Durchführung der Jägerprüfung durch gemeinnützigen Verein ist steuerlich unschädlicher Zweckbetrieb
Führt ein gemeinnütziger Verein, der auf dem Gebiet des Naturschutzes und der Landschaftspflege aktiv ist, die Jägerprüfung durch und erhebt er hierfür Gebühren, gehört der hieraus erzielte Gewinn zu einem steuerlich unschädlichen Zweckbetrieb, der die Gemeinnützigkeit des Vereins nicht berührt. Der Gewinn ist somit steuerfrei.
Hintergrund: Gemeinnützige Vereine sind von der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer befreit. Die Steuerfreiheit gilt aber nicht für einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, den der gemeinnützige Verein unterhält; der Gewinn aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ist also grundsätzlich steuerpflichtig. Eine Ausnahme besteht aber für Zweckbetriebe. Bei einem Zweckbetrieb handelt es sich um einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, der in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke des Vereins zu verwirklichen.
Streitfall: Der Kläger war ein gemeinnütziger Verein, der insbesondere in den Bereichen Naturschutz, Landschaftspflege, Tierschutz und der entsprechenden Aus- und Weiterbildung tätig war. Diese Zwecke sollten u.a. durch die Sicherung der Lebensgrundlagen der heimischen Tier- und Pflanzenwelt sowie durch die Aus- und Fortbildung auf dem Gebiet der Jagdpraxis erreicht werden. Im Jahr 2008 wurde der Kläger vom zuständigen Ministerium mit der Organisation und Durchführung der Jägerprüfung beauftragt (sog. Beleihung). Hierfür erhob der Kläger von den Teilnehmern Gebühren und erzielte 2008 einen Gewinn und 2009 einen Verlust. Das Finanzamt sah in dem Bereich der Jägerprüfung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und erließ entsprechende Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) bejahte einen Zweckbetrieb und gab der Klage statt:
Der Kläger war gemeinnützig, da er Zwecke wie den Naturschutz oder Tierschutz verfolgte.
Die Gemeinnützigkeit umfasste auch die Organisation und Durchführung der Jägerprüfung. Hierbei handelte es sich zwar um einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb; dieser erfüllte aber die Voraussetzungen eines Zweckbetriebs.
- Der Bereich der Jägerprüfung war ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, da es sich um eine selbständige und nachhaltige Tätigkeit handelte, die über eine reine Vermögensverwaltung hinausging. Der Kläger wollte damit auch Einnahmen erzielen, nämlich Gebühren. Nicht erforderlich war insoweit, dass der Kläger am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnahm. Auch eine Gewinnerzielungsabsicht wird für die Annahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nicht verlangt.
- Die Voraussetzungen eines Zweckbetriebs waren jedoch erfüllt. Der Bereich der Jägerprüfung diente nämlich der Verwirklichung des gemeinnützigen Zwecks. Die Jagd dient der Pflege und Sicherung der Lebensräume der Gesamtheit der wildlebenden Arten. Für die Jagd ist ein Jagdschein erforderlich, und die Jägerprüfung muss organisiert und durchgeführt werden. Die Prüfung künftiger Jäger war zur Erreichung des Vereinszwecks notwendig und unentbehrlich. Auch die weitere Voraussetzung eines Zweckbetriebs, nämlich die fehlende Wettbewerbsverzerrung, war zu bejahen; denn im Bereich der Jägerprüfung gibt es keinen Konkurrenten.
Hinweise: Aus Sicht des BFH war es unschädlich, dass der Kläger vom Ministerium beliehen worden war, also mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben beauftragt worden ist. Für einen Zweckbetrieb ist es nämlich nicht erforderlich, dass er allein aufgrund der Satzung betrieben wird. Oft liegen einem Zweckbetrieb vertragliche Verpflichtungen zugrunde, z.B. bei dem entgeltlichen Musikunterricht einer gemeinnützigen Jugendmusikschule.
In der Steuerfreiheit für den Bereich der Jägerprüfung sieht der BFH keine europarechtswidrige Subvention (sog. Beihilfe). Denn die Steuerfreiheit beeinträchtigt weder den Handel zwischen den EU-Staaten, noch verfälscht sie den Wettbewerb. Im Land Brandenburg, in dem der Kläger ansässig war, gab es außer dem Kläger keinen Anbieter für die Organisation und Abnahme der Jägerprüfungen.
Quelle: BFH, Urteil v. 21.4.2022 – V R 26/20; NWB