Abzugszeitpunkt einer Umsatzsteuervorauszahlung als Betriebsausgabe bei der Einnahmen-Überschussrechnung
Eine für das Vorjahr geleistete Umsatzsteuervorauszahlung kann im Rahmen der Einnahmen-Überschussrechnung nur dann im Vorjahr als Betriebsausgabe abgezogen werden, wenn die Zahlung bis zum 10.1. des Folgejahres geleistet wird und wenn die Umsatzsteuervorauszahlung auch im Zeitraum vom 1.1. bis zum 10.1. des Folgejahres fällig ist. War die Vorauszahlung hingegen schon im Vorjahr fällig oder wird sie erst nach dem 10.1. des Folgejahres fällig, ist der Betriebsausgabenabzug erst im Jahr der Zahlung möglich.
Hintergrund: Bei der Einnahmen-Überschussrechnung gilt grundsätzlich das Zufluss- und Abflussprinzip. Einnahmen sind also im Zeitpunkt des Zuflusses zu versteuern und Ausgaben im Zeitpunkt des Abflusses als Betriebsausgaben geltend zu machen. Das Gesetz enthält aber eine Ausnahme für sog. wiederkehrende Zahlungen, die innerhalb von 10 Tagen vor oder nach dem Jahreswechsel geleistet werden, aber das vorherige bzw. das folgende Jahr betreffen: Sie werden in dem Veranlagungszeitraum berücksichtigt, zu dem sie wirtschaftlich gehören. Eine Umsatzsteuerzahlung für Dezember 2021, die am 5.1.2022 an das Finanzamt gezahlt wird, ist aufgrund dieser Regelung grundsätzlich im Jahr 2021 als Betriebsausgabe abziehbar; denn Umsatzsteuerzahlungen und -erstattungen aufgrund von Voranmeldungen gelten als wiederkehrende Zahlungen.
Sachverhalt: Der Kläger war Unternehmer und ermittelte seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung, d.h. nach Zufluss- und Abflussgesichtspunkten. Die Vorauszahlungen zur Umsatzsteuer für Mai 2017 bis Juli 2017 zahlte er nicht im Jahr 2017, sondern erst am 9.1.2018. Er machte die Zahlung als Betriebsausgabe des Jahres 2017 geltend. Dies lehnte das Finanzamt ab, weil die Zahlungen bereits im Jahr 2017 fällig gewesen waren.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
- Die Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate Mai 2017 bis Juli 2017 sind erst im Jahr 2018 abgeflossen und daher erst im Jahr 2018 als Betriebsausgabe abziehbar.
- Die Ausnahmeregelung für regelmäßig wiederkehrende Zahlungen gilt nicht. Zwar sind Umsatzsteuervorauszahlungen regelmäßig wiederkehrende Zahlungen, und sie wurden auch bis zum 10.1. des Folgejahres, d.. bis zum 10.1.2018, geleistet.
- Die Umsatzsteuervorauszahlungen müssen zusätzlich aber auch in den ersten zehn Tagen des Folgejahres 2018 fällig sein, damit sie im Vorjahr 2017 als Betriebsausgabe abgezogen werden können. Die Fälligkeit im Zehntageszeitraum ist erforderlich, um Zufallsergebnisse zu verhindern. Anderenfalls könnten Umsatzsteuervorauszahlungen, die schon seit längerer Zeit fällig sind, abweichend vom Abflusszeitpunkt im Vorjahr der Zahlung als Betriebsausgabe abgezogen werden.
- Im Streitfall waren die drei Zahlungen bereits im Jahr 2017 fällig und nicht erst im Zeitraum vom 1.1.2018 bis 10.1.2018. Die Ausnahmeregelung für regelmäßig wiederkehrende Zahlungen gilt daher nicht, so dass es beim Betriebsausgabenabzug im Jahr der Zahlung, d.h. hier im Jahr 2018, bleibt.
Hinweise: Bislang war streitig, ob für den vom Zahlungsjahr abweichenden Abzug als regelmäßig wiederkehrende Betriebsausgabe nicht nur die Zahlung in den ersten zehn Tagen des Folgejahres erforderlich ist, sondern auch die Fälligkeit in den ersten zehn Tagen des Folgejahres. Diese Streitfrage hat der BFH nun bejaht. Bei Umsatzsteuervorauszahlungen kommt daher ein Betriebsausgabenabzug im Vorjahr für eine in den ersten zehn Tagen des Folgejahres geleistete Zahlung nur dann in Betracht, wenn es sich um die Vorauszahlung für den Dezember des Vorjahres oder für das IV. Quartal des Vorjahres handelt und keine Dauerfristverlängerung, durch die die Fälligkeit um einen Monat verschoben wird, gewährt wurde. Wurde eine Dauerfristverlängerung gewährt, ist der Abzug im Vorjahr der Zahlung nur bei der Umsatzsteuervorauszahlung für den November des Vorjahres möglich, wenn die Zahlung bis zum 10.1. des Folgejahres erfolgt.
Das Urteil dürfte entsprechend auch für regelmäßig wiederkehrende Einnahmen wie z.B. Mieteinnahmen gelten. Diese müssten also in den letzten zehn Tagen des Jahres erzielt worden und auch in diesem Zeitraum fällig sein, damit die Einnahme dem Folgejahr zugerechnet werden kann und im Folgejahr versteuert werden muss.
Für Bilanzierer hat das Urteil keine Bedeutung, da es dort nicht auf den Zahlungszeitpunkt, sondern stets auf den Zeitpunkt der wirtschaftlichen Verursachung ankommt.
BFH, Urteil vom 16.2.2022 – X R 2/21; NWB