Mandant/Login
Zur Newsübersicht

Aufwendungen eines gleichgeschlechtlichen Ehepaares für Leihmutter nicht als außergewöhnliche Belastungen absetzbar

Ein gleichgeschlechtliches Ehepaar kann die Kosten für eine Leihmutter, die in den USA das Kind des einen Ehegatten nach vorheriger künstlicher Befruchtung der Eizelle einer anderen Frau austrägt, nicht als außergewöhnliche Belastungen absetzen. Denn die ungewollte Kinderlosigkeit des gleichgeschlechtlichen Ehepaares ist nicht krankheitsbedingt, sondern beruht auf den biologischen Grenzen der Fortpflanzung.

Hintergrund: Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen, weil er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, und die notwendig und angemessen sind, können als außergewöhnliche Belastungen abgesetzt werden. Ein typisches Beispiel hierfür sind Krankheitskosten.

Sachverhalt: Die Kläger waren zwei Männer, die im Streitjahr 2017 heirateten und zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Einer der beiden Männer ließ die Eizelle einer in den USA lebenden Frau künstlich befruchten. Anschließend wurde diese befruchtete Eizelle einer anderen in den USA lebenden Frau als sog. Leihmutter eingesetzt, die das Kind austrug und anschließend den Klägern übergab. Die Kläger machten die Aufwendungen für die Leihmutterschaft als außergewöhnliche Belastungen geltend. Das Finanzamt erkannte die außergewöhnlichen Belastungen nicht an, weil eine Leihmutterschaft in Deutschland verboten ist.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Zwar gehören Krankheitskosten zu den außergewöhnlichen Belastungen, jedoch waren die Kläger nicht krank. Ihre ungewollte Kinderlosigkeit war nicht Folge einer Erkrankung eines der beiden Ehegatten, sondern Folge der biologischen Grenzen der Fortpflanzung.
  • Die Anerkennung als außergewöhnliche Belastungen folgt auch nicht daraus, dass der andere Ehegatte, der nicht an der künstlichen Befruchtung beteiligt war, nach eigenen Angaben unter dem unerfüllten Kinderwunsch psychisch litt. Denn eine Ersatzmutterschaft kann nicht als medizinisch indizierte Heilbehandlung zur Heilung einer seelischen Erkrankung angesehen werden; zudem würde dies das Kind zu einem bloßen medizinischen Heilmittel herabwürdigen, das zur Linderung einer seelischen Krankheit eingesetzt wird.
  • Außerdem ist der Abzug als außergewöhnliche Belastung deshalb ausgeschlossen, weil die Leihmutterschaft mit deutschem Recht zum Schutz von Embryonen nicht vereinbar ist. Nach deutschem Recht darf nämlich auf eine Frau keine Eizelle einer anderen Frau zwecks reproduktionsmedizinischer Behandlung übertragen werden. Ebenso ist es verboten, dass eine Ersatz- bzw. Leihmutter ihr Kind nach der Geburt einem Dritten auf Dauer überlässt.

Hinweis: Der BFH hat keine verfassungsrechtlichen Zweifel an dem Verbot der Ersatzmutterschaft und der Eizellenspende. Denn das Verbot dient der Verhinderung einer Aufspaltung der Mutterschaft in eine genetische Mutter und eine austragende Mutter.

Quelle: BFH, Urteil vom 10.8.2023 – VI R 29/21; NWB

Weitere Steuertipps

Entwurf feines Steuerfortentwicklungsgesetzes (vormals 2. Jahressteuergesetz 2024)

Die Bundesregierung hat am 24.7.2024 den Entwurf eines Gesetzes zur […]

Auskunftsanspruch gegen das Finanzamt nach Datenschutz-Vorschriften

Zwar gelten die Datenschutzvorschriften auch bei der Verarbeitung personenbezogener Daten […]

Änderung eines Steuerbescheids wegen fehlerhafter Erfassung elektronischer Lohnsteuerbescheinigungen

Erfasst das Finanzamt den Arbeitslohn, der vom Arbeitgeber in elektronischen […]

Grundsteuerreform: Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Grundsteuerwerte

Trägt ein Grundstückseigentümer konkrete Umstände vor, nach denen der im […]

Bekanntgabe eines Bescheids trotz Widerrufs der Vollmacht

Die Bekanntgabe eines Bescheids bzw. einer Einspruchsentscheidung durch das Finanzamt […]