs-GmbH namens des Klägers per Telefax im Frühjahr 2022 Revision beim BFH. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Einlegung der Revision unwirksam gewesen sei, weil sie per Telefax eingelegt und nicht über das beA elektronisch übermittelt worden sei.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigte in einem sog. Zwischenurteil die Zulässigkeit der Klage:

  • Die Revisionsfrist begann mit der Zustellung des Urteils an die X-Steuerberatungs-GmbH. Der bei der X-Steuerberatungs-GmbH angestellte Rechtsanwalt B war aufgrund einer Anscheinsvollmacht berechtigt, die Zustellung des Urteils per beA entgegenzunehmen. Eine Anscheinsvollmacht ist zu bejahen, weil der B bereits im Klageverfahren für die X-Steuerberatungs-GmbH aufgetreten war und weil er zuvor die Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung per elektronischem Empfangsbekenntnis bestätigt hatte.
  • Die X-Steuerberatungs-GmbH konnte die Revision im Jahr 2022 noch per Telefax wirksam einlegen. Denn für Steuerberatungsgesellschaften bestand ebenso wie für Steuerberater noch keine Pflicht, Revisionen als elektronisches Dokument zu übermitteln.
  • Diese Pflicht zur elektronischen Übermittlung bestand auch nicht deshalb, weil der Geschäftsführer der X-Steuerberatungs-GmbH nicht nur Steuerberater, sondern auch Rechtsanwalt war und daher über ein eigenes beA verfügte. Zwar müssen Rechtsanwälte seit dem 1.1.2022 mit den Gerichten elektronisch über ihr beA kommunizieren; dies gilt aber nur dann, wenn sie unter ihrer Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt“ auftreten oder wenn es sich um eine sog. gemischte Berufsausübungsgesellschaft handelt, die aus Rechtsanwälten und Steuerberatern besteht und die über die Steuerberatung hinaus auch Rechtsberatung betreibt. Diese Voraussetzungen lagen bei der X-Steuerberatungs-GmbH, die ausschließlich steuerberatend tätig war, nicht vor.

Hinweise: Wäre der A, der Geschäftsführer der X-Steuerberatungs-GmbH, selbst gegenüber dem BFH als Rechtsanwalt und Steuerberater aufgetreten, hätte er die Revision elektronisch mittels beA übermitteln müssen. Die von ihm vertretene X-Steuerberatungs-GmbH wird hierdurch jedoch nicht verpflichtet, elektronisch zu übermitteln.

Anders wird dies voraussichtlich ab 1.1.2023 sein. Denn dann soll den Steuerberatern und Steuerberatungsgesellschaften das sog. besondere elektronische Steuerpostfach (sog. beSt) zur Verfügung gestellt werden, das dann auch benutzungspflichtig ist. Ob diese Bereitstellung des beSt zum 1.1.2023 funktioniert hat, bleibt abzuwarten.

Der BFH hat mit dem Zwischenurteil nur über die Zulässigkeit der Revision entschieden und diese bejaht. Über die eigentliche Streitfrage, die die Besteuerung der Veräußerung von sog. Kryptowährungen betrifft, wird der BFH erst im abschließenden Urteil entscheiden.

Quelle: BFH, Zwischenurteil v. 25.10.2022 – IX R 3/22; NWB