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Kapitaleinkünfte bei Abspaltung einer US-amerikanischen Kapitalgesellschaft

Ein sog. Spin-Off einer US-amerikanischen Kapitalgesellschaft, bei dem ein Unternehmensteil auf eine andere US-amerikanische Kapitalgesellschaft übertragen wird und hierfür Aktien gewährt werden, die den Aktionären zugeteilt werden, führt bei einem deutschen Aktionär nicht zu steuerpflichtigen Kapitaleinkünften, wenn der „Spin-Off“ mit einer Abspaltung nach deutschem Recht vergleichbar ist. Dies gilt aufgrund des Grundsatzes der Kapitalverkehrsfreiheit selbst dann, wenn die entsprechenden gesetzlichen Steuerbefreiungen noch gar nicht in Kraft getreten sind.

Hintergrund: Zu den Kapitaleinkünften gehören nicht nur Dividenden, sondern auch Sachausschüttungen wie z.B. neu zugeteilte Aktien. Der Gesetzgeber behandelt aber seit dem 1.1.2013 die Zuweisung von Aktien im Rahmen einer inländischen Abspaltung nicht als Kapitalertrag. Auch ein Aktientausch wird nicht besteuert.

Sachverhalt: Der in Deutschland wohnhafte Kläger war Aktionär der Kraft Foods Inc. (K), einer US-amerikanischen Kapitalgesellschaft. Die K übertrug am 2.10.2012 ihre Lebensmittelsparte für die USA und Kanada auf die neu gegründete Foods Group Inc. (F), bei der es sich ebenfalls um eine US-amerikanische Kapitalgesellschaft handelte. Hierfür erhielt die K Aktien an der F, die sie ihren Aktionären (d.h. den Aktionären der K) und damit dem Kläger am 5.10.2012 im Verhältnis 3:1 zuteilte. Im Depot des Klägers wurden die Aktien der F am 5.10.2012 eingebucht. Das Finanzamt sah hierin eine steuerpflichtige Sachausschüttung und unterwarf sie in Höhe des Börsenkurses der F der Abgeltungsteuer.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Die zugeteilten Aktien an der F stellen grundsätzlich Kapitalerträge in Gestalt einer Sachausschüttung dar. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die ausschüttende Gesellschaft eine inländische oder ausländische Gesellschaft ist.
  • Deutschland steht auch das Besteuerungsrecht an der Sachausschüttung zu. Denn der Kläger war aufgrund seines Wohnsitzes in Deutschland hier unbeschränkt steuerpflichtig. Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der USA und Deutschland liegt das Besteuerungsrecht für Dividenden, zu denen auch Sachausschüttungen gehören, bei Deutschland.
  • Die Zuteilung der Aktien ist auch keine steuerfreie Einlagenrückgewähr. Zwar können auch Kapitalgesellschaften außerhalb der EU und des EWR, d.h. aus sog. Drittstaaten, grundsätzlich steuerfrei Einlagen, die die Gesellschafter bzw. Aktionäre eingezahlt haben, steuerfrei an die Gesellschafter bzw. Aktionäre zurückgewähren. Auch wenn dies gesetzlich nicht ausdrücklich zugelassen ist, folgt die Anerkennung einer steuerfreien Einlagenrückgewähr aus der europarechtlichen Kapitalverkehrsfreiheit, die die Aktionäre und Gesellschafter in der EU schützt. Die K verfügte jedoch nicht über Einlagen, sondern nur über Gewinne der Vorjahre; diese können nicht steuerfrei ausgeschüttet werden.
  • Die Zuteilung der Aktien an der F ist auch nicht deshalb steuerfrei, weil sie im Rahmen einer Abspaltung erfolgt ist; denn diese Regelung gilt erstmals für Abspaltungen, die nach dem 31.12.2012 erfolgt sind. Im Streitfall ist die Abspaltung aber bereits im Oktober 2012 vollzogen worden.
  • Jedoch kann sich der Kläger bis zum 31.12.2012 auf die Steuerbefreiung für den Anteilstausch berufen, solange die Steuerbefreiung für Abspaltungen noch nicht in Kraft getreten ist. Die Anwendung dieser Steuerbefreiung für den Anteilstausch ist nämlich aufgrund der europarechtlichen Kapitalverkehrsfreiheit geboten; anderenfalls wären deutsche Aktionäre einer US-amerikanischen Kapitalgesellschaft schlechter gestellt als deutsche Aktionäre einer deutschen oder in der EU bzw. im EWR ansässigen Kapitalgesellschaft.

Hinweise: Der BFH hat bereits vor kurzem in einem ähnlichen Fall, der einen sog. Spin-Off bei Hewlett-Packard betraf, die Steuerfreiheit für einen deutschen Aktionär bejaht. Das aktuelle Urteil setzt diese Tendenz fort.

Im Ergebnis sind damit Aktienzuweisungen aufgrund einer Abspaltung in einem sog. Drittstaat außerhalb der EU bzw. des EWR steuerfrei, auch wenn es keine gesetzlichen Regelungen hierzu gibt; denn im Zweifel ist die Kapitalverkehrsfreiheit zu beachten, nach der deutsche Aktionäre bei Kapitalanlagen in einem Drittstaat (USA) nicht schlechter gestellt werden dürfen als bei einer Kapitalanlage in der EU bzw. im EWR. Wichtig ist aber, dass die Abspaltung im Drittstaat mit einer Abspaltung nach deutschem Recht vergleichbar ist.

Verkauft der Kläger die ihm zugewiesenen Aktien an der F, ist der Veräußerungsgewinn steuerpflichtig. Dabei werden die Anschaffungskosten, die der Kläger für die K-Aktien aufgewendet hatte, anteilig übernommen. Den Aufteilungsmaßstab hat der BFH auch in dem aktuellen Urteil offengelassen, weil ein Verkauf im Streitjahr noch nicht erfolgt war.

BFH, Urteil v. 19.10.2021 – VIII R 7/20; NWB

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